27.08.-02.09.2007: Kluane Lake - Whitehorse - Five Finger Rapids - Dawson City
Am nächsten Tag fuhren wir nördlich von Haines Junction den Alaska Highway entlang und schafften es gerade noch vor 16 Uhr zum Dhal Sheep Visitor Centre zu kommen.
Hier am berühmten Sheep Mountain konnte man mit dem Fernglas die schneeweißen Bergschafe mit ihren geschwungenen Hörnern beobachten. Die Rangerin erzählte uns, dass sich in dieser
Gegend bis zu 200 dieser Schafe aufhalten. Im Sommer findet man sie weiter oben auf den Hängen, im Winter kommen sie runter ins Flachland, um ihr Essen nahe der Flussläufe zu finden.
Für die Nacht fanden wir einen traumhaften Platz am riesigen Kluane Lake - den größten See im Yukon. Wir gingen ausnahmsweise mal früh ins Bett und stellten uns den Wecker
auf 2 Uhr morgens, denn heute Nacht war die Nacht der Nächte mit der totalen Mondfinsternis. Und wie bestellt war der Himmel sternenklar. Wir sahen den Orange-farbigen Ball gegen 20 Uhr
über den Bergen aufgehen.
Um 2 Uhr war es dann soweit - der Erdschatten bewegte sich langsam von oben links weiter nach rechts über den Mond. Bei der totalen Mondfinsternis schiebt sich die Erde
zwischen Sonne und Mond - alle drei Himmelskörper liegen auf einer geraden Linie. Zur exakt gleichen Zeit sahen wir direkt über dem Kluane Lake und in entgegen gesetzter Richtung zur Mondfinsternis eine
gigantische Aurora Borealis über den Himmel zucken. So etwas hatten wir bis dato noch nie gesehen! Wahnsinn! Wir wussten gar nicht, wo wir zuerst hinschauen sollten.
Die totale Mondfinsternis konnte man nur im Westen von Kanada und Alaska beobachten. Die Aurora zuckte und schlängelte sich in wunderschönen grünen Farbbändern über den Himmel und spiegelte sich im See.
Als sich die Aurora direkt über uns hinwegbewegte, haben wir versucht das mit der Videokamera festzuhalten.
Neben Grün waren auch die Farben Weiß und Lila zu sehen.
Um 2.52 Uhr hatte sich der Mond total verdunkelt und leuchtete nur noch in einem dunklen Orange. Wir sind dann gegen 3.30 Uhr ins Bett gegangen - die Mondfinsternis ist erst um 4.22 Uhr beendet gewesen, aber so lange wollten wir in der
Kälte nicht warten.
Entsprechend spät sind wir dann am nächsten Tag aufgestanden. Wir waren immer noch ganz aufgeregt von den fantastischen Himmelsereignissen der Nacht. Allein dafür hatte sich der lange Trip in den Yukon gelohnt!
Wir waren täglich auf der Hut nach Grizzly Bären. Diese sollte es hier im Kluane National Park mehr geben, als irgendwo anders in Nordamerika. Wir hatten die Nacht nur einen Kilometer von einem Campground verbracht, der erst vor 2 Wochen wegen
fünf Grizzly Bären geschlossen worden war, die sich hier die Bäuche mit roten Beeren voll stopften. Aber irgendwie hatten wir nie das Glück Grizzlies zu sehen - stattdessen studierten wir mit Interesse deren Kot. Bären sind Allesfresser, ernähren sich aber
überwiegend vegetarisch. Man kann sich kaum vorstellen, wie viele Beeren die pro Tag essen müssen, um ihren Körper bis zum Winter richtig fett zu kriegen.
Wir fuhren weiter nördlich und hielten in Burwash Landing an. Hier leben 84 Menschen und man sieht die "Größte Goldgräberpfanne der Welt" - dieses Mal lohnte sich ein Foto. 1999 war es hier zu einem riesigen Waldbrand gekommen. Jemand hatte Müll verbrannt und die
Funken waren auf die umliegende Vegetation übergesprungen. Der Brand geriet total aus der Kontrolle und vernichtet u.a. 5 Häuser in Burwash Landing.
Eine Stunde später fuhren wir über die längste Brücke im Yukon - die Donjek River Bridge. Nebenan wurde schon eine neuere und kleinere Brücke gebaut. In einem Monat sollte die alte Brücke abgerissen werden. Kirsten machte sich zu Fuß auf die Brücke und schoss ein paar
Fotos vom ausgetrockneten Flussbett.
Noch weiter nördlich befand sich die Grenze nach Alaska und da wir dort dieses Mal nicht hinwollten (die Zeit war einfach schon zu spät dafür), hieß es für uns umdrehen. Wir verbrachten erneut die Nacht am Kluane Lake - leider ohne Polarlicht (der Himmel war bewölkt), dafür aber
mit einer sehr schönen Spiegelung im See.
