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Do, 30.01.2014: Ranthambore, meistens sonnig, 24°C
Helen wachte schon vor dem Wecker auf. Pünktlich um 7 Uhr standen wir unten vor dem Hotel und warteten auf unseren Safari Jeep, der auch keine 10 Minuten später kam. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und es war sehr kalt an diesem Morgen. Unser Safari Guide organisierte eine dicke Decke für uns zum Draufsitzen, denn die Sitze im offenen Jeep waren pitschnass.
Wir holten vier weitere Passagiere bei einem Nobelresort ab, alles Briten, und waren noch vor 7.30 Uhr im Ranthambore National Park. Uns wurde Zone 3 zugeteilt, laut Internetberichten die beste der insgesamt 10 Zonen hier, um Tiger zu sehen. Unser Guide sprach gutes Englisch und hatte viel Ahnung.
Die beste Chance Tiger zu sehen ist entweder ganz früh morgens oder kurz vor Sonnenuntergang. Während der wärmeren Tageszeit liegen die Tiger meistens faul irgendwo rum, gut versteckt im Gebüsch. Unser Guide suchte also verstärkt morgens nach Tigern. Wir hörten einige "Warning calls" (Warnlaute von Hirschen und Gazellen) und zusammen mit den Guides von anderen Fahrzeugen versuchte man die Richtung der Calls und den möglichen Pfad des Tigers ausfindig zu machen.
Rathambore National Park ist 392km2 groß, das Tiger Reservat 1334km2. Es sollen zur Zeit etwa 40 Tiger hier sein. Das Jagdgebiet der Männchen ist 35-40km2 groß, die Weibchen liegen bei 15-20km2. Tiger leben alleine, nicht im Rudel. Alle drei Jahre bekommen die Weibchen Junge, zwischen einem und sechs. Sie können in der Wildnis 16-17 Jahre alt werden.
Wir erfuhren von den Engländern, dass sie gestern auf ihren beiden Touren keinen Tiger gesehen hatten, aber Leute in ihrem Hotel hatten das Glück am späten Nachmittag in Zone 5. Wir machen es kurz: auch heute morgen war in allen Zonen kein Tiger gesichtet worden. In Zone 6 fand man frische Spuren und Kot, aber das war es auch schon.
Na ja, so ist das eben in der Natur. Vielleicht waren wir gar nicht weit von einem Tiger entfernt, aber nur wenn er sich bewegt, fangen die Hirsche und Gazellen in der unmittelbaren Nähe an sich gegenseitig zu warnen. Legt sich der Tiger hin, bleibt es ruhig. Er kann also im hohen Gras gelegen haben und dank seiner Tarnfarbe haben wir ihn nicht gesehen.
Dennoch hat die Safari Spaß gemacht und es gab einiges anderes zu sehen. Einen Adler, zwei Eulen, die sich eng aneinander kuschelten, Wildschweine, viele Axishirsche (Spotted Deer), drei große Sambarhirsche (die Hauptnahrung der Tiger), Störche, Ibisse, Reiher, ein Krokodil, dass mit weit offenen Maul auf einem Ast im Wasser lag, Affen, Fische, Papageien und viele andere Vögel.
Zone 3 führt an einem großen See vorbei und im Hintergrund konnte man oben auf dem Kliff die alte Festung aus dem 10. Jahrhundert sehen. Wir waren nicht enttäuscht. Ein guter Ausflug und wir freuten uns auf die Nachmittagstour.
Gegen 10.30 Uhr waren wir wieder beim Hotel, haben gefrühstückt und uns bis 14 Uhr entspannt. Dann sollte eigentlich unser Jeep für die zweite Safari kommen, aber dem war nicht so. Der Safari Manager kam zu Helen und sagte unser "Canter" würde warten. Canter sind hier die 20-Mann-Fahrzeuge, die wir weder gebucht hatten, noch wollten. Im Jeep waren maximal 6 Passagiere plus Fahrer und Guide. Helen sagte zum Manager, dass das nicht unsere Tour sei, wir haben doch den Jeep gebucht.
