09. - 12.01.2014: Pushkar - Karni Mata Rat Temple - Bikaner

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Steintore

Do, 09.01.2014: Pushkar, sonnig, 21°C

Unsere Bettmatratzen sind aus Memory Foam und soooooo komfortabel! Wir haben geschlafen wie die Babys und mussten beide nachts die Toilette nicht aufsuchen. Scheinbar wirken die Tabletten. Gut!

Wir haben es heute gemütlich angehen lassen. Das Hotelfrühstück kurz vor 10 Uhr war so lala. Toast, Porridge, Bananen, Cornflakes, Joghurt, Marmelade und Butter. Ich versuchte anschließend ins Internet zu kommen, aber es war gerade Stromausfall im Hotel. Später ging es dann aber wieder. Noch gibt es keinen Emailbericht zu Helens Stuhlprobe.

Pushkar ist einer von fünf Pilgerstätten für sehr gläubige Hindus. Sehenswürdigkeiten sind der einzige Brahma-Tempel Indiens aus dem 14. Jahrhundert, die Ghats, rund 400 kleinere Tempel und der jährlich im November stattfindende Kamelmarkt, zu dem hunderttausende Menschen kommen. Der Kamelmarkt ist einer der größten weltweit.

Parhlad hat uns dann gegen 13 Uhr zum Brahma Tempel gefahren. Sofort stürzten sich die Männer mit ihren "Willkommens-Blüten" auf uns. "Please take flower and throw in Holy Lake." Ich steckte eine Blume ein mit dem Erfolg, das wir gleich von dem Mann verfolgt wurden. Lonely Planet warnt vor dieser Belästigung. Ich drückte dem jungen Mann die Blume wieder in die Hand und teilte ihm unmissverständlich mit, dass er uns nicht weiter verfolgt. Von da an war Ruhe!

Wir suchten uns einen ruhigen Zugang zum Heiligen See. Laut Legende entstand der See als Brahma die Blüten einer Lotusblüte an dieser Stelle fallen ließ. Er ist umringt von 52 Bade-Ghats, an denen Pilger ihr heiliges Bad nehmen. Hindus glauben sich hier von allen Sünden zu befreien, außerdem soll das heilige Wasser Hautkrankheiten heilen. Letztes dürfte bezweifelt werden, denn die Wasserqualität lässt wie überall in Indien zu wünschen übrig, aber angeblich unternimmt die Regierung hier Maßnahmen zur Beseitigung von Algen, Keimen und giftigen Ablagerungen.

Wir sahen heute Mittag nur eine Handvoll Leute im Wasser. Zwei ältere Damen wuschen sich direkt unterhalb von uns in einem abgegrenzten Pool neben dem See. Sie bedeckten sich mit einem großen Tuch, zogen dann ihre Straßenklamotten aus, und wickelten am Schluss besagtes Tuch um den Körper. Dann stiegen sie vorsichtig die Stufen runter ins Wasser. Das muss tierisch kalt gewesen sein, denn nachts gehen hier die Temperaturen auf ca. 7° C runter. Nachdem der erst Schock überwunden war, tauchten sie sich schnell ein paar Mal mit dem gesamten Körper unter. Bei der älteren Dame war das Tuch verrutscht und sie stand mit nacktem Busen im Wasser. Ein paar junge Männer gingen direkt an ihr vorbei, aber das störte niemanden. Aus einem Rohr neben den Stufen lief laufendes Wasser. Sauberes Trinkwasser? Wir wissen es nicht, aber die Damen wuschen sich anschließend noch einmal die Haare, das Gesicht und den Oberkörper. Dann zogen sie sich völlig ungeniert wieder an.

Schön, dass wir das in aller Ruhe mal ohne belästigt zu werden beobachten konnten. Gut, dass wir keine Hindus sind, denn die müssen mindestens einmal in ihrem Leben hierher pilgern. Ich würde mich an ihrer Stelle aber nicht im Winter hierher trauen, obwohl das Wasser vielleicht etwas sauberer ist, als in den heißen Sommermonaten.

Wir spazierten anschließend ganz gemütlich die Bazaarstraße entlang. Außer rasenden Motorrädern gab es hier keinen Verkehr. Rechts und links kleine Läden mit allem möglichen Schnick-Schnack. Ich habe mir in einem später noch ein Tuch zur Bedeckung des Kopfes in den Hindu-, Muslim- und Buddha-Tempeln gekauft.

