11.-13.8.2008: Washington D.C. |
In Washington D.C. waren wir bereits vor 4 Jahren schon einmal - an einem Sonntag eine Woche vor den letzten Präsidentschaftswahlen. Auf der Mall vor dem Capitol
befanden sich Tausende von Demonstranten und wir konnten nirgendwo einen Parkplatz für unseren Winnie finden. Frustriert haben wir damals die Stadt nach 2 Stunden Rumgurken wieder
verlassen.
Das sollte dieses Mal anders werden und wir steuerten das allererste Visitor Center in Washington an, um herauszufinden, wo wir denn am besten parken können. Die Straßen rund um und in
Washington sind ein absoluter Alptraum. Eh wir uns versahen, hatten wir uns schon verfahren und endeten auf einem Pentagon Parkplatz. Dieser ist nur für autorisiertes Personal zugelassen und wir machten
uns gleich wieder schleunigst von Dannen. Auch der zweite Versuch schlug fehl. Wir folgten den Hinweisschildern und landeten erneut auf einem Pentagon Parkplatz. Wir waren uns sicher, gleich rasen die Einsatzwagen mit Blaulicht auf uns zu und wir werden wegen verdächtigem Verhalten festgenommen.
Während Kirsten verzweifelt auf dem Stadtplan einen Weg zum Arlington Visitor Center suchte, folgte Helen dem rasenden Verkehr. Irgendwie überquerten wir dabei den Potomac River und landeten in Downtown Washington. Scheiße! Da wollten wir doch gar nicht hin. Also wieder rüber nach Virginia.
Nach fast einer Stunde Irrfahrt erreichten wir dann den Parkplatz des Arlington Friedhofs.
Der Eintritt ist frei aber jede Stunde auf dem Parkplatz kostet 1,75 US$. Beim dortigen Visitor Center bekamen wir nur Infos zum Cemetery, aber nicht zu Washington. Bei der nächsten U-Bahnstation bekamen wir wenigstens einen Park & Ride Plan.
Das Wetter war schön und da wir nun gerade mal beim berühmten Arlington Cemetery waren, machten wir einen Schnellrundgang durch die Gräber. Hier werden alle Männer und Frauen und deren Angehörige begraben, die im nationalen Dienst für die USA gearbeitet haben. Pro Jahr finden hier 7000 Staatsbegräbnisse inklusive Gewehrsalven und Dreiecksflagge statt. Über
320.000 Menschen sind hier begraben und man rechnet damit, dass dieser riesige Friedhof noch Platz für weitere Gräber bis 2020 hat.
Die wohl berühmtesten Gräber sind die von John F. Kennedy und seiner Frau Jaqueline, seinem Bruder Robert Kennedy und dem Boxer Joe Lewis.
Stündlich findet der Wachwechsel vor dem Grab des unbekannten Soldaten statt. 1921 wurde hier stellvertretend für alle anderen gefallen und unbekannten Soldaten des ersten Weltkrieges einer begraben. 1958 wurde stellvertretend je ein Soldat des Zweiten Weltkrieges und des Korea Kriegs in der Gruft unterhalb der Steinterrasse beigesetzt. 1984 folgte das Begräbnis für
einen gefallenden Soldaten des Vietnamkrieges. 1998 hat man die Leichen exhumiert und einer DNA Probe unterzogen. Der Vietnam Soldat konnte dabei identifiziert werden und seine Überreste wurden seiner Familie übergeben. Dieses Grab ist seit dem leer. Aufgrund fortgeschrittener Medizin und DNA Analysen erwartet man für die Zukunft
keine weiteren unbekannten Soldaten mehr.
Der Wachmann schultert sein Gewehr, läuft exakte 21 Schritte vor dem Grab des Unbekannten Soldaten, stoppt für exakt 21 Sekunden und dreht dann wieder um. Harte Arbeit in der Sommerhitze!
Wir beschlossen es mit dem Park & Ride zu versuchen. Von Helmut und Agnes hatten wir den Tipp zum Campingplatz im Greenbelt Park bekommen. Dieser liegt nordöstlich von DC und hat gleich um die Ecke auch eine Bahnstation. Aber wie da hinkommen? Was soll man sagen ... kaum hatten wir Arlington verlassen und schon landeten wir wieder auf einem Pentagon Parkplatz. Ja, wirklich! Wir fanden es
jetzt schon lustig. Am Ende halfen uns ein paar Mexikanische Straßenarbeiter wenigstens aus dem Parkplatz wieder raus zukommen. Wir vermuteten, dass sie aus Mexico City kamen und genau wussten, wie man sich in diesem Straßengewühl zu bewegen hatte.
