11.-17.06.2007: Missoula - Bigfork |
Wir nutzten die Tage auf dem Wal-Mart Parkplatz, um endlich mal wieder Klarschiff in Winnie zu schaffen. U.a. bekamen unsere Fahrersitze neue Bezüge. Bei den alten
kam bereits das künstliche Fell runter und an warmen Tagen schwitzte man einfach zu sehr in denen. Manche Dinge brauchen bei uns eben 3,5 Jahre, bis wir sie ändern.
Unsere hintere Batterie schien sich während der Fahrt nicht mehr richtig aufzuladen und wir überprüften sämtliche Kabel, füllten die Flüssigkeit auf und reinigten alle
Kontakte. Jetzt lübt wieder alles.
Am Dienstagnachmittag besuchten wir Julie (Andrew und Rosemarys Tochter) in der Hauptzentrale des Missoula Children's Theatre (MCT). Wir hatten im vergangenen März ja die
MCT Veranstaltung in Álamos mitbekommen und wollten in Missoula mal hinter die organisatorische Fassade gucken. Da Julie noch zu Mittag war, mussten wir 20 Minuten in der
"Rezeption" warten. Es war wie bei der Muppets Show. Wir saßen auf einem breiten Sofa und beobachteten das rege Treiben um uns herum. Selten haben wir so gelacht! Als Stichworte
soll hier nur folgendes erwähnt werden: die Empfangsdame stach direkt vor unseren Augen bösartig mit einer Schere auf die Luftkissenverpackungen ein. Es erinnerte stark an den "Psycho" Film.
Eeeeehhh ... eeeeehhh!
Julie machte uns dann mit ihrer Kollegin Teri bekannt und wir vier verbrachten lustige 3,5 Stunden im MCT Büro - zum Arbeiten kam währenddessen keiner mehr. Jeder MCT Mitarbeiter
hatte irgendwie schon mal von uns gehört und wir wurden überall sehr freundlich begrüßt. Kirstens Fotos und Videos von der Álamos-Veranstaltung waren allen bekannt und hatten die Runde im Büro gemacht (einer hatte
sogar ein Foto auf seinem PC Hintergrund). Zu unserer Überraschung scheint MCT nie Fotos von den über 1000 weltweiten MCT-Veranstaltungen zu bekommen. Insofern waren Kirstens Álamos Fotos sehr geschätzt -
insbesondere auch, weil es weltweit die erste Veranstaltung in einer Fremdsprache war.
In einem der Büros hängen die Einsatzpläne für die neue Saison. Über drei Wände verteilt konnte man die über 1000 Veranstaltungsorte und die jeweiligen MCT Termine rund um den Globus sehen (siehe erstes Foto). Was
für ein Organisationsaufwand!
Julie gab uns am Ende ihres Arbeitstages dann noch ein paar Tipps zu Missoula. Sie legte uns vor allem das Irische Restaurant ihres Mannes ans Herz und wir genossen nach dem Besuch des
handgefertigten Karussells ein sehr leckeres Abendessen dort. Kirsten hatte Shepards Pie und musste wie erwartet feststellen, dass Helens immer noch das beste ist. Helen
entschied sich für Weißkohl mit Cornbeef.
Am nächsten Tag haben wir dann das Smokejumpers Center am Flughafen besucht. Hier sind ca. 50 der gut 100% Smokejumpers aus den USA stationiert. Smokejumpers sind häufig die ersten Feuerwehrleute, die einen
Waldbrand löschen. Sie springen aus geringer Höhe aus einem Flugzeug und landen so dicht wie möglich neben dem Feuer. Bei kleineren Bränden reichen häufig zwei Smokejumpers, um das Feuer unter Kontrolle und vollständig
gelöscht zu bekommen. Wenn sie gelandet sind, dreht das Flugzeug eine Runde und wirft aus ganz geringer Höhe Pakete mit Essen, Trinken und dem kompletten Equipment zur Brandbekämpfung ab. Jedes dieser Pakete enthält genügend
Nahrung für drei Tage. Die Smokejumper sammeln die Pakete an einer sicheren Stelle und machen sich von dort aus mit Motorsägen, Handsägen, Schaufeln und anderen Werkzeugen zum Feuer auf.
