11.4.-31.5.2008: Huatabampito
Einen Tag nach Helens Geburtstag haben wir uns von Álamos verabschiedet und sind nach Huatabampito gefahren. Dieser kleine Ort liegt am Strand südwestlich von Navojoa. Für die nächsten 2 1/5 Monate sollten wir hier das Haus von einem Amerikanischen Pärchen einhüten.

House sitting war für uns eine neue Sache, wir wollten es einfach mal ausprobieren. Der Grund für diese Entscheidung war Kirstens Flug nach Deutschland im Juni. Wir brauchten einen sicheren Platz für Helen und Winnie in Mexiko. Da es zu dieser Zeit heiß und sehr schwül wird, suchten wir nach einer Bleibe mit Klimaanlage, denn in Winnie wäre es zu heiß geworden.

Wir waren angenehm überrascht von unserem neuen Zuhause. Ein sehr schönes Haus mit Garten direkt am Wasser. Die Besitzer sind selbst mit dem Wohnmobil unterwegs und kannten unsere Bedürfnisse genau. Da sie selbst noch vier Tage in Huatabampito waren, parkten wir Winnie geschützt vor der Garage mit Stromanschluss.

Außer uns war noch Esther da. Sie ist Amerikanerin, lebt aber seit 15 Jahren in Mexiko. Sie war erst vor ein paar Wochen von Álamos nach Huatabampito gezogen und sollte eigentlich Ende März eine Hüftoperation in den USA haben. Deshalb hatte man uns zusätzlich zum Hauseinhüten eingespannt, da nicht ganz klar war, wie lange sie in den USA verweilen würde. Aber aufgrund von Komplikationen fand ihre Operation gar nicht statt und so waren wir alle drei vor Ort. Das war aber OK so, denn Esther wohnte in der kleinen Casita auf dem Gelände und wir sollten später in das große Haus einziehen. Im Gegenzug mussten wir lediglich die Blumen gießen, nachts die Außenbeleuchtung anmachen und ansonsten einfach durch Anwesendheit glänzen.

Esther hat ein paar Jahre lang in Álamos eine Pizzeria gehabt - sie stammt von Italienern ab. Wir hatten im Vorfeld viel von ihr gehört und konnten schon gleich am ersten Abend ihre köstlichen Pizzas genießen. Wir fanden einander spontan sympathisch und Coquetta - Esthers Pudel - rollte sich gleich auf den Rücken für eine Streicheleinheit.

Am Sonntag sind wir dann zusammen mit dem Mexikanischen Hausmanager Hector und den Besitzern Fisch essen gegangen. Da wir vorher noch nie in Huatabampito waren, machte Esther eine kleine Rundtour mit uns. Abends wehte dann ein fieser Sandsturm vom Inland her und alles wurde mit feinem rotem Sand zugedeckt.

Nachdem die Besitzer uns mit letzten Instruktionen und vielen Hundehaufen (sie hatten ebenfalls zwei Hunde) verlassen hatten, parkten wir Winnie um und Kirsten machte sich daran, das gesamte Grundstück vom Sand und Blättern zu befreien. Dafür gab es einen speziellen Staubsauger, der zum Gebläse umfunktioniert werden konnte.

Das Blasen hat einen ganzen Tag gedauert. Am Ende kamen ca. 6-8 m3 Sand zusammen und Kirsten sah aus wie Sau.

Zwei Tage später rollte der nächste Sandsturm an und Kirstens harte Arbeit war für die Katz. Okay, einmal und nie wieder!

Die Besitzer hatten uns eine Liste mit Namen von Mexikanern gegeben, die das Haus in ihrer Abwesenheit nutzen dürfen. Ihr eigenes Schlafzimmer war mit einem Schloss verriegelt, aber es gab im zweiten Stock noch drei weitere Schlafzimmer und ein Bad mit Dusche. Kaum waren sie weg, rollten schon die ersten Gäste an und nutzen die überdachte Grillecke für ein Carne Asado (Grillabend). Das ganze ging bis 2 Uhr morgens und am nächsten morgen dampften die jungen Leute dann wieder ab.