Mehr oder weniger gezielt ging es dann auf den Highways rund um Washington in Richtung Greenbelt Park. Wir waren uns wirklich nie 100%ig sicher, ob wir auf dem richtigen Weg waren. Südlich von Downtown DC landeten wir in einem Autobahntunnel. Am anderen Ende teilte sich die Straße - eine Spur ging rechts, die andere links. Von den Hinweisschildern sahen wir nur den unteren Rand, denn die Tunneldecke versperrte den freien
Blick. Als man sie dann endlich lesen konnte, war es zu spät für einen Spurenwechsel und wir endeten erneut mitten in Downtown. Es war zum heulen ... wir gackerten wie die Hühner und suchten erneut verzweifelt auf unserer Karte, wo wir denn nun schon wieder gelandet waren. Es stellte sich heraus, dass wir per Zufall eine Abkürzung gefunden hatten. Blöd war nur, dass wir dort mitten im Stau standen! Und zu allem Überfluss leuchtete
unsere Benzinanzeige auf und nirgendwo gab es Downtown eine Tankstelle.
Mit dem letzten Tropfen rollten wir dann endlich zu einer Zapfsäule. Wir tankten voll und Kirsten bezahlte bar. Die Gegend sah nämlich ziemlich heruntergekommen aus und der Tankstellenkassierer saß hinter einer dicken gepanzerten Scheibe, die schon einen Sprung von einer Gewehrkugel aufwies. Der 10-Dollar Wechselgeldschein sah schon nicht echt aus und das Wort "Mutilated" (Verstümmelt) war draufgestempelt. Kirsten bat höflich um zwei
neue 5 Dollarscheine und der Kassierer versuchte seinen Betrug nicht noch einmal. Ach du Schande, wo waren wir denn hier gelandet?! DC ist so mit das gefährlichste Pflaster in den USA. Über 70% Schwarze leben hier und die Stadt weist die höchste Kriminalitätsrate der USA auf. Wir waren gewarnt.
Anschließend sind wir dann eine Stunde lang um den Greenbelt Park gefahren und erst nach mehrfachen Nachfragen fanden wir den Eingang zum Park. Der Park ist sehr schön, aber leider doch etwas zu weit, um zu Fuß zur nächsten U-Bahnstation zu laufen. Die 16$ Campinggebühren - ohne Wasser, Strom und Dumpstation - fanden wir auch etwas zu hoch. Wir fuhren weiter zur U-Bahnstation und informierten uns dort über die Parkgebühren und Bahnpreise.
Es wurde langsam dunkel und wir waren nach dem vielen Fahren und Rumirren müde. Unweit von der Station fanden wir einen ruhigen Firmenparkplatz für die Nacht.
Am nächsten morgen parkten wir dann bei der U-Bahnstation. Für 4,25 US$ kann man hier parken. Bezahlt wird aber nur bei der Ausfahrt. Das kann man aber leider nicht bar machen, sondern man benötigt eine so genannte Smart Card. Diese bekommt man für 10$ in der Bahnstation - davon kann man 5$ fürs Parken nutzen. Warum, wenn das nur 4,25 kostet verstanden wir nicht wirklich. Aber die Karte konnte aufgefüllt und für Bahnfahrten genutzt werden.
Wir rechneten also mal schnell hoch, wie viele Tage wir denn in DC bleiben wollten und packten noch einmal 20$ drauf.
Helen ging mit der Karte durch die Schranke und reichte sie dann zu Kirsten zurück. Diese zog ebenfalls die Karte über den Scanner und es passierte nichts. Auf der Rückseite der Karte fanden wir dann mit ganz kleiner Schrift den Hinweis, dass die Karte nur für eine Person nutzbar ist. So ein Scheiß! Jetzt hatten wir eine volle Karte und Kirsten musste zusätzlich noch ihre Fahrkarten lösen. Wir waren sauer! Was für ein Scheißsystem! Wir fanden dann
später auch noch heraus, dass wenn man vor 10.30 Uhr den Parkplatz verlässt, man nicht bezahlen muss - egal wie lange man gestanden hat. Mit anderen Worten: wir hätten diese olle Smart Card gar nicht benötigt. 30$ drauf und keine Möglichkeit auf eine Rückzahlung. Und nirgendwo steht das geschrieben. Also Leute, lernt aus unseren Fehlern, wenn ihr mal nach DC fahrt!
Wir ihr seht, Washington war eine echte Herausforderung für unsere ansonsten fast immer gute Laune. Und es sollte noch besser kommen. Mitten im Sommer, zur Haupt-Touristenzeit, sind nämlich viele Gebäude entweder wegen Renovierung geschlossen oder gar nicht mehr seit 9/11 zugänglich. Fürs Weiße Haus benötigen Ausländer eine Einladung vom jeweiligen Botschafter. Diese muss mindestens 6 Wochen im voraus beantragt werden. Das FBI-Gebäude und das Pentagon (außer die vielen Parkplätze!) dürfen gar nicht mehr besucht werden.
Das Museum für Amerikanische Geschichte (eines von zweien, das wir wirklich sehen wollten) ist im Moment geschlossen. Überall gibt es strickte Sicherheitsmaßnahmen. Dafür haben wir volles Verständnis. Schade ist es trotzdem!
