02.-05.07.2007: Waterton NP - Cardston - Fort MacLeod
Vom Glacier National Park aus fuhren wir in den direkt angrenzenden Waterton National Park auf der Kanadischen Seite. Für die Grenzformalitäten benötigten wir 45 Minuten und fuhren anschließend direkt zum Visitor Center.

Für eine lange Wanderung fehlte uns die Zeit und so fuhren wir zum Red Rock Canyon und machten dort eine kurze Wanderung in den Canyon und dann weiter zu den Blakiston Falls. Auf dem Rückweg zum Waterton Townsite landeten wir in einer Autoschlange. Eine Schwarzbärenmutter (hatte aber braunes Fell) und ihr Junges waren am Straßenrand auf der Suche nach Nahrung. Wir Fotografen standen auf der Straße und klickten was das Zeug hielt, die Bären nahmen überhaupt keine Notiz von uns.

Bei der Einfahrt nach Waterton mussten wir auf der Straße bremsen - vier Rehböcke wollten die Straße überqueren. Direkt vor unseren Augen wurde eines dann fast vom entgegenkommenden Verkehr überfahren. Der Fahrer muss blind gewesen sein! Konnte der nicht sehen, dass wir auf der Straße standen? Er raste viel zu schnell auf der Straße und das Reh rutschte förmlich mit weit aufgerissenen Augen in seinen Kotflügel. Zum Glück hatte es sich nichts gebrochen!

Wir schlenderten für eine Weile durch den Ort auf der Suche nach Eiscreme und entdeckten zwischen ein paar Häusern eine Reh-Mammi mit drei sehr jungen Rehkitzen. Die hatten sogar noch die weißen Flecken im Fell und hüpften fröhlich über den Rasen. Eines hatte sich an einer Häuserwand neben einem Kajak hingelegt und schaute uns mit großen Augen an. So süß! Wir verbrachten gut eine Stunde mit der Beobachtung der Kleinen.

Am nächsten morgen sind wir früh aufgestanden und haben eine der wohl spektakulärsten Tageswanderungen im Waterton National Park gemacht. Wir fuhren zum Cameron Lake und wanderten dann den Carthew-Alderson Trail entlang. Den kompletten Trail (18km) kann man machen, indem man von Waterton einen Shuttle-Bus (kostet 15 Can$ pro Person) zum Cameron Lake nimmt und dann den Trail zurück zur Waterton Townsite läuft. Wir entschlossen uns jedoch vom Cameron Lake aus über den Gipfel bis zu den Carthew Lakes und dann wieder zurück zu laufen. Insgesamt waren das 19km und es mussten über 100% Höhenmeter bewältigt werden.

Vom Cameron Lake aus ging es zunächst im Zick-Zack den steilen Anstieg hoch. Wir benötigten knappe 1,5 Stunden bis zum Summit Lake und dachten wir hätten das Gröbste überstanden. Aber der Summit Lake liegt nicht auf dem Gipfel sondern gut eine Stunde weiter unten.

Wir ließen irgendwann die Baumgrenze hinter uns und stapften durch den Schotter in der gleißenden Sonne dem Gipfel entgegen. Auf dem Weg trafen wir eine Deutsche Familie mit Baby. Die hatten ebenfalls gehofft, dass man vom Summit Lake aus bereits einen Traumblick über die Berge hat. Mit dem Baby war es ihnen nicht möglich ganz bis auf den Gipfel rauf zu laufen und so kehrten sie enttäuscht wieder um. Wir versprachen aber per Email ein Foto vom Gipfel zu schicken.

Kurz unterhalb des Gipfels wurde es dann richtig steil. Nach dem Motto ein Schritt vor und zwei Schritte zurück quälten wir uns die letzten Meter hoch. Aber der sensationelle 360°-Blick entschädigte für die Strapazen. Wir entdeckten zwischen den zackigen Berghängen bunte Gletscherseen in Türkis und Azurblau. Überall lagen noch Schneefelder und man sah ein Meer an Wildblumen auf dem Boden.

Direkt auf dem Grat wehte uns ein heftiger Wind um die Ohren und wir mussten erst einmal unsere Fleecejacken anziehen. Unsere Schweißgetränkten T-Shirts waren urplötzlich eiskalt auf der Haut. Wir liefen zu den Carthew Lakes runter, machten dort ein paar Fotos und stapften wieder zum Gipfel hoch. Auf dem schmalen Grat entlang ging es zu einer Plattform von der ihr den Blick über die Berge in die USA bewundern konnten.

