29.12. - 04.01.2014: New Delhi

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Steintore

So, 29.12.2013: Agonda Beach (sonnig, 33°C) −> New Delhi (wolkig, 16°C)

Wir verbrachten unseren letzten Morgen in Agonda Beach entspannt. Ausschlafen, Frühstücken, in aller Ruhe die Taschen packen, letzte Fotos und Abschiednehmen. Schnief! Um 13 Uhr ging es dann mit dem Taxi zum Flughafen in Goa (etwas über 1,5 Stunden Fahrt). Pro Gepäckstück waren nur 15kg erlaubt und wir hatten unser Gewicht erstaunlich gut auf die beiden großen Gepäckstücke verteilt (zusammen 30.9kg). Die kleinen, aber schweren Teile hatten wir im Handgepäck.

Der Flug nach New Delhi dauerte etwas über zwei Stunden und war angenehm ereignislos. Wir nahmen uns ein Pre-Paid-Taxi zum Sonu Guest House. Es war schon dunkel und erstaunlich kalt in Delhi. Unser Hotel lag in der nicht gerade empfehlenswerten Pahar Ganj Gegend (eine Mischung aus Kaosan Road, Bangkok und einem Slum), unmittelbar neben dem New Delhi Zentral-Bahnhof. Unser Taxifahrer kannte das Hotel nicht und wir renkten uns den Hals aus, um in der engen Gasse der Main Bazaar Road die Hotelschilder zu lesen. Hmmmm ... das sah sehr dreckig, laut und wenig vertrauenswürdig aus hier. Warum stehen hier die meisten Touristenhotels?

Na ja, wir waren für sieben Nächte im Sonu gebucht, da wir in New Delhi unsere Visa für Myanmar beantragen müssen und das dauert alleine schon drei Tage. Silvester und Neujahr lagen direkt vor uns und die Botschaften haben hier entsprechend Neujahr geschlossen.

Das Sonu Guest House war mit 900 Rupien (11,25€) pro Nacht okay. Unser Zimmer war klein, "Indien sauber" (mit anderen Worten - fleckige Bettwäsche und Handtücher, Klobrille von unten nicht gereinigt, kein Toilettenpapier), dafür hatte der Fernseher eine Million Kanäle (darunter Fußball aus aller Welt!), wir hatten WiFi im Zimmer und es gab reichlich heißes Wasser zum Duschen und Wäschewaschen. Ein Restaurant gab es nicht, aber das Aman Hotel nebenan gehörte zum Sonu (oder umgekehrt) und hatte ein Dachrestaurant.

Dort war es uns aber zu kalt und so sind wir schräg gegenüber ins Kathmandu gegangen. Gutes Nepalesisches und Indisches Menü mit günstigen Preisen.

Mo, 30.12.2013: New Delhi, sonnig, 20°C

Eigentlich wollten wir heute morgen zur Myanmar Botschaft, aber Joe, unser Myanmar Tourenveranstalter, hatte uns nicht die Buchungsbestätigung und den Namen des Tourleiters vor Ort per Email zugeschickt. Helen hatte am Freitag noch die Überweisung des Tourpreises gemacht und das Geld hätte spätestens heute morgen auf der entsprechenden Bank sein sollen.

Wir versuchten Joe per Mail und Telefon zu kontaktieren und beschlossen dann anschließend uns mal mit dem Metro-System hier in Delhi vertraut zu machen. Wir liefen zum New Delhi Bahnhof - ein riesen Ding mit 10 Gleisen oder so. Hier sollte es auf der anderen Seite auch eine Metro Station geben.

Man zeigte uns den Weg über eine Brücke. Das Treiben auf dieser war interessant. Was sich alles in Delhi auf der Straße bewegen darf ... unglaublich! Kuhgespanne, Fahrrad- und Autorickshaws, Busse, PKWs usw. Alles quer durcheinander. Die Brücke war steil, die Lasten waren schwer ... und der ein oder andere musste kräftig schieben. Auf dem Brückengeländer trockneten Weiße Wollknäuel. Der ganz normale Alltag hier.

Auf der anderen Seite der Brücke endeten wir in einem Verkehrskreisel. Wohin jetzt? Wir fragten uns zur "nächsten" Metro Station durch. Die war gut 20 Minuten entfernt, die richtige wäre nur kurz um die Ecke gewesen. Haben wir wohl den Falschen gefragt. Na ja, so entdeckt man dann Delhis Chaos ganz hautnah zu Fuß. Da hängen gefährliche Stromkabel von einer Straßenseite auf die andere. Ein totales Wirrwarr! Elektriker möchte ich hier nicht sein! Kein Wunder, dass es so viele Stromausfälle gibt.

