01.-31.01.2007: Álamos

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Das Jahr fing schon mal mit viel Pech an. Helen brach den Türgriff von drinnen ab und wir konnten die Tür aus dem Wohnbereich nicht mehr öffnen. Also mussten wir erst einmal durch die Fahrerkabine nach draußen klettern, um den Schaden zu begutachten. Eine Lötstelle war weggebrochen. Zum Glück ist bei unserem alten Auto kein moderner Plastik im Türgriff, sondern alles aus Metall. Wir überlegten kurz, ob wir in den Ort gehen, um das Ganze wieder verschweißen zu lassen, aber Mike (mit seiner Frau Joan ein Dauercamper hier), wusste als Flugzeugmechaniker (Alaska), wie man den Schaden elegant und besser lösen konnte. Innerhalb von 20 Minuten wurde ein Loch mit Gewinde in den Griff gebohrt und mit der Metallplatte mittels einer Schraube wieder befestigt. Das hält für immer und ewig!

Heftiger Regen lies bei vielen Wohnmobilen mal wieder die undichten Stellen zum Vorschein kommen. Bei uns regnete es durchs Alkovenfenster (die Silikonabdichtung ist nach gut 1,5 Jahren wohl brüchig geworden und muss erneuert werden) und durch die Klimaanlage. Wir holten als erstes unsere blaue Plane raus und überdachten damit das Alkovenfenster. Am nächsten morgen war jedes zweite Fahrzeug mit blauer Plane auf dem Dach zu sehen, und Larry war ganz enttäuscht, dass es bei ihm nicht durchregnete und er somit nicht zur "Blue-Tarp-Bregade" gehörte - Gruppenzwang!

Ein wunderschöner, blutroter Sonnenuntergang versönte die Gemüter dann aber wieder!

Kirsten hatte von Edi einiges an "hilfreicher" Windows-Software bekommen - Programme zum Löschen von überflüssigen und redundanten Dateien, Virenschutz, Anti-Spy-Software usw. Das wurde alles so nach und nach installiert und schien auch zu funktionieren. Bis sich eines morgens der Rechner kaum noch hochbooten ließ. Die Systemerweiterungen starteten nicht und der Computer war förmlich erstarrt. Kirsten blieb relativ ruhig und nahm das Teil erst einmal zu Edi und Jochen mit rüber. Wir versuchten den Computer im F8-Modus zu starten, aber da tat sich zunächst nichts. Auf Edis Computer riefen wir dann die Windows-Hilfe auf, um eine Lösung zu finden. Nichts ließ sich ansteuern und wir waren ratlos. Dann kam Kirsten die Idee, dass der F8-Modus vielleicht einige Minuten zum Aufrufen benötigt und wir versuchten es noch einmal. Der Zeigefinger wurde nach 5 Minuten taub vom Drücken der F8-Taste, aber siehe da, irgendwann bekamen wir das Windowsmenü und konnten in den abgespeckten Modus rein. Wir booteten den Computer anschließend mit einem älteren Wiederherstellungspunkt hoch und alles war wieder rodger! Gott, sei Dank! Never touch a running system!

Ach ja, und dann hatten wir noch folgende Pleiten, Pech und Pannen:

1. Debbie und Dewie liehen uns einige DVDs von ihrer Nichte aus. Die meisten konnten wir aufgrund des Regionscodes nicht lesen. Unglücklicherweise brach eine dann im Laufwerk auch noch in mehrere Teile auseinander. Zum Glück funktionierte das Laufwerk anschließend aber noch!

2. Kirsten öffnete die Klappe für das Tiefkühlfach und brach dabei eine Halterung ab - ergo hatte sie die Klappe in der Hand - konnte das Problem aber anschließend beheben.