Glücklich und etwas erschöpft erreichten wir nach 6 Stunden wandern wieder unseren Winnie. Auf dem Rückweg nach Waterton wurde uns dann aber noch ein weiteres Highlight geboten. Ein Grizzly Baby lief direkt vor uns über die Straße. Wir machten eine Vollbremsung und verfolgten das Kleine mit den Augen in die Büsche. Mutti muss ganz in der Nähe gewesen sein, aber wir sahen sie im dicken Gebüsch nicht. Das Kleine stellte sich aber extra für uns mal eben auf die Hinterbeine - leider blieb keine Zeit für ein Foto.

Endlich, endlich hatten wir einen Grizzly Bären gesehen! Was für ein perfekter Tag!

Auf dem Waterton Campingplatz durften wir kostenlos duschen und gönnten uns anschließend eine super leckere Pizza. Die Nächte verbrachten wir kurz außerhalb des Parks auf einem Rastplatz mit tollem Blick auf den Waterton National Park. Hier fuhr nachts nicht ein Auto lang und es war herrlich ruhig!

Am nächsten Tag folgte eine 13km lange Wanderung zum Bertha Lake. Nach gut einer Stunde am Waterton See entlang ging es dann erneut steil bergauf. Diverse Wanderer erzählten uns von einer Grizzly Mutter mit ihren drei Jungen, die sich beim Bertha Lake im Schnee suhlten. Wir legten einen Zacken zu, hatten aber wie immer Pech - als wir dort ankamen waren sie schon weg.

Wir holten unser Mittagessen raus, konnten das aber aufgrund der vielen Stechfliegen nicht in Ruhe genießen. Die Biester sind 1cm groß und beißen selbst durch die Hosen durch. Kirsten wurde mal kurz zur Massenmörderin! Wir lieben die Natur, aber manche Lebewesen sind eine Plage!

Der Tag wurde immer heißer und schwüler und Winnie war ein Glutofen als wir zurückkehrten. Helen verbrannte sich sogar die Finger an einem der Bärensicheren Müllcontainer, um eine von ihr aufgesammelte Cola-Dose zu entsorgen. Die Metallöffnung war glühend heiß und hinterließ eine schmerzhafte Blase auf Helens Finger. Können die Leute ihren Müll nicht selbst wegschmeißen?

Völlig durchgeschwitzt genossen wir erneut eine kostenlose Dusche auf dem Campingplatz und kauften uns zur weiteren Abkühlung danach erst einmal ein ganzes Kilo Eiscreme. Half Wunder! Zum Abend hin besuchten wir dann noch das berühmte Prince Of Whales Hotel. Es steht auf einem Grashügel oberhalb der Townsite und von dort aus hat man einen fantastischen Blick auf den Waterton Lake.

Gebaut wurde es 1927 wie das Many Glacier Hotel von der Great Northern Railroad. Benannt wurde es nach King Edward VIII, der zu dieser Zeit noch Prince of Whales war. Die Zimmerpreise starten heute bei 265 Can$ in der Hochsaison! Drinnen ist vieles im Englischen Stil gebaut, das Restaurant Menü ließ Helens Mund wässrig laufen und die Kellner liefen im Schotten-Look rum.

Um 19 Uhr verabschiedeten wir uns dann vom Waterton National Park und machten uns in Richtung Fort Macleod auf. Auf dem Weg schauten wir uns noch schnell den Mormonentempel in Cardston an. Hier wurden draußen gerade Hochzeitsfotos gemacht und wir mussten eine Weile warten. Ein alter Mann und eine alte Frau im Sonntagszwirn mussten bis 21 Uhr im Visitor Center den Besuchern dienen - ein aufopfernder Service für ihre Kirche.

Wir stellten uns kurz nach Sonnenuntergang auf einen Supermarkt Parkplatz in Fort Macleod und konnten kurze Zeit später aus unserem Fenster beobachten, wie ein Polizist von einem Täter angegriffen wurde. Dieser landete dann aber in Handschellen im Polizeifahrzeug und der Polizist vernahm anschließend einen Zeugen. Wir hofften, dass wir hier einigermaßen sicher standen - waren aber einfach zu müde, um noch woanders hinzufahren.

Die Nacht war aber ruhig und wir sahen uns am nächsten morgen noch schnell den "Musical Ride" in der alten Festung der Mounties (das sind in Kanada die berühmten Polizisten in ihren roten Uniformen) an. Acht Reiter und Pferde zeigten zu Musik gut 20 Minuten lang diverse Formationen. Wir beobachteten das ganze kostenlos von draußen durch den Maschendrahtzaun und machten uns dann auf den Weg nach Calgary.