Viel schlimmer als in Mumbai war der Dreck auf den Straßen. Kuh- und Hundescheiße ohne Ende. Rund um den Bahnhof gab es diverse Männerklos. Offene, geflieste Pissräume ohne Pissoir. Da wird einfach gegen die Wand gepinkelt und die Pisse läuft zwischen den Beinen direkt auf die Straße und am Bürgersteig entlang zum tiefsten Punkt. Durch den Mund atmen heißt es hier und bloß aufpassen, wo man hintritt. Männer reiben sich ständig zwischen den Beinen und dann wundern sie sich, wenn wir ihre Hände nicht schütteln wollen. Wo die öffentlichen Toiletten für die Frauen waren, wissen wir nicht. Wir hätten sie eh im Leben nicht ausprobiert!

Dann das ewige Gehupe! Ob da überhaupt noch jemand drauf achtet? Uns kommt es so vor, als wenn alle einfach nur automatisch hupen. Besonders die Motorrad- und Mopedfahrer stehen mit Dauerton auf der Hupe. Da fallen einem die Ohren ab und es zerrt wirklich an den Nerven!

Obst- und Gemüsehändler bieten ihre Waren auf Decken an, die in all dem Dreck auf dem Boden liegen. Da wird einem von Hingucken schon schlecht und krank. Schon an unserem allerersten Tag fanden wir Delhi abstoßend und ekelhaft. Du kannst hier nicht einen Schritt machen ohne lästig angesprochen zu werden. "Madam", "Excuse me ...", "Rickshaw?" ... selbst das Wackeln mit der Hand (Nein!) schreckt hier niemanden ab.

Zum Glück ist die Metro erstaunlich sauber und modern. Es hat eine Weile gedauert, bis wir das Bezahlungssystem verstanden haben (niemand sprach vernünftiges Englisch an den Schaltern!). Der gesamte Fahrplan hängt aus und du guckst nach der Station, in der du einsteigst. Dann findest du die Station, an der du wieder aussteigst. Die Preise sind je nach Fahrzone zwischen den Stationen angegeben. Hat man sich erst mal eingesehen, ist das System einfach. Und die Fahrt ist billig. Wir haben hier für 5 Stationen umgerechnet 0,15€ bezahlt. Mit der Rickshaw liegst du beim 10-fachen. Es gibt wiederaufladbare Magnetkarten. Wir haben uns das aber geschenkt, da der Mindestbeitrag dafür höher gelegen hat, als was wir in dieser Woche in Delhi verfahren würden. Am Schalter zahlt man den Preis bis zur jeweiligen Endstation und bekommt einen Token (einen Plastikchip). Dann muss man durch eine Schranke. Wir haben nach dem Schlitz für den Token gesucht, aber den gibt es nicht beim Eingang. Häh, wie öffnet sich nun die Schranke? Ein Mann zeigte uns, dass man den Token auf den Magnetlesebereich legen muss. Und siehe da ... Sesam öffne dich!

Bei jeder Metro Station muss man durch die Sicherheitskontrolle. Männer und Frauen haben wie am Flughafen ihren eigenen Check und Durchgang. Rucksäcke müssen durch die Röntgenanlage. Da wir immer unser ganzes Geld und unsere Pässe dabei haben, und wir nicht wollten, dass sich jemand anderes unseren Rucksack schnappt, haben wir uns angewöhnt, dass erst Helen durch die Kontrolle geht und ich warte, bis sie auf der anderen Seite der Röntgenanlage bereit steht.

Wie in Dubai und Mumbai haben die Frauen ihren eigenen Zugbereich. In Indien eine fantastische Sache und ein absolutes Muss! Mann respektiert Frau hier sehr selten und diese Trennung gibt vielen Frauen nicht nur eine Sicherheit, sondern häufig auch einen Sitzplatz, aber das ist abhängig von der Tageszeit.

Wir sind heute nur mal zwei Stationen zum Testen gefahren und am Connaught Place ausgestiegen. Und ... hah! ... beim Ausgang gibt es dann den Schlitz für den Token und nur wenn man ihn rein schmeißt und die richtige Summe bezahlt hat, öffnet sich die Schranke. Kein schlechtes System. Papierlos und wiederverwendbar!