Am nächsten Tag ging es zurück nach Whitehorse. Es regnete den ganzen Tag in Strömen - ab und zu kam mal ein wunderschöner Regenbogen zum Vorschein. In Whitehorse machten wir bei Wal-Mart einen Ölwechsel, stockten unsere Vorräte auf und gönnten uns erneut eine 1$-Dusche auf dem
Campingplatz. Dann führte unser Weg über den Klondike Highway in Richtung Dawson City.
Der Himmel klarte sich auf und wir fanden einen sehr schönen Stellplatz für die Nacht bei den Five Finger Rapids - einer berühmten Stromschnelle des Yukon Rivers. Wir trafen Ray aus Florida. Dieser war mit seinem 5th-Wheeler und einer gigantischen Kameraausrüstung seit 9 Monaten unterwegs.
Er kam gerade aus Alaska, hatte aber bis dato noch keine Aurora Borealis gesehen. Wir wollten gerade um Mitternacht ins Bett gehen, als sich die ersten Polarlichter am Himmel blicken ließen. Kirsten klopfte bei Ray an die Tür und holte diesen aus dem Schlaf, aber er war nicht sauer, denn
wir sollten in den nächsten 2 Stunden erneut eine gigantische Aurora zu sehen bekommen.
Am nächsten morgen sind wir dann bei strahlendem Sonnenschein zu den Stromschnellen hinunter gelaufen - 200 Treppenstufen runter und gut 1,5km durch den Wald. Wir waren gerade bei den Stromschnellen angekommen, als vier voll gepackte Kanus dort hindurch fuhren - keine leichte Navigation im aufgewühlten
Wasser und an den steilen Felsen vorbei! Uns ging auf dem Rückweg ganz schön die Pumpe und die 200 Stufen ließen die Knie wackelig werden. Wir waren in den letzten Wochen mehr gefahren als gelaufen und unsere Kondition war weg.
Ray zeigte uns anschließend seine Fotos vom Dempster Highway. Wir waren immer noch am debattieren, ob wir Winnie die Strapazen auf der Schotterstraße zumuten sollten, aber nachdem wir Rays Fotos gesehen hatten, wussten wir, dass wir das auch machen mussten.
Unser Weg führte zunächst aber nach Dawson City. Was hatte man im Vorfeld nicht schon alles über diese Stadt gehört! 1896 entdeckten drei Goldsucher in einem Seitenbach des Klondike Rivers grobkörniges Gold und lösten damit einen gigantischen Goldrausch zum Klondike River aus. Innerhalb weniger Tage war
der gesamte Bachlauf abgesteckt und die mühsame Arbeit begann. Der Dauerfrostboden wurde mit Holzfeuern aufgetaut und abgetragen. Im tiefsten Winter schmolzen die Goldgräber Schächte in den gefrorenen Boden. Erst im nächsten Sommer, als die Temperaturen das Wasser wieder fließen ließen und das Goldwaschen möglich machte,
sollten sie herausfinden, welche Unmengen von Gold sie ans Tageslicht befördert hatten.
Am 17. Juli 1897 gingen 68 in Lumpen gekleidete Goldsucher in Seattle von Bord eines kleinen Dampfschiffes. Zusammen waren sie im Besitz von einer Tonne Gold! Damit begann die erste große "Invasion" Alaskas und des Yukons. 100.000 Abenteurer, Träumer und hoffnungsvolle Goldsucher machten sich auf den Weg. Nach einer siebenmonatigen, qualvollen Anreise ließen die Horden
die Bevölkerungszahl von Dawson City auf 30.000 ansteigen und machten die Stadt zur größten Ansiedlung westlich von Winnipeg und nördlich von San Francisco.
Über 100 Jahre später (mit nur noch 1900 ständigen Bewohnern) ist dieser Flair immer noch zu spüren. Die Stadt ist überseht mit historischen Gebäuden und hat einfach Charme. Hier ist einfach immer was los und wir sollten das in den nächsten Tagen voll genießen können.
Wir kamen nach einem langen Fahrtag erst um 20 Uhr dort an und gönnten uns ein griechisches Take-Out. Hmmmm ... lecker ... Knobi pur! Mit vollem Magen liefen wir dann zum Dawson City Hotel rüber. Hier steht jeden Abend zur "Happy Hour" der berühmte "Sourtoe Cocktail" auf der Getränkekarte. Dabei handelt es sich um einen
schrumpeligen, in Alkohol eingelegten menschlichen Zeh. Für "nur" 5$ kann man sich diesen toten Zeh in seinen vorher gekauften Whiskey legen lassen, um diesen dann ex hinunter zu schlucken ... Nicht den Zeh! Nur den Whiskey natürlich! Anschließend erhält man von Captain Bill sein Zertifikat und wird offiziell in das "Sourtoe Verzeichnis" aufgenommen. Die Alterspanne der Sourtoe-Mitgliedschaft reicht von 6 Monaten (vermutlich wurde der
Zeh mit der Muttermilch verabreicht ... Kotz! Würg!) bis 91 Jahren (der merkte wahrscheinlich eh nichts mehr!). Das Ganze wurde 1973 von Captain Bill Holmes ins Leben berufen und die Mitgliederzahl liegt bei über 65.000 Verrückten. Man rechne sich mal den Umsatz aus!