Der Grill sah aus wie Sau und Esther machte sich daran, die Kacheln vom Fett zu befreien. Uns persönlich wäre es egal gewesen, denn Helen grillt eh nicht gerne, aber Esther erwartete Freunde aus Álamos und Kirsten beschloss für Esther die Toilette neben der Grillecke zu säubern. Die Fensteröffnung hatte kein Glas und entsprechend viel Sand lag in der Toilette. Die Besitzer selbst nutzen diesen Bereich überhaupt nicht und seit zwei Jahren hatte niemand das Klo sauber gemacht!

Kirsten verschloss zunächst die Fensteröffnung mit Styropor, damit kein weiterer Sand reinkommen konnte. Nicht, dass der nächste Sandsturm die getane Arbeit erneut zunichte macht!

Dann nahm sie den Gartenschlauch und spritzte Wände, Armaturen und Fußboden ab. Eine nette braune Brühe lief aus der Tür raus. Na ja, was tut man nicht alles aus Nettigkeit. Nach drei Stunden war die Toilette sauber.

Wenn man erst mal am Schruppen ist, kann man nicht wieder aufhören. Warum ist das bloß so? Anyway, Esthers nächste Aufgabe war das Reinigen der Garage. Auf dem Fußboden stapelten sich alte Kacheln, Farbtöpfe, Ventilatoren, und unsortierter Kleinkram aller Art. Esther nahm die beiden Metallregale aus der Waschküche raus, spritzte die verrosteten Teile mit roter Farbe an und fing an den gesamten Krimskrams zu sortieren. Kirsten half ihr dabei alles vor die Garagetore zu tragen und dann saugten und schruppten wir die gesamte Garage. Man hätte vom Fußboden essen können.

Esther räumte anschließend dann alles wieder sortiert in die Garage, Tom, ein Nachbar bohrte uns ein paar Haken für die Leitern an die Wand und wir fuhren mit Esthers Auto zur Müllabfuhr. In Huatabampito gibt es keine reguläre Müllabholung. Man muss diesen selbst mit dem Auto zu dem ca. 20km entfernten Müllberg bringen. Das erste Mal waren wir mit Winnie da, um nur den allgemeinen Hausmüll abzugeben. Wir mussten mit dem Wohnmobil auf eine Wiegerampe fahren, den Müll in einen nahe gelegenen Container schmeißen und beim raus fahren erneut auf die Waage. Die Differenz wird von einem Computer ermittelt und ab einem bestimmten Gewicht muss man bezahlen. Wir waren mit dem Müll deutlich drunter, konnten aber endlich mal wieder sehen, wie schwer unser Winnie eigentlich ist. Nach unserer großen Aufräumaktion in Reno und dem Verkauf des Kajaks wiegt er deutlich weniger und ist innerhalb des zugelassenen Gewichtes. Gut zu wissen!

Beim zweiten Mal waren wir dann aber mit Esthers Auto dort und die Ladefläche war voll mit dem Garagenschrott. Erneut mussten wir auf die Waage, aber der Container vom letzten Mal war weit und breit nicht zu sehen. Stattdessen mussten wir mit dem Auto direkt auf den Müllberg.

Es war ein heißer Tag und wir saßen im Auto mit der Klimaanlage an. Kirsten öffnete nichts ahnend die Tür und wäre bei dem Gestank fast umgefallen. Der Wind wehte direkt vom Müllberg her und es stank gewaltig nach totem Fisch. Kirsten fing sofort an zu würgen, selbst das reine Atmen durch den Mund half nichts. Der Geschmack von totem Fisch war nicht zu verhindern. Helen, die als Polizistin schon die ein oder andere verweste Leiche gerochen hatte, war da standfester. Schnell, schnell, lass uns die Sachen rausschmeißen und dann los, schrie sie Kirsten zu. Die machte drei Schritte um Helen zu helfen und brach dann mit Würgeanfall zusammen. Das Ganze hatte schon was Komisches und so bekamen wir beide einen tierischen Lachanfall. Kirsten liefen die Tränen vom Würgen und Lachen und das machte das Ganze nur noch schlimmer. Taumelnd packte sie mit an, aber Helen schleppte das meiste auf den Müll. Anschließend sprangen wir ins Auto, Türen zu, Klimaanlage auf voll, aber es dauerte eine ganze Weile bis der Gestank aus dem Auto, den Klamotten und vor allem von der Zunge verschwand.