Connaught Place ist ein Monsterverkehrskreisel. Die Autos fahren 6-spurig (oder waren es sogar mehr?) um ihn herum. Fahren ist hier eigentlich das falsche Wort ... die Autos und Rickshaws kriechen hier im Schritttempo voran.

Da wir schon mal hier waren, suchten wir die Touristen Information von Incredible India auf. Es gibt Hunderte andere, aber diese ist von der Regierung und soll am besten sein. Die Metro (zwei Linien) verläuft direkt unter dem Connaught Place und es gibt 10 oder 12 Ausgänge. Die sind durchnummeriert, damit man sich irgendwie orientieren kann.

Wir nahmen den nächsten und schauten uns oben auf der Straße erst einmal um. Wo waren wir denn hier nun genau? Unser Stadtplan war hier fast nutzlos, denn man sieht kaum Straßenschilder. Ein gut aussehender Geschäftsmann sah unsere etwas ratlosen Gesichter und sprach uns in einem hervorragenden Englisch an. Man konnte gleich erkennen, dass das keiner von den geldgierigen Halsabschneidern und Pseudo-I-only-want-to-help-tourist-Burschen war. Er begleitete uns ohne Umweg zur Touristen Information und wir bedankten uns ganz herzlich für seine Hilfe.

Bei der Touristen Information wurden wir von Bill, einem echten Schleimscheißer (so hieß er bei uns), bedient. Sein Englisch war gut. Dafür ließ er uns kaum zu Wort kommen, redete extrem laut (als wenn wir taub wären) und von oben herab. Der konnte sich wohl nicht vorstellen, dass wir zwei Frauen schon die ganze Welt bereist hatten ... und das alles ohne seine Hilfe! Eigentlich wollten wir nur ein paar Infos zu Delhi und Agra. Wir bekamen eine neue Delhikarte und er kreiste die Sehenswürdigkeiten für uns ein. Da sind unsere Reisebücher besser! Zu Agra hatte er nichts. Warum wir nicht einfach eine Tagestour von Delhi aus buchen. Schnell ins Taj Mahal und zum Roten Fort und dann wieder zurück nach Delhi. Agra ist eine gaaaaannnz schlimme Stadt. Das mag so sein, aber das Taj Mahal wollten wir nicht in einer Stunde abfertigen. Wir lehnten ab! Oh, oh, dass gefiel ihm nicht. Er hängte sich an den Computer und zeigte uns, das die Züge nach Agra ja schon für Monate im voraus ausgebucht sind. Na ja, da waren noch viele mit geringen Warteplätzen. Wir erzählten ihm, dass wir schon seit 5 Wochen in Indien sind und bis dato immer unseren Zugplatz bekommen haben.

Langsam merkte er, dass wir uns schon auskannten und nicht unerfahren waren. Seine Stimme wurde leiser und nun kam er doch tatsächlich noch mit interessanten Informationen raus. Er bot uns eine 21 Tagetour rund um Rajasthan mit Auto, Fahrer und Mittelklassenhotels zu einem guten Preis an. Es dauerte allerdings eine Weile bis wir ihn auf konkrete Zahlen festnageln konnten. Nur Fahrer und Auto für 21 Tage im Vergleich zu 28 Tagen. Das gleiche inklusive Hotels. Wie wild tippte er auf seinem Taschenrechner herum und versuchte uns ganz bewusst mit dem Einsatz von verschiedenen Währungen zu verwirren. Mal waren es Euro, dann US Dollar. Wir sagten ihm mehrfach, bitte alles in Rupien. Wir können selbst umrechnen! Am Ende hatten wir uns Notizen gemacht. Er wollte uns gleich noch am selben Tag festnageln. Wir sollten mal was essen gehen (er hatte offensichtlich Hunger) und dann am Nachmittag mit Reisepass wieder kommen. Wir lehnten das dankend ab, versprachen aber uns Gedanken zu machen und uns dann wieder zu melden.

Uns rauchte der Kopf und wir gingen in eines der vielen Cafés am Connaught Place. Das Costa Café lag in einem der weißen Gebäude, die den Connaught Place säumen. Hier gibt es die modernsten Geschäfte der Welt und fast alle Fast Food Restaurants dazu. Eigentlich hätte der Bummel durch die Arkadengänge Spaß machen können, aber auch hier musste man wieder höllisch aufpassen, nicht mit einem Fuß im Dreck zu landen. An jeder frisch gestrichenen Ecke klebt die rote Spucke an den Wänden. Müll und Pisse runden das Bild ab! Warum kann der Inder (und hiermit meinen wir den Mann und nicht die Frau!) nicht einmal seinen Menschenverstand walten lassen und einfach etwas respektieren? Und wenn es nur eine saubere weiße Hauswand (und die ist schon selten in Indien!) ist! Wir verstehen das nicht! Merken die gar nicht, wie ekelhaft das Ganze hier ist? Wir können nur hoffen, dass die jüngeren Generationen gebildeter sind und sich in der Zukunft was ändert. Aber bei 1,5 Milliarden Menschen dürfte das schwierig sein!