Nach und nach wurden alle anderen Hotelgäste abgeholt und wir warteten und warteten. Bis kurz vor 15 Uhr. Dann hieß es auf einmal unser Jeep wäre jetzt da. Das war aber das gleiche Fahrzeug, dass schon seit heute morgen vor dem Hotel stand und niemand anderes war auf die gleiche Tour gebucht. Jemand vom Hotel fuhr uns dann zum offiziellen Touristenbüro und dann warteten wir 10 Minuten in der Hitze, dass was passierte. Hotelfahrer stieg aus und argumentierte auf Hindi mit Safari Manager vom Hotel. Der war, wie wir später erfuhren, in der Zwischenzeit mit dem Moped hierher gekommen.
Die beiden verschwanden für eine Weile, dann kam Safari Manager mit einem Guide und anderen Fahrer zum Fahrzeug zurück und wir fuhren in die falsche Richtung. Wir wussten sofort, dass man uns hier übers Ohr haute. Ich fragte nach, wo wir hinfahren und Safari Manager sagte Zone 10. Oh, oh, ich hatte vor Wochen schon im Internet gelesen, dass die Zonen 7-10 so gut wie nie Tiger haben und das man darauf achten soll, dass man dafür KEINE Buchung bekommt.
Die Fahrt dorthin dauerte nochmals 20 Minuten und wir kamen um 15.35 Uhr zu dem abgeschlossenen Tor. Über 1 Stunde später, als normal. Wir hatten auf dem Weg dahin schon zum Safari Manager gesagt, dass wir Zone 1-6 gebucht haben und wir lieber morgen früh noch auf eine Safari gehen, als heute zu so später Stunde hier. Er "erklärte" uns, dass das nicht seine Schuld sei. Eigentlich hätten vier weitere Passagiere auf dem Jeep sein sollen, aber die wären noch nicht aus Jaipur hier angekommen. Bullshit! Wir hatten die Tour seit vier Wochen gebucht und diesen Scheiß akzeptieren wir für das teure Geld (3600 Rupien, 45€) nicht. Ich sagte ihm, dass wir entweder einen Tiger auf dieser Tour sehen oder morgen früh eine weitere kostenlose Tour bekommen.
Jammer, Jammer ... von seiner Seite ... Tiger sind reine Glücksache ... wir geben unser bestes ... versprechen kann man nichts.
Ich mache es kurz an dieser Stelle. Null Tiger, ein paar Rehe und Hirsche, ein Wiesel, ein Geier, ein Storch. Ansonsten 2 Stunden buchstäblich über Stock und Stein. Wir mussten uns mit beiden Händen festhalten, so hat der Jeep geschaukelt. Der Fahrer ist wie ein Irrer gerast. Wir sind nicht mal stehen geblieben, um nach Warnrufen zu lauschen. In den Zonen 1-6 fahren zur gleichen Zeit jeweils ca. 10 Fahrzeuge rum. Die Fahrer tauschen sich häufig gegenseitig aus. Hier sahen wir die ersten 45 Minuten kein anderes Fahrzeug, später dann drei Jeeps mit Indern, kein einziger weißer Tourist. Die Fahrer tauschten sich nicht aus, mussten sie auch nicht, denn sie wussten schon, dass man hier keine Tiger sieht. Obwohl wir alte Fußspuren gesehen haben.
Ranthambore Tiger Safari Tag 1
Nach zwei und nicht wie normalerweise drei Stunden waren wir wieder aus der Zone 10 raus. Ach ja, die war sogar bewohnt, wir sahen Frauen illegal Holz abtransportieren. Ein Bagger, der einen Damm reparierte, hatte plärrend laute Musik an. Ziegen und Kühe auf dem Hängen. Hört sich das nach der richtigen Zone an? Nein!