Wir schauten uns einen Tempel an und gingen dann Mittagessen. Die Spinatsuppe mit Tofu und der anschließende Apfelstrudel waren lecker und taten unseren geschundenen Mägen gut. Ich wagte mich auch schon wieder an ein Lassi (Joghurt-Getränk). Hoffentlich bereue ich das nicht noch.

Wir sind nur halb um den See gelaufen, aber das reichte uns für heute. Auf dem Rückweg zum Brahma Tempel sahen wir ein Schwein auf der Straße, das buchstäblich Scheiße fraß. Ekelhaft! Was das mit Heiligtum zu tun hat, ist uns schleierhaft. Wir nennen das Tierquälerei! Schweine sind zwar Allesfresser, aber flüssige Kuhscheiße ... Oh, Gott!

Ich traf eine Italienerin, die um die Ghats gelaufen war. Sie ist den abzockenden Pseudo-Guides in die Finger gefallen und war um 1000 Rupien (12,50€) leichter. Wir kauften Schokolade und Haferkekse (morgen können wir auch die hoffentlich wieder genießen) bei einem jungen Mann, der uns sogar aus dem Hinterraum Helens geliebte Galaxy Schokolade brachte. Statt Plastiktüte bekamen wir einen bunten Seidenbeutel für unseren Einkauf. Wie nett! Ich gab ihm 20 Rupien extra dafür und er bedankte sich lächelnd bei mir. Es geht also auch einfach und unkompliziert in Indien. Kundenservice nennen wir so etwas. Wir kommen morgen noch mal wieder!

Beim Brahma Tempel blieben meine Schuhe und die Kameratasche bei Helen (beides nicht erlaubt!). Mein neues Kopftuch kam gleich zum Einsatz. Der heilige Brahma Tempel ist in einem tiefen Blau mit Roten Türmen gestrichen. Auf dem Gelände waren überall Marmortafeln mit Inschriften an den Wänden und Mauern angebracht. Es gab auch eine heilige Grotte. Hindus kaufen draußen Blüten und läuten drinnen dann die kleine Glocke vor dem Schrein. Nach dem Ablegen der Blüten und dem Gebet bekommen sie von einem Priester (?) eine Süßigkeit, die sie - wie die Christen das Abendmahl - zu sich nehmen. Interessant!

Wir riefen Pahrlad an und während wir auf ihn warteten stolzierten ein paar schwer beladene Kamele an uns vorbei. Eines zog einen Anhänger. Direkt vor uns verengte sich die eh schon schmale Straße ein wenig. Mitten an dieser Stelle trafen sich Kamelgespann und ein mit Zuckerrohr beladener Traktor. Nicht, dass Traktor mal darauf wartet, dass Kamel zuerst die enge Stelle passiert. Nein, stur wird in die schmale Lücke gefahren und schon stand alles still. Das arme Kamel wusste gar nicht, wohin es gehen sollte. Der Traktor quetschte sich Millimeter für Millimeter vor und sein Anhänger rammte das Gespann es Kamels. Das arme Kamel wurde durch den Aufprall fast umgeschmissen. Wieder so eine typisch Indische Situation, die uns richtig auf den Keks geht. Es wird hier einfach keine Rücksicht auf irgendetwas genommen. Ein Gehirn mit normalen Menschenverstand hat hier auch keiner! Und diese Idioten vermehren sich unaufhörlich. Wo geht die Menschheit mal hin? Erschreckend!

Wir gönnten uns eine kurze Pinkel- und Teepause im Hotel und dann fuhr uns Pahrlad zum Savitri Tempel. Vom Parkplatz führen Hunderte von Stufen auf den steilen Hügel. Oben thront der Tempel. Von dort aus soll man einen tollen Blick auf Pushkar und den Sonnenuntergang haben. Wir waren aber a) etwas spät dran und b) es war extrem diesig. Wir trafen ein Paar aus Australien auf deren Weg nach unten. Sie waren ganz oben gewesen und meinten, dass man auch weiter unten einen guten Blick auf Pushkar hat. Wir waren schon 242 Stufen (Helen hat sie später beim Abstieg gezählt) gelaufen und weitere 20 Minuten davon wollten wir uns nicht antun. Wir schafften es zu einer kleinen Plattform und schauten uns das kleine Pushkar (ca. 15.000 Einwohner, klein für Indien!) von oben an.