Nach dem Mittagessen liefen wir zu Fuß wieder zum Hotel zurück. Joe hatte sich immer noch nicht gemeldet. Wir riefen ihn nochmals an und dieses Mal hatten wir ihn an der Strippe. Der Ärmste lag mit einer schweren Gürtelrose im Bett, aber er schickte uns die Unterlagen, die wir für die Botschaft benötigen.

Wir nutzten den Rest des Nachmittags zum Wäschewaschen und sind dann abends wieder ins Kathmandu zum Essen gegangen.

Di, 31.12.2013: New Delhi, wolkig/neblig, 19°C

Die Myanmar Botschaft hatte für Visaanträge nur zwischen 10 und 11 Uhr geöffnet. Wir mussten also früh aufstehen. Gut, dass wir uns gestern schon mit der Metro vertraut gemacht hatten, sonst hätte das zu lange gedauert. Wir stiegen bei der Race Course Station aus und mussten noch etwa 3km laufen. Pünktlich kamen wir um 9.55 Uhr bei der Botschaft an.

Man kommt gar nicht aufs Botschaftsgelände. Ein kleines Schalterfenster an der Straße wird hier geöffnet. Das 28-Tage Visum für Myanmar kostet und 1300 Rupien (16€). Wir dachten, dass man das hier gleich bar bezahlen kann, aber dem ist nicht so. Das geht hier nur per Zahlungsanweisung. Dafür mussten wir zur Federal Bank. Es gibt hier in der Gegend sämtliche Botschaften der Welt, aber eine Bank hatten wir auf dem Hinweg nicht gesehen. Wo müssen wir hin? Die Dame am Schalter zeigte uns eine ungefähre Richtung. Oh oh, ob wir das alles in einer Stunde schaffen? Wir bezweifelten es.

Aber wie immer in solchen Situationen kommt jemand mit Rat und Tat vorbei. Heute war es ein Rickshaw Fahrer mit dem Namen MISTER (darauf bestand er!) Davindra Singh. Ein Sikh, der offensichtlich nicht zum ersten Mal ratlose Touristen aus der Patsche half. "You need bank draft? Two? Follow me!"

Wir schauten uns an und stiegen ohne weitere Fragen in die Rickshaw. Was sollen wir schon anders machen? Wir hatten eh keine andere Option. Mr Davindra Singh schmiss den Motor an, machte eine 180 Grad Wende und raste gen Norden. Fünf Minuten später hielt er vor einem Universitäts- oder Schulgebäude. Hier soll eine Bank sein? "Yes, give me your money, please!" Alle im höflichen Befehlston. Nix da, Geld geben wir nur der Bank! Mr Davindra Singh lief im schnellen Trott (er kennt offensichtlich die Öffnungszeiten der Botschaft) vor uns weg in das Gebäude. Und tatsächlich ... in der hintersten Ecke gab es ein kleines Büro und oben drüber stand Federal Bank. Hätten wir im Leben nicht gefunden!

Nun kam Mr Davindra Singh richtig in Schwung. Zackig ging er zum ersten Schalter, missachtete den wartenden Mann, gab dem Schaltermenschen eine Anweisung auf Hindi ... und bekam prompt und ohne Wartezeit zwei Zettel. Wir mussten unsere Namen eintragen. Dann ging es mit besagten Zetteln zu Schalter 2. Erneut wurde die kurze Warteschlange einfach übersprungen. Wir zahlten unsere 2600 Rupien plus 120 Rupien Gebühr. Mr Davindra Singh bekam wieder Papiere. Zurück zu Schalter 1 und Schwuppsdiwupps ... hier waren unsere Bankeinzüge. Hat keine drei Minuten gedauert. Im Schnellschritt zurück zur Rickshaw und mit Vollgas zurück zur Botschaft. Wir hatten 10 Minuten Zeit!