Nach der Brandbekämpfung verstauen die Smokejumpers sämtliches Equipment inkl. Fallschirm, das restliche Essen und Trinken und den gesamten Müll in einem Rucksack, der voll gepackt schlappe 55kg wiegt. Zum Teil müssen sie 27km bis zum nächsten Waldpfad laufen, bis ein
Fahrzeug sie wieder einsammeln kann. Nur in absoluten Notfällen werden sie mit dem Hubschrauber abtransportiert. Ein - ohne Frage - Knochenharter Job. Wir haben im Center mal versucht den 55kg Rucksack hochzuheben. Keinen cm hat der
sich vom Boden bewegt. Um überhaupt bei den Smokejumpern aufgenommen zu werden, muss man bereits zwei Jahre für die Feuerwehr tätig gewesen sein. Beim Fitnesstest muss man mit dem 55kg schweren Rucksack eine 5km lange Waldstrecke in 90 Minuten hinlegen. Das
schaffen wir zum Teil nicht mal ohne Rucksack! Erstaunlicherweise gibt es 50 Frauen unter den 100% Smokejumpers. Und die sind zum Teil nur 1,60m groß! Wahnsinn!
Jeder Smokejumper kontrolliert und repariert seinen Fallschirm und seinen feuerfesten Anzug nach jedem Einsatz selbst. Wir konnten auf unserer Tour zwei Smokejumper beim zusammenpacken ihrer Fallschirme beobachten. Sie haben sich über die Jahre das Nähen auf einer
Nähmaschine beigebracht. Jeder Smokejumper schwört dabei auf eine bestimmte Nähmaschine und lernt das Handwerk von einem erfahrenen Kollegen.
Dieser Job ist mit hohem Risiko verbunden und wird i.d.R. nicht übermäßig gut bezahlt. Viele Smokejumper sind Studenten und nehmen sich für den Sommer die Zeit, um als Smokejumper tätig zu werden. Da es davon nur so wenige gibt, kommen sie häufig
in der gesamten USA zum Einsatz. Einer der beiden Smokejumper erzählte uns, dass die meisten Väter oder Großväter haben, die als Smokejumper tätig sind oder waren. Es ist also so etwas wie eine Familientradition. Die Kameradschaft unter den Jumpern ist
einzigartig. Kein Wunder, denn es geht hier um Leben und Tod und man muss sich 1000%ig auf den anderen verlassen können.
Wir waren von der Tour und den Smokejumpern begeistert! Haben wir so etwas eigentlich in Deutschland?
Am späten Nachmittag fuhren wir dann nach Hot Springs, um uns mit Jim zu treffen. Ihn hatten wie in Álamos bei unserem Filmdebüt (unsere Statistenrolle für den Mexikanischen Liebesfilm) getroffen. Durch ihn waren wir in Kontakt mit Helens Geigenlehrer Andrew gekommen und Jim
hat außerdem die MCT Veranstaltung in Álamos mitorganisiert.
Hot Springs - berühmt für seine heißen Quellen - zeigte sich als schläfriges kleines Dörfchen und wir hatten Probleme Jims Haus zu finden. Noch vor dem eigentlichen Dorf sahen wir ein Haus mit dem großen Hinweisschild "Welcome Center" und nach dem wir Jims Hausnummer nicht finden
konnten, drehten wir um, um dort nachzufragen. Es stellte sich heraus, dass das Welcome Center Jims Haus war!
Es war richtig nett mit ihm für ein paar Stunden zu schnacken. Wir verbrachten die Nacht im Winnie hinter seinem Haus und fuhren am nächsten Tag weiter nach Bigfork, um Andrew und Rosemary zu besuchen.
Diese leben in einem tollen Haus direkt am Echo Lake. Über dem Haus zog zurzeit ein Seeadlerpaar seine beiden Jungen auf und auf dem Hauseigenen Strand sollte in den nächsten Tagen eine Schildkröte ihre Eier legen. Ein idyllischer Ort mit
fantastischem Blick auf die Berge!
Wir bekamen ein Gästezimmer mit eigenem Bad, einer Bar und eigener Terrasse inklusive Blick auf den See! 5-Sterne! Wir hatten nicht einmal Zeit unsere Sachen ins Zimmer zu schaffen, denn Andrew war am verhungern und wollte Steak in einem nahe gelegenen Restaurant essen. Wir haben unser letztes Steak
vor ca. 10 Jahren gegessen und waren zunächst etwas skeptisch, da wir nicht wirklich große Fleischesser sind. Die Steaks waren Essteller-groß und wir beschlossen uns ein Steak zu teilen. Dazu gab es vorweg einen tollen Salat sowie Knobibrot und die beste gebackene Kartoffel, die wir je gegessen
haben. Köstlich! Eines muss man sagen, im Land des Fastfoods werden die besten Steaks der Welt serviert!