3. Wir brachten Edi und Jochen das Dominospielen bei und Kirsten musste bei jedem 4. Spiel den Taschenrechner rausholen. Am Ende kamen unschlagbare 1706 Minuspunkte bei raus (der alte Rekord lag bei 998 Punkten - ebenfalls von Kirsten gehalten). Wir spielten meistens draußen in der Sonne. Max und Moritz konnten so frei rumlaufen, waren aber nicht sehr begeistert davon, dass ihnen keiner große Aufmerksamkeit schenkte. Also griffen sie zu Maßnahmen. Max hob das Bein an Helens Campingstuhl und verpasste nur knapp ihre nackten Füße. Helen schnappte sich darauf hin den Bösewicht und tauchte das süße Schnäuzchen in die eigene Pisse. Edi warnte Helen davor, dass Max beißen könnte, aber der wusste, was die Stunde geschlagen hatte und knurrte nicht einmal. Moritz versuchte es hingegen mit seinem üblichen Charme. Erst kullerten traurige Hundeaugen in unsere Richtung und als das nicht half, versuchte er bei Kirsten auf den Schoß zu klettern. Edi schrie "Sitz, Moritz" einige Male, aber Moritz wollte nicht so recht. Dann platzte Edi der Kragen und sie zog Moritz am Halsband. Dessen Kopf stieß daraufhin von unten gegen den Tisch und sämtliche Dominosteine fielen um! Bis auf Jochen (der hatte gerade 30 umgekippte Steine vor sich) lachten wir uns alle tot. Eigentlich wollte Edi mit ihrer Aktion das Umfallen der Steine verhindern.

Na, das kann ja heiter werden für den Rest des Jahres!

Aber es gab wie immer auch viel Positives. Vornehmlich wurde richtig gut gespeist. Da wir hier dauerhaft am Stromnetz sind, können endlich mal neue bzw. alte, aber lange nicht gegessene Gerichte im Ofen zubereitet werden. Kleiner Auszug gefällig? Franzbrötchen, Bananen-, Zitronen-, Mandel- und Schokokuchen, Lasagne, Quiche Lorraine, Sheperds Pie, Maccaroni-Käse-Auflauf. Außerdem gabs Sauerkraut mit Würstchen, Porree-Speck-Sahne-Sauße und Kartoffeln, Porree-Suppe, Brokkoli-Blumenkohl-Suppe, Tomaten-Suppe, Hackbällchen in Paprika-Tomaten-Sauße und eines Abends bei Edi und Jochen KÖNIGSBERGER KLOPSE (köstlich, lecker!).

Eigentlich wollten die beiden Anfang des Jahres nach Bahia Kino fahren, aber das eiskalte Wetter aus den USA macht sich seit Wochen auch im Norden von Mexiko bemerkbar. Und so verlängerten Edi und Jochen Woche für Woche hier auf dem Campingplatz in Álamos. Wir luden uns gegenseitig zum Essen ein. Das erleichterte an manchen Abenden nicht nur das Kochen (insbesondere für Edi, da Jochen nicht kocht), sondern brachte auch neue Gerichte und damit Anregungen für den Speiseplan auf den Tisch.

Max und Moritz rastete förmlich aus, wenn sie uns sahen. Moritz verliebte sich richtig in Helen und himmelte sie mit seinen treuen Hundeaugen an, gab Pfötchen und machte "schön" - dabei sitzt dieser riesige Setter auf seinen Hinterläufen und streckt die gekreutzen Vorderbeinchen in die Luft. So süß!


Max und Moritz.

Jeden morgen kläffte gegen 9.30 Uhr der Max-Wecker. Helen murmelte halbverschlafen "Max geht scheißen!" und schlief wieder ein.

Kurz vor dem berühmten Álamos-Musik-Festival regnete es erneut heftig über mehrere Tage und der erste Tag fiel buchstäblich ins Wasser. Doch am Samstag, den 20. Januar schien wieder die Sonne und wir machten uns mit den anderen Campern in das Geschehen auf.

Das Festival findet jedes Jahr Mitte/Ende Januar statt und ist international bekannt. Musiker, Tänzer, Akrobaten und Mexikanische Volksstämme bieten hier überwiegend kostenfrei 9 Tage lang ihre Kunst an. Auf zwei Freiluftbühnen und einer überdachten Bühne im Innenhof des Palastes treten nationale und internationale Musikstars auf. Die Spannbreite geht von Oper und Operette, zu Chanson, Jazz, Raggae, Klassischer Musik bis hin zu Mexikanischer-, Südamerikanischer- und Kubanischer Volksmusik.

Nebenbei finden den ganzen Tag über verschiedene Workshops statt. Hier kann man zwischen Gesichtsbemalung, Puppen- und Maskenbau, Gesang, Percussion-Unterricht und Drucktechniken auswählen. Sämtliche Materialien werden kostenfrei gestellt und es gibt einen englischen Übersetzer für die vielen Amis, die an diesen Workshops teilnehmen.