Wenigstens war das Wetter schön. Nach dem obligatorischen Schuss vom Weißen Haus liefen wir zum Washington Memorial rüber. Der Obelisk ist fast 170m hoch und wurde 1884 zu Ehren von Gorge Washington fertig gestellt. Zum damaligen Zeitpunkt war es das höchste von Menschenhand geschaffene Gebilde der Welt, 5 Jahre später war es dann der Eiffelturm in Paris. Die tägliche Anzahl an Tickets für den "Spitzenblick" auf Washington ist schnell vergeben. Wer nicht vor 8 Uhr da ist, schaut nur von unten nach oben.
Da wir ja nicht gerade als Frühaufsteher bekannt sind, schenkten wir uns dieses Vergnügen und liefen stattdessen zum Post Office Tower rüber. Hier kann man jederzeit mit dem Glasfahrstuhl nach oben fahren und einen Blick auf die Stadt werfen - wenn auch nicht so spektakulär wie vom Washington Monument.
Nach einer kurzen Mittagspause, besuchten wir dann das Museum für Nationale Geschichte. In der Mittagshitze taten die gekühlten Räume richtig gut. Hier gibt es wirklich viel zu sehen. Von ausgestopften Tieren aus aller Welt (von manchen hatten wir noch nie was gehört), Dinosaurierskeletten bis zu Edelsteinen und Kristallen. Der berühmte Hope Diamant ist hier zu bewundern. Er wurde angeblich aus den französischen Krohnjuwelen herausgeschnitten, die 1792 gestohlen wurden.
Nach zwei Stunden hatten wir genug - vor allem von den Menschenmassen im Museum. Sämtliche Smithsonian Museums in DC sind kostenlos und ohne Frage deshalb stets gut besucht. Wir suchten draußen auf der Mall eine schattige Parkbank und wurden prompt von einer farbigen Frau angesprochen, die Spenden für die Obdachlosen sammelte. Man kennt das als Touri ja und läuft ihm Prinzip ohne mit der Wimper zu zucken einfach an diesen Leuten vorbei. Kirsten jedenfalls! Helen hingegen hatte tatsächlich zugehört und blieb stehen, um die Pointe dieser kleinen Ansprache zu hören.
Es stellte sich heraus, dass Joy aus der Nähe von Helens Geburtstadt nahe Birmingham kam und die beiden wechselten prompt in den Brummie-Akzent rüber. Kirsten verstand kein Wort mehr! Helen hatte ihren Spaß!
Eigentlich taten uns jetzt schon die Füße weh, aber wir machten und trotzdem noch tapfer zum Lincoln Memorial auf. Die Mall (im Prinzip ein extrem langer Grünstreifen) ist 3km lang zwischen dem US Capitol und dem Lincoln Memorial. Alle wesentlichen Gebäude DCs liegen entweder auf oder an der Mall. Sehr schön schlicht und geschmacksvoll fanden wir die Kriegsdenkmäler vom Zweiten Welt- sowie Korea und Vietnam Krieg.
Das Lincoln Memorial wurde 1922 fertig gestellt. Die berühmte Lincoln Figur ist etwas über 6 m hoch und breit und besteht aus 28 Marmorblöcken. Die 36 Säulen des Denkmals symbolisieren
die 36 Staaten, die bis zur Ermordung von Abraham Lincoln der Union beigetreten waren. Nachts hat man von hier aus einen tollen Blick auf das Washington Monument und das Capitol.
Im unweit gelegenen Kennedy Center fand an diesem Abend ein kostenloses Violin- und Klavierkonzert statt, dass sich Helen nicht entgehen lassen wollte.
Nach dem Sonnenuntergang sind wir dann im Dunkeln noch einmal die komplette Mall bis zum Capitol entlang gelaufen. Eine Militärband spielte beim Washington Monument und zum Abschluss donnerten laut die Kanonen. Zu Kirstens größter Enttäuschung gab es kein Wasser im Pool des Capitols - und damit auch keine Spiegelbilder. Der Pool wurde renoviert! Was sonst?!
Wir hatten 19,5km in den Beinen und konnten nicht mehr. Bei der Greenbelt Park U-Bahnstation kamen wir erst nach Mitternacht wieder an und zu unserer größten Freude wies uns der einsame Mitarbeiter an der Schranke darauf hin, dass wir auf bestimmten Parkplätzen über Nacht stehen durften. Super! Wir waren am verhungern und Kirsten zauberte noch schnell ein leckeres Omelette herbei.
Am nächsten Tag legten wir eine Pause ein. Kirsten hatte eine Monsterblase am Fuß und uns taten alle Knochen weh. Warum sind Stadtbesichtungen eigentlich immer so viel anstrengender als Wanderungen in der Natur? Anyway, wir fuhren vor 10.30 vom Parkplatz (ohne zu bezahlen!) und verbrachten einige Stunden in einer nahe gelegenen Bibliothek.
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