05.-31.07.2007: Calgary
Nachdem wir bei Flying J´s in Calgary gedumpt hatten, wühlten wir uns durch den dichten Verkehr (Großstädte waren wir einfach nicht mehr gewohnt) und erreichten gegen 17.30 Uhr Annas Haus im Südwesten der Stadt. Anna ist eine Freundin von Helen aus Hamburg. Die beiden haben zusammen für die Open University gearbeitet und Anna ist nach 17 Jahren Deutschland vor ein paar Monaten in ihre Heimat zurückgekehrt. Wir fanden an der Haustür einen Zettel für uns mit Annas Telefonnummer auf der Arbeit. Zum Glück lieh uns eine Nachbarin ihr Handy, damit wir sie anrufen konnten, denn wir haben ja keins. Anna hatte den Schlüssel für uns versteckt und wir entspannten uns eine Weile in ihrem herrlich kühlen Haus.

Anna arbeitet zurzeit für eine Ölgesellschaft in der Innenstadt und hatte ausgerechnet an diesem Abend viel zu tun. Sie rief uns später noch einmal an und erzählte uns, dass ihre Kusine Brenda mit uns zur "Sneek Preview" Nacht der Stampede gehen wollte. Dort konnte man an diesem Vorabend der berühmten Calgary Stampede für nur 3 Can$ Eintritt ein kostenloses Konzert anschauen. Anna hatte aber keine Lust und war kaputt von der Arbeit. Wir fragten nach, wer denn heute Abend singt. Alanis Morissette womöglich? Annas Antwort war: "Ach irgend so eine unbekannte Sängerin. Jan Arnold oder so ähnlich ..." Wir sprangen wie von der Tarantel gestochen von Sofa hoch und schrieen förmlich in den Hörer: "Jann Arden?! Da müssen wir hin!" Der armen Anna blieb nichts anderes üblich als endlich nach Hause zu kommen. Denn das Konzert sollte um 21 Uhr beginnen und wir wollten keine Minute verpassen.

Brenda holte uns in ihrer Klapperkarre ab und wir fuhren Downtown. Die Stadt ist im Ausnahmezustand während der Stampede und Parkplätze waren rar. Wir mussten uns schließlich auf einen 8 Can$ teuren Parkplatz stellen, um das Konzert nicht zu verpassen.

Auf dem Stampede Gelände tobte der Bär. Tausende waren an diesem lauen Sommerabend unterwegs. Zum Glück hatte das Konzert leichte Verspätung, denn Anna musste erst einmal bei einem Stand ein paar Holzlöffel ausprobieren, mit denen man Musik machen kann - der letzte Schrei in Quebec!



Pünktlich zu den ersten Klängen von Jann Arden standen wir vor der Coca-Cola Bühne. Wir haben sie noch nie Live gesehen und waren überrascht, wie lustig die drauf ist. Nach jedem Lied folgte ein witziger Kommentar und wir schmissen uns weg. Sie wurde in Calgary geboren und hatte somit ein echtes Heimspiel. Ihre Eltern saßen auf einer kleinen Zuschauertribüne und strahlten um die Wette. Das Konzert dauerte gut 1,5 Stunden und die Anlage hatte einen super Sound.

Für uns passte dieses Konzert wunderbar zu unserem 10-jährigen Jubiläum. Sandi (aus Calgary) hatte uns 1997 eine Jann Arden CD auf unserer Asienreise gegeben und "Could I Be Your Girl" ist unser Lied! Und nun konnten wir dieses Lied in einem absolut tollen Open-Air Konzert für nur 3 Can$ pro Person live hören!

Selbst Anna legte alle Müdigkeit ab und als Jann Arden am Ende ein paar Klassiker, wie Gloria Gaynors "I Will Survive", Bee Gees "Staying Alive", Abbas "Does your mother know" and AC/DCs "You shook Me All Night Long" rausholte, tanzte und sang sie wie alle anderen laut mit!

Nach dem Konzert sind wir dann noch über den "Dom" des Stampede Geländes gegangen. War wie auf dem Heiligengeistfeld in Hamburg! Wir starben inzwischen fast vor Hunger und fanden eine Dönerbude ... hmmmmmm ... lecker ... mit ganz viel Knobi. Anschließend schauten wir uns noch ein paar Pferde in einer der großen Hallen an, die noch für die morgige Parade hübsch gemacht wurden.

Die diesjährige Stampede unterstützt die Brustkrebs Forschung und überall konnte man Rosa Cowboy-Hüte, Halstücher, Hemden und Jeans-Sachen für den guten Zweck kaufen. Brenda konnte auf der Hinfahrt gar nicht glauben, dass wir weder eine Jeans, noch einen Jeansrock, oder gar einen Cowboy-Hut besaßen. Wir waren für die Stampede überhaupt nicht gerüstet.