Wir hatten uns vor ein paar Tagen schon das Programm besorgt und wollten so viele Veranstaltungen wie möglich besuchen. Und der Samstag fing schon super an.

Gegen Mittag führte eine 6er-Gruppe einen Straßentanz direkt vor der Kathedrale auf. Zu wirklich toller Musik (vom Band) tanzten die 3 Männer und 3 Frauen in ihren Schwarz-Roten-Kostümen. Auf dem harten Pflasterstein müssen die Füße und Gelenke nach der einstündigen Darbietung mit Saltos, Flickflacks und Sprüngen richtig weh getan haben. Edi und Helen fanden einen Stehplatz auf der Ladefläche eines Lasters und konnten die Vorstellung über die Menschenmenge hinweg beobachten. Kirsten hockte gegenüberliegend auf dem Boden und machte ihre Fotos. Anschließend humpelte sie mit Knieschmerzen weiter zum Alameda - dem anderen großen Platz im Dorf, auf dem eine der beiden Freiluftbühnen aufgebaut war.

Hier fand jeden Nachmittag um 16 Uhr Livemusik und Tanz statt. Okay, im Programm sagte es 16 Uhr - nach mexikanischer Zeit ist damit aber mindestens 16.30 Uhr wenn nicht sogar 17 Uhr gemeint. In der Regel dauerte der Aufbau mit Mikrofonen und der Anlage zu lange. Wir passten uns in den nächsten Tagen an und kamen entsprechend später.

Eigentlich war jede 16 Uhr-Veranstaltung in dieser Festival-Woche auf dem Alameda ein voller Erfolg und absolut sehenswert. Es fing gleich mit toller Mariachi-Musik und einer erstklassigen Tanzgruppe an, die sogar 2002 bei der Eröffnungsfeier der Fußball-WM in Japan/Korea aufgetreten sind - als Vertreter von Mexiko. Hübsche Frauen wirbelten ihre farbenfrohen Röcke in der Luft, rassige Männer steppten auf dem Holzparkett und brachten die Zuschauer mit ihrer Iguana-Darbietung zum Lachen.


Mariachi Musik und Tanz.

Am nächsten Tag spielte der Ecudorianer Geovany Bedón mit der mexikanischen Gruppe Khenany Volkslieder aus allen Regionen von Südamerika. Beide sind Stars in der Panflöten Szene und wir waren begeistert von der fröhlichen Musik.


Tolle Panflötenmusik.

Es folgte die Maya-Tanzgruppe Alia-Ca-Yeye - ebenfalls mit wunderschönen Frauen und Kostümen. Eine Kondition haben die! Super war auch die Akapella Band Cuarteto Alma - vier junge Männer mit fantastischen Stimmen. Unglaublich, wie die nur mit dem Mund solch eine lebendige und fröhliche Musik machen können.


Akapella und heiße Rhythmen.

Am letzten Tag heizte dann noch einmal eine Kubanische Band mit ihren karibischen Klängen die Menge ein und es wurde wie wild das Tanzbein geschwungen. Die Mittel- und Südamerikaner haben den Rhythmus einfach im Blut! Da wackelten die Hüften von älteren Mexikanerinnen, die jüngeren warfen sich feurige Blicke zu und ein älterer Herr glitt mit seiner rassigen Partnerin majestätisch im Tango- und Samba-Schritt über den Betonboden und bekam dafür ein Küsschen auf die Wange und Schulterklopfen von anderen Damen. Süß, wie er mit einem ganz bescheidenen Lächeln die Glückwünsche entgegen nahm. Und wie immer konnte man am Ende der Veranstaltungen ein lautes "Otra! Otra!" (Zugabe, Zugabe) hören.

Wer am Tage noch nicht genügend gesehen hatte, konnte gegen 18 Uhr (meistens später) auf der Freiluftbühne am Platz der Kathedrale weitere Livekonzerte bewundern. Hier wurde überwiegend Jazz gespielt - nicht wirklich unsere Musikrichtung, aber allemal hörenswert.

Und abends um 20 Uhr fanden im überdachten Innenraum des Palastes klassische Konzerte statt - diese waren kostenpflichtig (zwischen 6-12 US$ pro Person). Wer nicht zahlen wollte oder konnte, hatte draußen vor dem Palast die Möglichkeit das Ganze auf zwei großen Videoleinwänden, die auf eine weiße Häuserwand projeziert wurden, zu sehen.