Am nächsten morgen mussten wir bereits um 7 Uhr aufstehen. Wir trafen Rosemarys Wandergruppe auf einem Kirchenparkplatz und machten anschließend eine 19km lange Wanderung zum Bond Lake und zurück. Wir waren mit Abstand die Jüngsten in der Gruppe - alle anderen lagen zwischen 60 und 70. Aber die Damen - und ein
einziger Herr - waren fit! Es ging stramm den Berg zum See hoch (über 500 Höhenmeter) und keiner machte vorzeitig schlapp. Wir zum Glück auch nicht! Eine sehr nette Truppe, die uns mit herrlichen Geschichten den ganzen Tag zum Lachen brachte.
Zum Abendessen bereitete Rosemary gedünsteten Lachs mit neuen Kartoffeln und einer cremigen Erbsensauce zu. Andrew zeigte uns anschließend sein kleines Waffen- und Indianermuseum. Neben unserem Schlafzimmer befand sich ein Höhlenraum - ein abschließbares Eisengitter verhinderte den Zugang durch mögliche Einbrechern.
In diesem Raum befanden sich Gewehre noch aus der Zeit des Amerikanischen Bürgerkrieges. Im Safe lagen diverse Silberdollar und Andrew hat zusammen mit seinem Vater in seiner Jugend antike Indianerstücke ausgegraben. Sehr, sehr wertvoll und jedes Stück hatte seine eigene Geschichte. Andrew ist ein sehr gelehrter Mann und
konnte interessant erzählen. Am Ende waren wir uns nur sich sicher, ob nicht neben unserem Schlafzimmer ein Geist hauste.
Am Samstag fuhren wir nach Kalispell. Im hiesigen Sportladen war Ausverkauf. Wir benötigten beide neue Wanderschuhe, fanden auch einen tollen Wasserfesten Schuh für nur 120 US$. Aber leider nicht in der richtigen Farbe! Da es den gleichen Laden noch einmal in
Whitefish gab, wollten wir eine Woche lang warten, bevor wir uns mit Lisa dort treffen. Rosemary fand aber ein paar Schuhe für sich und wir gönnten uns zum Mittagessen alle einen 25 US Cent Hot Dog.
Dieses Mal bereiteten wir das Abendessen zu - Hähnchenauflauf mit Kartoffelbrei. Anschließend sollte ein interessanter Videoabend folgen. Andrew hatte sich in der Bibliothek Filme aus dem Ausland ausgeliehen. Leider konnten die beiden aber ihre
Fernbedienung für den DVD-Spieler nicht finden, um die Sprache auf Englisch umzustellen. Und da keiner von uns Französisch oder Hebräisch verstand, mussten wir uns schließlich mit einem alten Amerikanischen Schinken von 1960 begnügen. Dieser war aber so langweilig, dass
wir ihn nach 20 Minuten auswarfen und den nächsten einlegten: Sean Connery und Candice Bergen in einem Arabischen Wüstendrama von 1975 ... gääääähhhhnnnn.
Sonntag war Vatertag in den USA. Andrew wünschte sich zum Anlass des Tages Helens Shepards Pie. Julie kam mit ihrem Mann Tom und ihrer Tochter Jessica sowie deren Tochter Mira aus Missoula. Während wir und Rosemary in der Küche das Essen zubereiteten, machten die anderen sich vorm
Fernseher breit und schauten die Golf US Open. Draußen regnete es und Andrew war ganz deprimiert, weil er lieber mit seinem Hausboot auf dem See rumgeschippert wäre. Obendrein sprang der Hausboot-Motor aus unerfindlichen Gründen nicht an.
Das sehr leckere Essen heiterte ihn dann aber sichtlich wieder auf. Helens Shepards Pie kam bei allen gut an - sogar Tom gab zu, dass dieser besser als in seinem Irischen Restaurant schmeckte! Zum Nachtisch servierte Rosemary dann Pecanpie und Key Lime Pie. Köstlich!
Die kleine Mira inspirierte dann ihre ganze Familie (Rosemary, die Urgroßmutter, Julie - mit 45 die Großmutter und Jessica, ihre Mutter) zum "Ankleben" von Löffeln an die Nase. Rosemarys Mutter ist mit 95 Jahren auch noch am Leben - 5 Generationen von Frauen.
Nachdem sich die Familie wieder gen Missoula verabschiedet hatte, schauten wir uns den Oscar-Preisträger "Queen" mit Helen Mirren an. Da kamen bei uns allen wieder die Erinnerungen zum Tod von Lady Diana hoch. Unglaublich, dass das schon fast 10 Jahre her ist!
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