Sie erzählte uns dann alles über die Stampede. Wir hatten keine Ahnung was Begriffe wie Tie Down Roping, Bareback, Steer Wrestling, Saddle Bronc Riding und Barrel Racing bedeuteten und kamen uns vor wie Dummies. Sie starte uns bei jeder Frage an, als wenn wir total bescheuert seien. Na ja, für jemanden aus Calgary wird die Stampede mit der Muttermilch aufgenommen.

Wir hatten dann noch riesigen Spaß mit den Monster-Cowboy-Hüten (siehe Fotos) und am Ende des Tages strahlte der Himmel in einem gigantischen Feuerwerk.

Kaum hatten wir das Stampede Gelände verlassen, sahen wir wie andere Besucher einen Hubschrauber beobachteten, der um ein gerade im Bau befindliches Hochhaus kreiste. Was war los? Ein Polizist erzählte uns, dass ein paar junge Männer in der 26. Etage saßen und Gegenstände auf die Straße schmissen. Das war uns nicht ganz geheuer und wir rannten fast zu Brendas Wagen zurück.

Letztendlich lagen wir dann um 2 Uhr morgens im Bett und unser Wecker weckte und keine fünf Stunden später schon wieder. Wir wollten uns die riesige Stampede Parade in Downtown Calgary anschauen. Anna hatte keine Lust und zu fuhren wir mit dem Bus in die Stadt.

Wir standen gerade an einer strategisch günstigen Ecke, da zog schon der erste Spielmannszug an uns vorbei. Die Fußwege waren von ca. 300.000 Besuchern belegt. Viele hatten hier seit 6 Uhr morgens ihre Campingstühle aufgebaut, um die besten Plätze zu reservieren. Wir hatten Glück und fanden einen Platz direkt hinter zwei Stühlen mit super Blick auf die Parade. Überall sah man die Farbe Rosa. Für 3 Can$ konnte man ein Halstuch für den guten Zweck kaufen, aber als Kirsten endlich einen Verkäufer sah, war er gerade ausverkauft gewesen. Wir gehörten also zu den wenigen Besuchern, die nicht in Rosa gekleidet waren - ist auch nicht wirklich unsere Farbe!

Die Parade dauerte ca. 3 Stunden. An uns zogen Clowns, Indianer, Cowboys and -girls, diverse Spielmannszüge, Dudelsack-Bands, Chinesen mit einem langen Drachen, Inder in ihren bunten Kostümen, Japaner mit der Lotusblüte, Jann Arden (wir erkannten sie kaum mit Cowboy-Hut und ohne das Stage-Makeup), sämtliche Teilnehmer der Stampede Wettbewerbe, sämtliche Rassen von Pferde (von Minipferde über fette Holsteiner) und direkt dahinter die Stadtreinigungswagen mit Pferdeverkleidung, sowie die Mounties und sogar das Militär vorbei. Das Publikum auf unserer Ecke machte recht wenig mit und wir waren fast die einzigen, die ständig laut "YEEHAA" oder "YAAHOO" riefen. Nur als das Militär vorbei marschierte standen alle auf und klatschten!

Nach der Parade zog es die meisten Besucher in die Fußgängerzone. Hier gab es Live-Musik, Künstler aller Art und vor allem was zu Essen und zu Trinken. Wir entdeckten die Jodelwurst (The Yodeling Sausage). Eine kleine Wurstbude, die von zwei Münchnern geführt wurde. Yummi - Deutsche Bratwurst im Baguette!

Wir fanden nach einigem Suchen die richtige Bushaltestelle für den Rückweg und entspannten uns den Rest des Tages. Helen und Anna gingen später einkaufen und brachten ein leckeres Indien-Take-Out mit nach Hause. Hatten wir schon ewig nicht mehr gegessen.

Am nächsten Tag versuchte sich Kirsten dann daran, an Annas Computer das neue Telus Wireless Gateway Modem zu installieren. Andauern poppten Fehlermeldungen auf und nach ein paar Stunden gab Kirsten frustriert auf. Von wegen Plug and Play ...

Den Sonntag verbrachten wir dann damit für Anna ein richtiges Bett zu suchen. Sie schläft seit ihrem Einzug in das neue Haus auf einer Campingliege. Wir fuhren zunächst zu IKEA und verloren prompt im Sonntagsgewühl Anna. Am Ende mussten wir sie über die Sprechanlage ausrufen lassen, aber die war so in ihre Sachen vertieft, dass sie das gar nicht mitbekam.