Und dann waren da ja noch die Feuer- und Stelzenartisten mit dem Namen La Bullanga unterwegs. Gegen 19 Uhr liefen sie in bunten Kostümen durch die engen Straßen von Álamos. Wir hatten Glück und sahen sie gleich am ersten Abend. Nach der Veranstaltung sammelten sie sich in einer Seitenstraße nahe des Palastes und standen für Fotos bereit. Kirsten knipste, was das Zeug hielt und übersah dabei völlig, dass sich Helen mit einem der Stelzenmänner in Position gestellt hatte. Kirsten hatte die Kamera auf Vollzoom und schoß ein Foto nur vom bunt bemalten Kopf des Mannes (dieser befand sich in ca. 4 Meter Höhe!). Zwei Sekunden später fragt Helen, wie das Foto mit ihr geworden ist. Welches Foto? Na, das mit dem Stelzenmann. Er hatte sich extra auf Helens Schulter gestützt. "Äh, ich hab dich gar nicht gesehen. Hatte die Kamera auf Zoom und die war in die Luft gerichtet.", stammelte Kirsten einer echt beleidigten Helen entgegen. Diese fühlte sich total ingnoriert und befand mal wieder, dass sie eine "Foto-Witwe" sei. Okay, okay ... wir holten ein Foto inklusive Helen nach!

Nicht immer schafften wir es zwischendrin nach Hause zu kommen und aßen deshalb an den vielen Freßbuden im Ort. Insbesondere die Hot Dogs wurden uns von Amerikanern als die besten der Welt empfohlen, und tatsächlich, dass waren sie auch - super lecker - allerdings hatten wir beide Male anschließend Durchfall. Na ja, was nicht tötet, härtet ab!

Was wir in den 9 Tagen nie geschafft haben, war das Mitternachtskino am hiesigen Friedhof. Dieser liegt direkt angrenzend an unseren Campingplatz, aber die nächtliche Horrorstunde war uns in der Regel zu kalt (kaum war die Sonne untergegangen lagen die Temperaturen um den Nullpunkt!).

Am Ende waren wir ganz erschöpft von den vielen tollen Eindrücken! Und die letzte Nacht trug auch nicht gerade zur Entspannung bei. Unweit von unserem Campingplatz dröhnte aus einem Haus die ganze Nacht laute Techno-Mucke. Bis morgens um 7 Uhr. Und wenn ich schreibe "laut", dann meine ich damit, dass der Lautsprecher auch locker direkt vor unserem Alkovenfenster hätte stehen können. Am Anfang haben wir morgens um 2 Uhr noch im Bett mit den Hüften gezuckt - in der Hoffnung, dass es bald vorbei ist. Aber es hörte einfach nicht auf und die Musik wurde schlechter und schlechter. Der Bass ließ unseren Brustkorb vibrieren, selbst Ohrstöpsel halfen da nicht! Wir bekamen absolut keinen Schlaf. Und wir waren nicht die einzigen.

Joan verließ gegen 6.30 Uhr das warme Bett, überlegte kurz, ob sie ihr Gewehr mitnimmt (Joan und Mike sind leidenschaftliche Schützen und schießen einmal im Monat nahe Álamos Hunderte von Tauben ab) und machte sich dann zu dem nahe gelegenen Haus auf. Mehrere Anrufe bei der Polizei konnten in der Nacht nichts ausrichten. In dem Haus wohnt ein Drogenbaron und die Polizei hat Angst vor ihm und geht da nicht hin! Gut, zu wissen!

Aber Joan kann nicht einmal ein Grizzly aus Alaska aus der Ruhe bringen. Die Hände in die Hüften gestemmt, fragte sie die Bewohner, wie lange das denn noch andauern würde. Die Antwort lautete: Bis zum Nachmittag. Nun wurde Joan zum Grizzly und fauchte "This is unacceptable! You stop the music right NOW!". Tja, was soll man sagen, dieser Frau widerspricht man einfach nicht! Und prompt war es leise! Da möchte man lautstark "Otra!" für Joan rufen, oder?!

Dewie hatte sich kurz vor 7 Uhr aus dem Bett gequält und fragte Debbie, wo denn die Brechstange sei. Entsprechend bewaffnet machte es sich auf den Weg und traf dann aber rechtzeitig auf Joan. Niemand kam zu Schaden und wir alle drehten uns im Bett noch einmal um und schliefen bis in die späten Morgenstunden (okay, für uns ist das eigentlich normal)!