Wir forderten unseren kostenlosen Ersatz für eine weitere Tour am nächsten Morgen. Das Gelabere und Hickhack mit dem Safari Manager erspare ich mir hier. Aber es fiel mal wieder in die Kategorie "Null Respekt für Frauen ... und ... für dumm lassen wir uns nicht verkaufen!" Am Ende gab er knatschig nach und versprach uns auf eine Canter-Tour in einer der 1 bis 6 Zonen zu buchen. Wir werden sehen, wie das morgen früh um 7 Uhr aussieht.
Wir kamen noch ins Gespräch mit einem Schwedisch/Australischen Paar und einem Englischen. Die berichteten, dass sie in Zone 3 und 6 auch keine Tiger gesehen hatten und auch von niemand anderen etwas positives gehört haben. Scheint eine schlechte Jahreszeit für Tiger zu sein. Na ja, vielleicht haben wir Glück morgen früh. Das würde den Ärger von heute Nachmittag wieder wett machen.
Fr, 31.01.2014: Ranthambore National Park −> Bharatpur, Morgennebel, dann sonnig, 22°C
Pünktlich um 7 Uhr holte uns das Canter-Fahrzeug ab. Aus unserem Hotel stieg noch eine Indische Familie und eine Französin (Nicole) hinzu. Anschließend klapperten wir sechs weitere Hotels ab. Eine große Truppe Deutscher und eine Südafrikanerin komplettierten den vollen Canter.
Noch bevor wir den Eingang zum National Park erreichten, sahen wir eine Hyäne mit Beute im Maul. Alle Fahrzeuge, die in der Nähe waren bogen spontan auf das Feld ab und jagten das Tier. Es war noch zu dunkel, um Fotos zu machen, aber wir konnten einen Blick von der rennenden Hyäne erhaschen. Ein guten Omen für heute?
Heute Morgen war es noch kälter und feuchter, als gestern, aber wir waren dieses Mal gut vorbereitet - zwei warme Decken und Thermounterwäsche sorgten für Kuschelwärme im offenen Fahrzeug.
Unserem Canter wurde Zone 5 zugeteilt. Hier wurden vor ein paar Tagen Tiger gesichtet. Außer uns waren aber nur zwei weitere Jeeps in diesem Gebiet unterwegs, die meisten waren wohl wieder in Zone 3 unterwegs. Wir hatten eigentlich wenig Hoffnung heute morgen Tiger zu sehen, wollten aber einfach nur die kostenlose Tour genießen. Schließlich sind wir in der Natur unterwegs und es gibt immer was zu sehen!
Das war heute Morgen auch nicht anders. Ein großer männlicher Sambarhirsch nahm ein Schlammbad - keine Ahnung warum, aber ich vermute es hilft gegen die Mückenstiche. Dann führte er seine ganze Herde mit Weibchen und Jungen stolz an uns vorbei. Die Hirsche posierten geradezu für unsere Kameras. Einige Hundert Meter weiter kämpften ein paar Axishirsch spielerisch miteinander. Wir blieben jeweils nur sehr kurz stehen, denn Hauptpriorität war das Finden von Tigern. Je früher am Morgen, desto wahrscheinlicher.
Unser Canter-Fahrzeug war allerdings extrem laut. Der Dieselmotor röhrte, die Metallwände klapperten. Die beiden anderen Jeeps fuhren von Dannen und gingen ihre eigenen Wege. Wir folgten in einem etwas langsameren Tempo. Unser Fahrzeug war etwas breiter und musste bei einigen engen Wegpassagen stark abbremsen.
Aus dem Nichts hörten wir trotz des lauten Fahrzeuges auf einmal einen Warning Call. Der laute Warnruf kam von einem Sambarhirsch und er konnte nicht weit von uns entfernt sein. So laut hatten wir gestern die Calls nicht gehört.