Kirsten kaufte sich dann nebenan bei BestBuy eine 500GB Externe Festplatte, um ihre 30.000 Fotos zu speichern und Sachen von ihrem Laptop auszulagern. Der Speicherplatz auf dem Rechner wurde langsam zu knapp.

Mit Anna sind wir dann noch durch vier weitere Bettenläden marschiert, aber sie konnte nicht so recht was finden. Nach fünf Stunden waren wir kaputt und fuhren nach Hause.

Zum Abendessen gab es Hähnchenschenkel aus dem Ofen mit Salat und Maiskolben. Frisch gestärkt machte Kirsten sich erneut daran, Annas Internetmodem zu installieren, musste dann aber am Ende die Support-Hotline von Telus anrufen. Die konnten aber das Problem nicht lösen und so saßen wir immer noch ohne Internet da.

Kirsten ließ das aber keine Ruhe und sie installierte am nächsten Tag das Modem an ihren Laptop, um zu prüfen, ob es überhaupt am Modem oder der mitgeschickten Installations-CD lag. Immerhin gab es keine Fehlermeldung während der Installation, dennoch lief das Internet nicht. Erneut wurde die Hotline angerufen und nach 2 Stunden telefonieren mit einem Typen in den Phillipinen und anschließend mit einem in Montreal, war das Problem gelöst. Yeehaa, wir waren online!

Am selben Abend zeigten wir Anna, wie man aus dem Internet Musik runterladen kann. Das führte zu einer spontanen 3-stündigen Karaoke Nacht mit Salzstreuer und Telefon als Mikro. Ha, Ha, Ha, Ha ... Staying Alive!!!! Zum totlachen! Tat richtig gut nach einem harten Arbeitstag für Anna.

Am nächsten Tag schauten wir uns die ersten Video-Highlights der Stampede im Internet an. Um das Rodeo live mitzuverfolgen musste man mindestens 40 Can$ pro Person auf den Tisch legen. War es das wirklich Wert, fragten wir uns? Es gab eine 8-minütige Zusammenfassung der Abendshow (noch einmal 30 Can$ on top) im Internet - eine Cowboy Revue á la Las Vegas - definitiv nicht unser Ding. Und für das Rodeo konnten wir uns nicht wirklich begeistern. Man sitzt auch relativ weit weg. Wir ließen die Stampede also ohne einen weiteren Besuch links liegen und konzentrierten uns stattdessen darauf, endlich mal wieder unsere Webseite zu schreiben. Wir waren ja nur schlappe drei Monate hinterher.

Nach 10 Tagen hatten wir dann auch Annas Computer endlich online - das Problem lag in einer Software mit dem Namen ZoneAlarm - diese blockierte die Installation auf Annas Rechner. Kaum hatte Kirsten die gelöscht, lief alles wie am Schnürchen.

Anna ist verzweifelt auf der Suche nach einem neuen Job und hatte eine super Stellenanzeige im Internet gesehen. Um richtig Eindruck zu machen bot Kirsten ihr an eine Bewerbungs-Webseite für sie zu bauen. Das dauerte dann 8 volle Tage. Anna schrieb sich die Finger wund für die Textinhalte und Kirsten baute ein Design und stellte Anna zusätzlich ein paar ihrer schönsten Fotos für die Seite zur Verfügung. Am Ende kam eine wirklich schöne Webseite dabei raus. Schaut sie euch an unter www.annagarleff.com.

Neben der vielen Computer Arbeit gab es aber auch unendlich viel Spaß. Helen bekochte uns jeden Tag mit leckeren Englischen Gerichten, u.a. Rhubarb Crumble - frischer Rhabarber aus Annas Garten zu Kompott eingekocht und mit Streuseln überbacken. Dazu gab es heiße Vanillesauce! Anna wird das vermissen, wenn wir nicht mehr da sind!

Dann lief ja der neue Harry Potter Film in den Kinos an. Wir fanden ihn einfach zu kurz - da wurde so vieles aus dem Buch ausgelassen. Und wo war Harrys Narbe auf der Stirn? Hatten die Filmmacher die vergessen?

Ein paar Tage später erschien dann ja weltweit der letzte Harry Potter Band. Wir fuhren kurz vor Mitternacht nach Downtown Calgary, um das Buch eine Minute nach Mitternacht zu kaufen. Anna fand durch ein Wunder einen Parkplatz gleich um die Ecke von der Fußgängerzone. Dort warteten mindestens 10.000 Harry Potter Anhänger vor dem hiesigen Buchladen.