Uns kam beim Zugucken aber fast unser Essen wieder hoch. Der "Captain" hatte sich vermutlich 4 Wochen lang nicht gewaschen und stank zum Himmel - wie ein Penner auf der Straße. Er legte den Zeh in einen Haufen von Salz, ließ ein paar Sprüche ab und versenkte den Zeh dann im Whiskeyglas. Der eh schon besoffene "Mutige Trinker"
nahm seinen Schluck, bekam die Flosse vom Captain gedrückt und anschließend seinen Eintrag ins Verzeichnis.
Der Zeh an sich sieht schon ekelhaft aus, aber was uns wirklich fast den Magen umdrehen ließ, war die Tatsache, dass der Captain anschließend den Zeh aus dem leeren Glas rausholte und dann in ein wirklich ekelhaftes Taschentuch wickelte! Man kann nur
hoffen, dass der Whiskey sämtliche Bakterien abtötet! Der Captain erzählte uns jedenfalls stolz, dass es sich hierbei um einen echten menschlichen Zeh handelt, der letztes Jahr bei einem Rasenmäherunfall abgetrennt wurde. Noch Fragen?
Am nächsten Tag fand dann das "Internationale Scheißhaus Rennen" statt. Sieben Teams kreierten ihr eigenes Scheißhaus, einen Slogan oder Song und die Kostüme. Pro Team gab es vier Renner und ein Scheißhaus-Sitzer. Vor dem Start wurde jedes Team neben dem berühmten Diamond Tooth Gertie´s Casino vorgestellt und von Punktrichtern nach Aussehen und Kreativität bewertet. Um 14.00 Uhr ertönte dann der Startschuss und die
Teams rannten samt Scheißhaus auf eine ca. 3km lange Strecke durch Dawson City. An mehreren Stellen mussten sie Aufgaben erledigen á la Schnitzeljagd.
Von Anfang an war klar, wer unbedingt gewinnen wollte. Die fitten "Blue Angels" (5 Cancan-Girls aus dem Casino, die jede Nacht dreimal auftreten) stürmten allen anderen davon - gefolgt vom "A-Team" des Visitor Centers und den "Vikings" - einer internationalen Gruppe von Männern, die eine "entführte" Chinesin auf der Brille sitzen hatten. Die anderen vier Teams agierten nach dem Motto "Dabei sein ist alles" und machten sich gemütlichen Schrittes durch die Stadt.
Bei strahlenden Sonnenschein machte das richtig Spaß zuzuschauen. Wir feierten jedes Team beim Einlauf - die Blue Angels siegten in nur 15 Minuten und schwitzten nicht einmal!!! "The Royal Flush" mit der "Queen Crapper" auf dem Klo wurden letzter in schlappen 45 Minuten.
Die Siegerehrung fand anschließend um 15.00 Uhr im Casino statt. Es gab diverse Preise. Die Blue Angels waren nicht nur Sieger des Rennens, sondern gewannen auch den Preis für den besten Slogan/Song.
Sie bekamen 150 $ und eine "goldene" Klobrille inklusive Toilettenpapier als Trophäe. Als bestes Scheißhaus-Design wurde die rosa Pepto Bismol Flasche geehrt,
die Helen dann gleich mal ausprobieren musste. Ratet mal, wer schieben durfte?!
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir damit durch das bunte Dawson zu laufen, im Visitor Center ein paar alte Filme über den Goldrausch anzuschauen und wir machten eine kostenlose Hin- und Rückfahrt auf der Yukon-Fähre, die die Autos von Dawson City zum Top-Of-The-World-Highway bringt.
Und am Abend folgte dann natürlich die Cancan Show im Diamond Tooth Gertie's Casino. Pro Person zahlt man 6$ Eintritt (unsere Tickets galten auch noch für den nächsten Tag). Wir fanden einen kleinen Tisch auf der Balkon-Galerie und gönnten uns einen Hamburger und BBQ-Rib Burger. Unter uns waren sämtliche Spieltische und Einarmige Banditen im Gange und wir beobachteten die Gewinner und Verlierer des Tages.
Insgesamt treten Gertie (die Sängerin), Justin (der Sänger) und die vier Cancan Girls dreimal pro Nacht auf. Jede Show ist anders und dauert jeweils eine halbe Stunde. Trotz Scheißhaus-Rennen zeigten sich die Mädels in Form und steppten, tanzten, grätschten, was das Zeug hielt. Ratschlagen und Beine hoch ... aahhhh ... uns taten die Muskeln schon beim Zugucken weh! Wir machten später im Winnie ein paar Dehnübungen, bekamen die Beine aber nicht über
Kniehöhe in die Luft!