Nun wurde es hektisch. Unser Fahrer und der Guide fuhren in die Richtung aus der der Warnruf kam, man blieb stehen, Motor aus, Lauschen ... nichts ... wir fuhren weiter. Motor aus, Lauschen ... Da! Ein weiterer Warnruf, aber hinter uns. Nur mit Mühe konnten der Fahrer das große Fahrzeug auf den engen Waldwegen umdrehen. Wir rasten in die andere Richtung, blieben stehen ... nichts ... wir fuhren weiter ...
Wir alle glaubten schon, dass der Tiger lange weg war und ich hatte das Gefühl, wir waren viel zu weit in die andere Richtung gefahren.
Plötzlich gab es Bewegung auf der rechten Seite und wir sahen gleich zwei Tiger rennen! Wahnsinn! Der Hammer! Die beiden blieben stehen, wir auch, Motor aus ... hektisch wurden die Kameras raus geholt ... nur mit Mühe schafften wir es leise zu bleiben ... man beobachtete sich gegenseitig.
Wir hatten Glück, die Tiger legten sich hin, nur ca. 25m von uns entfernt. Helen machte Video mit unserer kleinen Kamera ohne Zoom und man kann deutlich sehen, dass die Tiger im braunen Gebüsch sehr gut getarnt sind. Wir hätten sie im Leben nicht gesehen, wenn sie nicht gerade am Rennen gewesen wären!
30 Minuten verbrachten wir mit den beiden Tigern. Zwischendrin ist der Canter immer mal wieder ein paar Meter außer Sichtweite der Tiger gefahren. Unser Guide und der Fahrer versuchten sie aus dem Gebüsch zu locken, in der Hoffnung sie laufen auf dem Waldweg entlang. Aber den Gefallen taten uns die beiden nicht.
Dennoch waren wir alle überglücklich. Helen und mir kamen vor lauter Emotionen fast die Tränen. Der Bengaltiger steht fast vor der Ausrottung. Ein unglaublich elegantes und wunderschönes Tier. Perfektion in der Natur! Wir konnten unser Glück nicht fassen! Dies ist unser absolutes Highlight in Indien!
Irgendwann fanden die Tiger uns zu langweilig und zogen von Dannen. Wir mussten uns sputen, denn die Fahrzeuge müssen um 10.30 Uhr den National Park wieder verlassen haben. Es blieb kaum Zeit auf dem Rückweg für weitere Fotos, aber das störte niemanden von uns. Wir haben Tiger gesehen! Yeehaa! Am Eingang erfuhren wir, dass kein anderes Fahrzeug an diesem Morgen diese wunderbaren Katzen gesehen hat.
Ranthambore Tiger Safari Tag 2
Wir waren erst um 11.30 Uhr wieder beim Hotel. Der junge Mann in der Rezeption freute sich sichtlich mit uns. Er hatte gestern Abend unser Streitgespräch mit dem Safari Manager mitbekommen und gratulierte uns nicht nur zu unserer Standfestigkeit, sondern auch zur Tigersichtung. Ja, manchmal macht sich Hartnäckigkeit bezahlt!
Wir bekamen auch noch ein verspätetes Frühstück. Nicole aus Frankreich gesellte sich zu uns und wir versprachen ihr die Fotos und Videolinks von den Tigern zu schicken.
Anschließend packten wir schnell unsere Sachen. 225km bis Bharatpur lagen heute Nachmittag noch vor uns. Pahrlad hielt auf der Strecke an, um uns einen Hindu Tempel und das antike Abaneri Bad (8.-9. Jahrhundert) zu zeigen.
Gegen 18 Uhr erreichten wir unser Hotel in Bharatpur. Es war inzwischen sehr neblig und kalt geworden. Unser Zimmer war zwar groß, aber die Bettlaken waren nicht sauber, es gab kein Wasser in der Dusche und im Zimmer war es fast noch kälter als draußen. Immerhin bekamen wir auf Nachfrage einen ganz neuen Heizlüfter. Die neuen Bettlaken waren nicht besser als die alten, aber all das störte uns heute die Bohne. Wir waren immer noch happy die Tiger gesehen zu haben! Ein langer, aber toller Tag!