Um das Buch in dieser Nacht noch zu bekommen, musste man vor Mitternacht einen Gutschein kaufen. Die Bücher wurden dann 1 Minute nach Mitternacht auf einer Straßenkreuzung an die Gutscheinbesitzer ausgegeben. Der Buchladen hatte einfach keinen Platz für diese Massen. Anna und Helen drängelten sich geschickt vor und hatten unsere Gutscheine nach nur 10 Minuten gekauft - klein aber o-ho war hier die Devise. Niemanden schien das zu stören. Alle waren guter Laune und sehr, sehr viele waren verkleidet.

Wir mussten eine Stunde warten und fanden eine Parkbank zum Hinsetzen. Helen rannte los auf der Suche nach Getränken während Anna und Kirsten die Bank besetzten. Helen kam nach 20 Minuten zurück mit kalten Getränken und erzählte uns so nebenbei, dass sie gerade 40 Can$ auf der Straße gefunden hatte. Damit hatten wir nicht nur unser Buch und die Getränke wieder raus, sondern gingen später 2,91 Can$ reicher wieder nach Hause! Magic!

Das Warten war kurzweilig und kurz vor Mitternacht stieg die Spannung. Man hatte zwei große Tische aufgebaut und dahinter stapelten sich die Bücher in Kartons. Überall waren Wachleute, aber niemand machte Anstalten etwas zu klauen. Erneut schmuggelten sich Helen und Anna fast bis zum Anfang der Schlange, während Kirsten von dem Geschehen Fotos machte. Die beiden hatten allerdings das Pech, dass sie hinter einem Mann mit tierischem Achselschweiß standen. Helen bekam kaum Luft und fragte Anna, ob sie in der Handtasche ihr Parfum dabei hatte. Diese sprühte dann kurz zweimal dem Stinker direkt unter die Arme - Pffft ... Pffft! Und es half! Ob der Typ dann später zuhause Probleme mit seiner Frau oder Freundin bekam wissen wir nicht - er roch jedenfalls stark nach Bordell!

Die letzten 10 Sekunden wurden laut im Countdown runtergezählt und dann fingen die Mädels in der ersten Reihe hysterisch an zu schreien. Kirsten flogen fast die Ohren weg. Das Mädel, das das erste Buch bekam fiel vor Freude fast in Ohnmacht - es war wie auf einem Rockkonzert von Robbie Williams!

10 Minuten nach Mitternacht hatten auch wir unsere Bücher und machten uns glücklich auf dem Weg nach Hause.

Helen hatte am Vortag noch schnell in 10 Stunden Band 6 gelesen und verbrachte den gesamten Samstag damit das neue Buch zu lesen. Am Abend war sie mit den 600 Seiten durch und las das Buch am Sonntag dann gleich noch einmal. Anna und Kirsten waren immer noch so mit Annas Webseite beschäftigt, dass sie gar nicht zum Lesen kamen. (Anmeldung der Redaktion am 1. August: während Kirsten diese Zeilen schreibt, liegt der neue Harry Potter Band im Winnie und Kirsten muss immer noch 130 Seiten lesen).

Am Sonntag bekamen wir ein Email aus Deutschland von Brigittes und Johns Tochter. Ihre Eltern wären auch gerade zur Stampede in Calgary. Und so trafen wir uns Montagnachmittag mit den beiden und ihrem Enkel Jonas bei Helmut, dem Freund bei dem alle drei im Südwesten von Calgary übernachteten. Es gab Kaffee und Kuchen und später Lachs und Frikadellen vom Grill mit Salaten und gebackener Kartoffel. Brigitte und John hatten wir Weihnachten 2005 in Mazatlan auf dem Campingplatz getroffen und wir schnackten 7 Stunden lang über alles Mögliche. John gab uns noch super Tipps zum Yukon. Die beiden wollen ebenfalls noch diesen Sommer da hoch und hoffentlich treffen wir uns irgendwo auf der Strecke.

Am Donnerstag schenkte uns Anna dann als Dankeschön für die Webseite einen Beauty-Tag. Kirsten bekam einen neuen Haarschnitt und am Nachmittag gab es für uns beide noch eine 1-stündige Ganzkörpermassage. Wir genossen beides sehr und Kirsten freute sich riesig über ihren neuen Haarschnitt. Die langen Zotteln waren ihr seit Wochen auf den Keks gegangen und jetzt waren die Haare endlich wieder kurz - ohne ganz kurz zu sein. Gestylt und gefönt verließ Kirsten den Friseur und konnte selbst nicht glauben, wie die neue Frisur ihren Typ veränderte - so weiblich! Der Berg von Haare auf dem Friseurboden hätte locker ein halbes Kissen gefüllt. Danke Anna!

Eigentlich wollten wir ursprünglich nur eine Woche in Calgary bleiben, aber es gab einfach so viel zu tun. Und wir sind immer noch hier!