Während Helen zum Schalter ging und unsere Papiere einreichte, regelte ich mit Mr Davindra Singh seine "Gage". 250 Rupien wollte er pro Person von uns haben. Also die Rickshaw Fahrt waren vielleicht 80 Rupien. Mehr als 100 Rupien pro Bankeinzug wären zu viel gewesen. Der durchschnittliche Tageslohn in Indien liegt bei 200 Rupien und die ganze Bankaktion hat vielleicht eine halbe Stunde gedauert, wenn überhaupt. Wir einigten uns auf 300 Rupien und ich fragte ihn, ob ich außerdem noch ein Erinnerungsfoto von ihm machen kann. Stolz wie Bolle stellte er sich vor seine Rickshaw. Ich musste grinsen. "Smile!", sage ich zu ihm und er lächelte tatsächlich ein wenig (siehe Foto oben!).

Wieder einmal so eine herrliche kleine Geschichte am Rande, die diese Indienreise doch wieder erlebenswert machen. Mr Davindra Singh hat hier für sich eine echte Marktlücke entdeckt. Die anderen Botschaften hier machen es wahrscheinlich auch nicht anders und wenn die Öffnungszeiten nicht alle gleich sind, dann hat Mr Davindra Singh hier ein wesentlich besseres Einkommen, als wenn er nur Rickshaw Fahrten machen würde. Gewiefter Mann, aber seine Dienste sind absolut unbezahlbar! Wir waren happy und er auch!

Wir beschlossen anschließend zu einer anderen Metro Station zu laufen, fanden die aber nicht und endeten am Ende in einer Rickshaw, die uns wieder beim Connaught Place absetzte. Zeit für Café und Kuchen.

Irgendwie haben wir auf dem Weg zum Hotel dann die falsche Ausfallstraße am Connaught Place erwischt und uns total verlaufen. Wir versuchten uns auf unserer Stadtkarte zu orientieren, wurden aber ständig von einem Besoffenen gestört. Er wollte uns den Weg zeigen. Ja, ja ... fuck off! Ein paar Sicherheitsleute halfen uns dann wieder auf den richtigen Weg. Wir sind heute bestimmt 10km gelaufen!

Abends sind wir wie immer ins Kathmandu Restaurant. Heute wurden wir von einem zugekifften Ober bedient. Erst lästerte er über unsere Bestellung, dann kam er nicht, um unser Essen zu servieren. Das stand wartend in der Küchendurchreiche und wurde immer kälter. Ich bin dann selbst aufgestanden und habe es geholt. Endlich kam unser Ober und sah, dass wir uns selbst bedient hatten. Er kniff angewidert die Augen zusammen. Wir hatten kein Besteck und ich fragte höflich danach. Er verschwand und kam dann nach einer Minute wieder. Beide Hände voller Löffel, Gabel und Messer. Er knallte die volle Ladung auf unseren Tisch! Neben uns saß eine Vierergruppe, die auch von ihm bedient wurden. Die hatten die gleichen Probleme und eine der Frauen sagte was zu ihm. Er starrte sie mit fiesem Blick an und ging dann einfach wortlos weg. Creepy!

Ach ja, heute ist Silvester und am Connaught Place sollte es ein großes Feuerwerk geben. Nichts für uns. Wir können im normalen Alltag schon kaum die Menschenmassen hier ertragen! Wir hörten um Mitternacht ein paar Kracher, aber das war es dann auch für uns. Happy New Year!

Mi, 01.01.2014: New Delhi, wolkig, Nebel, 20°C

Ich hatte mir gestern noch die Zeit genommen, mal eine Reiseplanung durch Rajasthan und Gujarat zu machen. Sie enthielt alle Punkte und Strecken, die die Reiseführer und das Internet so empfehlen. Dank GPS Software kamen wir auf etwa 3200km plus geschätzte weitere 1000km für mögliche Abstecher und Stadtfahrten. In 21 Tagen hätten wir es machen können, aber das sah uns zu stressig aus. Deshalb wurden die Attraktionen und Fahrtage auf 28 Tage angelegt.

Mit diesem Plan sind wir dann gegen Mittag zu Schleimscheißer-Bill gegangen und haben mit ihm über eine Tour mit Fahrer und Auto verhandelt. Am Ende stand ein Preis von 1775€ für 28 Tage Fahrer und Auto inklusive Versicherung und allen Park- und Autobahngebühren, unbegrenzte Kilometer (obwohl wir für die Kalkulation 4600km á 14 Rupien pro km festgelegt hatten), 27 Übernachtungen in Mittelklassenhotels inklusive Frühstück, zwei Tigersafaris im Ranthambore Nationalpark und eine Kamelsafari in Jaisalmer sowie das Zugticket von Agra nach Delhi. Wir wollten in Agra statt Delhi abgesetzt werden, um dann dort noch in aller Ruhe 3 Tage für die Besichtigung des Taj Mahals, Roten Fort und anderen Attraktionen zu haben. Im Schnitt waren das für uns beide 65€ pro Tag, hinzu kommen Eintrittsgebühren und Abendessen.