Kurz bevor wir wieder beim Parkplatz unten ankamen, fragte uns eine ganze Gruppe von lokalen Männern und Frauen, ob wir es bis nach oben geschafft haben. Ich sagte ihnen, dass wir 242 Stufen und keine mehr bewältigt haben. Sie lachten lauthals, als ich mir mit der Hand die Kehle schnitt und eine Grimasse zog.

Wir ließen uns anschließend von Pahrlad an einem Ghat absetzten und beobachteten, wie in der Stadt langsam die Lichter angingen. Kurz nach Sonnenuntergang hörten wir aus mehreren Ecken am Sees die Trommeln. Über Lautsprecher ertönte ein Gebet (wir dachten es sei Muslimisch, aber Pahrlad erzählte uns, dass es Hindu war) und wir sahen auf der anderen Seite des Sees mehrere Menschen, die Feuerschalen im Kreis bewegten. Niemand belästigte uns und wir genossen die anschließende Ruhe.

Kurz vor unserem Hotel gab es ein kleines Restaurant. Das Nature's Blessing ist laut Tripadvisor eines der besten in Pushkar. Wir waren die einzigen in dem kleine, aber sehr sauberen Restaurant. Der Besitzer ist auch der Koch. Er sprach hervorragendes Englisch und seine Speisekarte war außergewöhnlich. Ich bestellte gegrilltes Tofu in einer BBQ-Soße, mit Rosmarin-Kartoffelbrei und kurz angebratenen Gemüse. Helen hatte ein Thai Massaman Curry mit Gemüse und einem braunen Basmatireis. Alles wurde ganz frisch zubereitet und dann wunderbar bunt auf dem Teller präsentiert. Sehr lecker und mit 2,50€ pro Gericht sehr günstig. Wir nahmen noch den frischgebackenen Blaubeer-Käsekuchen und ein Schokoladen-Mousse mit.

Fr, 10.01.2014: Pushkar, sonnig mit Schleierwolken, windig, 17°C

Ich hatte mir für heute morgen den Wecker auf 7.15 Uhr gestellt. Pahrlad hat mich um 8 Uhr nach Ajmer gefahren, damit ich mir die Dargah Sharif Moschee angucken kann. Sie ist nach Mecca der zweitbedeutendste Pilgerort in der Welt für Muslims. Helen wollte sich heute morgen lieber entspannen und blieb im Hotel.

Ajmer liegt 11km östlich von Pushkar und die Fahrt über die Dörfer dauert eine halbe Stunde. Rund um die Moschee sind die Straßen extrem winkelig und eng und Pahrlad parkte das Auto etwa 5 Minuten von der Moschee entfernt. Da ich diese nicht ohne männliche Begleitung betreten durfte, spielte Pahrlad meinen "Ehemann". Total süß von ihm! Wir mussten draußen die Schuhe ausziehen. Pahrlad knüpfte sich ein Tuch um den Kopf, ich wickelte mich in meinen neuen Schal.

Ich hatte einen riesigen Kuppelbau erwartet oder vielleicht etwas ähnliches wie Mecca, aber hier war die Moschee fast eine Mischung aus Hindu-Tempel und Moschee. Es ging durch das hohe und geschmückte Eingangstor (Nizam Gate). Rechts und links waren Blumenstände und die Grün-Weiße Akbari Moschee (erbaut) 1571). Dann folgte ein weiteres Tor (Shahjahani Gate) mit sehr schönen Silbertüren. Frauen und Männer lehnten ihre Stirn dagegen oder strichen mit den Händen über die Tür. Pahrlad (er ist Hindu) berührte den Boden und legte die Hände zu einem Gebet zusammen. Ich habe ihn später gefragt, ob es ihm unangenehm ist als Hindu in eine Moschee zu gehen. Aber er verneinte. Viele Hindus besuchen Moscheen und auch umgekehrt gehen Muslims hier in Indien zu Hindu Tempeln.

Im Inneren der Anlage gab es mehrere Gebäude. Rechts und links hinter dem Shahjahani Gate gibt es hohe, überdachte Podeste auf denen jeweils ein riesiger halbkugelförmigen Kessel (3m Durchmesser, 1567 und 1631 gespendet von Akbar und Jehangir) steht. Hier werfen Gläubige neben Geld auch Getreide- und Reisbeutel rein. Diese Gaben sind eine Essensspende an die Armen. Nebenan standen riesige, leere Metallcontainer, aus denen offensichtlich morgens das Essen für die Armen serviert wird.