Kirsten hatte Null Hunger anschließend beim Einkaufen und sie musste krampfhaft an was anderes denken, sonst hätte sie bei Ley´s noch zwischen den Regalen gekotzt.

Wo wir gerade von totem Fisch sprechen ... vor ein paar Tagen hatte Helen am Strand einen toten Seeelefanten gefunden. Nicht schön anzusehen! Einen Tag später wurde er weiter weg erneut an den Strand gespült. Inzwischen hatte sich der Wind gedreht und der Geruch war für die Bewohner der anderen Strandvillen unerträglich geworden.

Richtig nervig waren auch die vielen Mücken und No-Seems, die uns jeden Abend beim Wässern der Pflanzen zum Wahnsinn trieben. Tagsüber konnte man überhaupt nicht in aller Ruhe mal draußen die Sonne genießen - jedenfalls nicht auf unserem Grundstück. Bei Helens 3-stündigem Strandspaziergang war es aufgrund der leichten Brise weniger problematisch, kaum lief sie aber schweißgebadet durchs Tor, stürzten sich die Blutsauger auf sie.

Dafür konnten wir aber jeden Tag 5-6 Delphine im Wasser sehen. Wenn keine Brandung war, sprangen sie sogar und machten Saltos.

Kirsten nutzte die Zeit, um am Computer weiter an ihrem Foto/Informations-Projekt zu arbeiten. 8-10 Stunden täglich saß sie am Rechner und wurde immer blasser. Sie wollte unbedingt vor ihrer Abreise nach Deutschland noch alles fertig bekommen, aber wir hatten eine extrem langsame Internet-Verbindung im benachbarten Restaurant und die Recherche dauerte ewig.

Am 19. Mai wurde es uns dann wirklich zu heiß im Winnie. 40°C tagsüber und nachts nicht unter 30°C. Wir bezogen eines der Zimmer im Haus. Da es keine Gardinen gab, mussten ein paar Pappkartons herhalten, um das Zimmer abzudunkeln, denn Helen kann sonst nicht schlafen. Das Haus war angenehm kühl, wenn man tagsüber die Fenster geschlossen hielt. Wir mussten nicht einmal die Klimaanlage anmachen - nur ab und zu mal den Ventilator. Toll war für uns natürlich, dass wir eine große Küche zur Verfügung hatten. Alle 14 Tage fuhren wir Einkaufen und füllten den riesigen Kühlschrank und das Eisfach mit frischen Köstlichkeiten - darunter Vanilleeis. Das gab es fast jeden Abend mit Amaretto! Solchen Luxus haben wir normalerweise im Winnie natürlich nicht und die tägliche Dusche hatte auch etwas.

Dann hatten wir noch einen wirklich heftigen Sturm. Das Meerwasser kam bis zur Mauer hoch und drei Tage lang wehte es mit 80km/h vom Meer her. Winnie und unser neues Zuhause wurden mit Sand und Salz einpaniert und die Bäume und Blüten starben ab. Letztes Jahr war hier im Herbst ein Hurricane durchgezogen und noch immer sieht man am Strand zusammengefallene Häuser. Zum Glück lag unser Grundstück etwas höher und wir machten uns nicht wirklich Sorgen.

Nach dem Sturm ist Helen dann wieder am Strand entlang gegangen und der Sturm hatte fantastische Muscheln angespült. Sie kam mit einer großen, halboffenen Queens Clam (Königinnen-Muschel) zurück. Kirsten war so begeistert, dass sie Helen am nächsten Tag noch mal beauftragte mehr mitzubringen - das war doch ein tolles Geschenk für die Familie in Deutschland. Und so sammelte Helen fleißig Muscheln. Sie fand außerdem einen 50 Peso-Schein im Sand. Das sind immerhin fast 5 US$.

Am 28. Mai fuhren wir dann nach Ciudad Obregon. Kirsten ist am nächsten morgen nach Deutschland geflogen, um nicht nur ihre Familie und Freunde zu besuchen, sondern auch die Fußball-EM zu sehen. Da sich England dafür nicht qualifiziert hatte und Helen über Weihnachten ja gerade in England war, blieb sie in Mexiko, um auf Winnie und das Haus aufzupassen.