Wir liegen damit zwar um etwa 25€ pro Tag höher, als wenn wir uns selbst organisiert hätten, dafür vermeiden wir aber den Stress der Zug- und Hotelreservierungen (die dauern häufig Stunden!), kommen an alle Ort, die wir sehen wollen, müssen uns nicht mit Rickshaw Fahrern herumschlagen und sind wesentlich flexibler. Für die gleiche Strecke hätten wir sehr wahrscheinlich auch noch mehr Tage benötigt, wenn wir es selbst gemacht hätten. Außerdem fallen die Nachtzugfahrten weg und wir können aus dem Auto in aller Ruhe mal das ländliche Indien an uns vorbei ziehen lassen. Man sieht mehr und es ist alles eine ganze Nummer entspannter! Bill versprach uns einen Fahrer mit gutem Englisch und wir waren happy über den Deal. Er bestimmt auch!

Das Ganze hat zwei Stunden gedauert und wir waren hungrig. Morgens hatten wir schon bei Dunkin Donuts gefrühstückt, am Nachmittag folgte ein Milkshake und Samosas. Mit anderen Worten ... Fast Food den ganzen Tag.

In der Nähe vom Connaught Place befindet sich die Jantar Mantar (wörtlich übersetzt: Rechen-Instrument) Sternwarte. Sie ist die erste und eine von insgesamt fünf historischen astronomischen Sternwarten, die Maharadscha Jai Singh II. zwischen 1724 und 1734 in Delhi, Ujjain, Mathura, Varanasi und Jaipur errichten ließ. Die nach astronomischen Gesichtspunkten entworfenen Bauwerke dienen unter anderem der Messung der Zeit, der Voraussage von Eklipsen, der Beobachtung der Planetenbahnen, der Bestimmung von astronomischer Höhe und Deklination und der Erstellung von Ephemeriden.

Wir konnten die Betonwerke schon von draußen durch den Zaun sehen. Runtergekommen wie so vieles in Delhi sahen sie aus. Kaum noch Farbe drauf und Kinder turnten auf ihnen rum, wie auf einem Kinderspielplatz. Eintritt sollte für uns Ausländer 100 Rupien sein. Wir haben es uns geschenkt. Wer an Astronomie interessiert ist, findet diese antiken Betonwerke bestimmt faszinierend.

Wir verbrachten den Rest des Tages im Hotel vor dem Fernseher. Helen war happy, denn wir konnten Chelsea gegen ManU live sehen.

Do, 02.01.2014: New Delhi, sonnig, 23°C

Wir hatten festgestellt, dass uns Schleimscheißer-Bill ein wenig übers Ohr mit den beiden Ranthambore-Safaris gehauen hat. Laut Internet lagen die Preise bei der Hälfte. Ich rief ihn an und er meinte, wir wollten ja unbedingt einen Jeep nur für uns alleine haben und der kostet. Dem war natürlich nicht so. Wir wollten nicht auf ein 20-Mann-Fahrzeug, sondern auf einen Jeep mit maximal 6 Personen. Die Chancen sind größer, dass man in einer ruhigeren Runde tatsächlich auch Tiger sieht. Bill versprach uns eine Rückzahlung der Differenz, wenn wir unsere Gutscheine für die Buchungen am Samstag abholen. Mal wieder so ein kleines Beispiel, dass man hier in Delhi höllisch aufpassen muss, wenn es ums liebe Geld geht. Die versuchen alles hier.

Nach dem Anruf saß ich ein Weile auf der Toilette. Durchfall! Ich hatte gestern Migräne und da Helen das gleiche gegessen hat wie ich und nichts hatte, haben wir das zunächst gar nicht ernst genommen.

Gegen Mittag sind wir ins Kathmandu und ich habe ein Käseomelett und Helen ein Müsli gegessen. Dazu hatten wir einen frisch ausgepressten O-Saft, der aber stark nach Knoblauch schmeckte. Da hat jemand wohl das Messer nicht gereinigt!

Mir ging es wieder besser und wir sind mit der Metro zum Roten Fort gefahren. Auf dem 500m Fußweg wurden wir wieder ohne Ende belästigt. Ein Rickshaw Fahrer schrie uns alle möglichen Ausflugsorte ins Ohr. Wir hatten ihm schon "No" gesagt und mit der Hand gewackelt. Das verstand er wohl nicht und schrie uns unbeirrt weiter an. Irgendwann habe ich mich genervt nach ihm umgedreht und gesagt "Do you understand this?" und ihm den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt. Er verstummte und schaute mich sogar etwas geschockt an. Eine Frau wagt es ihm den Stinkefinger zu zeigen? Undenkbar! Aber es hatte die gewünschte Wirkung und er machte sich von Dannen.

Kurz vor dem Roten Fort wurde mir dann auf einmal sehr schwindelig. Es war ein sonniger heißer Tag und ich brach in Schweiß aus. Ich musste mich einen Augenblick hinsetzen. Das Fort lag im schönen Sonnenlicht und hätte unsere erste Delhi Attraktion sein sollen. Aber kurz nachdem ich ein Foto von Helen vor dem Fort schoss, verspürte ich im Magen Schmerzen - als wenn mir jemand mit der Faust eine verpasst hätte. Mir wurde wieder schwindelig und wir mussten zum Hotel zurück. Da stimmte was nicht.

Vor dem Fort warten Hunderte von Fahrrad- und Autorickshaws. Ich wollte mich nicht in das Menschengewühl in der Metro begeben ... hatte das Gefühl, dass ich bald kotzen muss. Eine Fahrrad Rickshaw wollte 100 Rupien von uns haben. Prompt stürmten Autorickshaw Fahrer auf uns zu und einer wollte auch nur 100 Rupien haben. Unser Hotel lag etwa 20 Minuten entfernt und die Fahrt mit der Fahrradrickshaw hätte zu lange gedauert, wir stiegen in die Autorickshaw.

Keine 100m blieb der Fahrer am Straßenrand stehen. Jetzt wollte er 200 Rupien haben. Wie bitte? Wir stiegen aus und suchten die nächste. Dann winkte er uns wieder zur Rickshaw. Okay, 100 Rupien. Kaum waren wir wieder eingestiegen, drehte er sich um und sagte, er würde uns zu einem Shop fahren. Nooooo!!!! Helen sagte ihm, dass ich krank bin und machte die entsprechende Kotzgestik (ich hätte fast gekotzt, da ich lachen musste und meine Konzentration - nicht zu kotzen - verlor!). No shop, direkt zum Hotel oder wir steigen aus! Er grummelte ... Geldverlust ... nur wenn wir zu Shop fahren, dann bekommt er genügend Geld ...

Helen machte ihm zum letzten Mal klar, dass er uns direkt zum Hotel bringt und zwar OHNE UMWEGE! Wir fuhren in die richtige Richtung und erkannten auch die Brücke beim New Delhi Bahnhof wieder. Hinter der Brücke hätte er nur links abbiegen müssen. Unser Hotel lag nur noch 1km entfernt. Aber unser Fahrer stoppte am Brückenende und behauptete er dürfte hier nicht abbiegen. Wir müssen von hier laufen! Wir schauten uns an. Kann das wahr sein? Wir hatten keine Lust mehr auf den Scheißer! Null Sympathien für eine Frau, die krank ist. Schade, dass ich in diesem Moment nicht kotzen musste. Ich hätte seine Rickshaw voll gemacht!

Helen kramte 60 Rupien raus, den ungefähren Fahrpreis. Wir stiegen aus. Helen reichte ihm das Geld, aber er wollte mehr. Jetzt platzte Helen der Kragen. Sie schrie ihn an ... Nase an Nase ... "YOU ARE A CHEAT AND A LIAR!" ... und schmiss ihm das Geld in die Eier!

Gott, wenn es mir nicht so schlecht gegangen wäre, hätte ich das auf Video aufnehmen sollen. Die umstehenden Männer drehten sich alle um. Eine Indische Frau würde so etwas wahrscheinlich nicht wagen, aber wir hatten genug von diesen Scheißern! So müssen wir uns nicht behandeln lassen! Wir hätten gar nichts bezahlen sollen. Das hätte ihm eine echte Lektion erteilt!

Ich habe mich im Hotel dann gleich hingelegt. Ein paar Stunden später kam es dann gleichzeitig oben und unten mit voller Wucht raus! Ich wollte nur noch sterben! So schlecht, habe ich mich schon ewig nicht mehr gefühlt. Was war los? Lebensmittelvergiftung? Ich habe mir später auch noch aus Versehen in die Hosen geschissen. Unangenehm! Helen ging es gut und sie kümmerte sich rührend um mich. Meine Unterhose musste ich allerdings selbst waschen! Wahre Liebe hat auch ihre Grenzen!

Fr, 03.01.2014: New Delhi, wolkig, 20°C

Helens Verdauungssystem arbeitet offensichtlich etwas langsamer als meins, denn heute hatte sie Durchfall. Bei mir kam nichts mehr raus und wir versuchten, was immer da in unserem Magen ist, mit Hungern und Coca Cola zu bekämpfen.

Wir mussten zwischen 16 und 16.30 Uhr unsere Myanmar Visa abholen und fühlten uns gut genug, um mit der Metro zur Botschaft zu fahren. Diese öffnete mit 25 Minuten Verspätung, aber unsere Visa waren fertig. Super!

Wir nahmen die Metro wieder zum Hotel zurück. Beim Sicherheitscheck in der Race Course Metro Station konnten wir die Sicherheitsschranke für die Frauen erst nicht sehen. Ich ging - ohne es zu wissen - durch die Männerschranke. Wir waren die einzigen dort, sodass niemand vor uns war. Hände hoch und ich wurde abgetastet von einem Mann. Mir kam das schon komisch vor, da Frauen normalerweise von Frauen abgetastet werden. Er fuhr auch gleich mit beiden Händen über meinen Busen und ich sah, dass er genauso geschockt war wie ich. Mit unseren kurzen Haaren denken Inder immer, dass wir Männer sind. Oooops! Da ich dem Mann nichts vorwerfen konnte, tat ich so, als hätte ich nichts gemerkt.

Helen hatte darauf gewartet, dass ich unseren Rucksack auf der anderen Seite der Röntgenmaschine entgegen nehme und wollte schon durch die selbe Schranke. Aber der Mann hatte wohl gesehen, dass Helen ebenfalls eine Frau war und verwies sie nach links. Versteckt in der Ecke war die Frauenschranke - man konnte sie wirklich nicht sehen!

Da ich seit über 24 Stunden nichts gegessen hatte und Helen seit etwa 16 waren wir hungrig. Da wir beide keinen Durchfall mehr hatten und annahmen, dass wir wieder alles okay ist, gingen wir ins Kathmandu. Ich hatte eine Momo Suppe, Helen Huhn, Gemüse und Reis.

Uns ging es wieder gut. Kein Durchfall und wir glaubten, alles wäre wieder gut.

Sa, 04.01.2014: New Delhi, wolkig, 20°C

Aber dem war nicht so. Helen rannte den ganzen Tag zwischen Toilette und Bett hin und her. Mir ging es bis zum späten Nachmittag noch gut und ich lief sogar noch in aller Ruhe zum Connaught Place, um bei Schleimscheißer-Bill unsere Voucher abzuholen. Er stellte mir Pahrlad, unseren Fahrer für die nächsten 28 Tage, vor. 44 Jahre alt, etwas dicklich, machte aber einen ruhigen und vernünftigen Eindruck auf mich. Er fuhr mich auch in unserem Tourauto zum Hotel zurück und wir verabredeten uns für den nächsten Tag auf 9 Uhr morgens.

Kaum war ich wieder im Hotel, grummelte es gewaltig in meinem Darm. Die nächsten 18 Stunden lang wechselten wir uns auf der Toilette ab. Oh, Scheiße! Helen musste auch noch Kotzen. Nun war uns klar, dass wir uns irgendwo was Schlimmes geholt haben. Und morgen stand uns eine 6-8 Stunden Fahrt nach Jaipur bevor. Das Neue Jahr fing gut für uns an!

Zum Sightseeing sind wir in Delhi gar nicht gekommen. Aber wir kommen ja noch zweimal wieder. Leider! Man kann wirklich sagen, dass wir Delhi zum "Kotzen" fanden und teilweise eine richtig "beschissene" Zeit hier hatten. Nicht unsere Stadt! Wären wir von Dubai direkt nach Delhi geflogen, hätten wir am nächsten Tag Indien gleich wieder verlassen. Über 22 Millionen Menschen sollen hier offiziell leben, wahrscheinlich eher 30 Millionen.

Wir waren schon in einigen Städten der Welt mit ähnlichen Einwohnerzahlen - Mexico City, Sao Paulo, Mumbai, LA ... - aber keine von diesen fanden wir so abstoßend, so dreckig, so laut, so nervig wie Delhi. Wir sind froh, dass wir morgen die Stadt verlassen!