Der heilige Schrein (Chisti's Tomb) ist hier in einem kleinen Marmor-Kuppelbau untergebracht. Pilger aus aller Welt kommen jährlich zum Todestag (7ter Monat im Mondkalender) des Heiligen hierher. Der Geschichte nach zog sich der Heilige zu einer langen Meditation in sein Kloster zurück. Als es sechs Tage später geöffnet wurde, lag der Heilige tot auf dem Boden (das Todesfestival dauert entsprechend sechs Tage lang).

Ich lief immer einen Schritt hinter Pahrlad und am Eingang zum Schrein standen drei Männer (ihre Kleidung erinnerte an die Orthodoxen Priester in Russland) mit langen Wedeln. Pahrlad neigte seinen Kopf und die drei Männer "reinigten" sein Haupt mit den Wedeln. Anschließend wurde um eine Spende gebeten. Ich folgte dem Ritual.

Das Grab ist umgeben von einer silbernen Plattform und mit einer samtenen Decke bedeckt. Ich musste mich so auf das Ritual in diesem kleinen Raum konzentrieren, dass ich mich gar nicht mehr an die genauen Details dieser heiligen Stätte erinnern kann. Pahrlad und ich wurden an das Grab geführt, ich musste rechts von ihm stehen, und dann legte man uns eine Ecke der Grabdecke über die gesenkten Häupter. Ich hörte nur Gemurmel, nehme also an, dass für uns ein Gebet gesprochen wurde. Dann wurden wir wieder raus geleitet. Ich warf noch einen schnellen Blick an die Decke. Dort hing eine Art Rote Samtgardine. Sie erinnerte mich an die Decke in einem Beduinenzelt.

Draußen saßen die Qawwali Sänger und sangen Lieder zur Verehrung des Heiligen. Der Kuppelbau des Schrein ist umgeben von Marmorzäunen. Hier saßen Pilger auf dem Boden und drückten ihre Trauer über das Versterben des Heiligen aus. Rote Bänder waren an den Zaun befestigt.

Gegenüber lag eine große Gebetshalle. Sie war im Moment leer, da wir zwischen dem Morgen- und dem Mittagsgebet hier waren. Pahrlad hatte mich gestern darauf aufmerksam gemacht, dass das die beste Zeit ist, um die Muslims nicht bei einem ihrer Gebete zu stören. Ich war Pahrlad sehr dankbar. Er gab hier und da die erwartete Spende (von Frauen wird das nicht verlangt) und zahlte auch den Schuhaufpasser am Eingang. Natürlich wollte ich nicht, dass das aus seiner Tasche bezahlt wird, er hatte mir schon einen großen Gefallen getan mitzukommen, und so habe ich ihm anschließend das Geld inklusive Parkgebühren zurück bezahlt.

Auf dem Rückweg zum Auto hatte ich dann etwas Zeit das Straßengeschehen zu beobachten. Die engen Gassen hätten auch im Mittleren Osten sein können. Pahrlad erklärte mir, dass Hindus, im Gegensatz zu Muslims, in einem Umkreis von 1km um die Tempel kein Fleisch anbieten dürfen. Hier hing das Rind- und Schafsfleisch an großen Haken.

Ein wirklich interessanter Ausflug. Ich finde es faszinierend, wie zwei sehr heilige Pilgerstätten (Hinduistischer Brahma Tempel und See in Pushkar und die muslimische Dargah Sharif Moschee in Ajmer) so dicht beieinander liegen können, ohne das es Religionskriege oder Probleme gibt. Toll, dass es hier so eine Akzeptanz zwischen den Religionen gibt. Das gilt übrigens für fast Indien. Nur die umstrittene Kashmir Region im Norden an der Grenze zu Pakistan ist nach wie vor politisch umstritten.

Wir sind zum Mittagessen noch einmal ins Nature's Blessing Restaurant gegangen. Erneut waren wir die einzigen und erneut war das Essen unglaublich interessant und fantastisch. Helen hatte ein super Müsli mit Nüssen und Früchten in Joghurt und Honig, ich bestellte das getoastete Vollkorn und Buchweizenbrot mit Gouda Käse, Spinat, Sprossen und Rote Bete. Was dann aus der Küche ganz frisch zubereitet kam ist kaum zu beschreiben. Einfach mal oben das Foto anschauen.

Wir kamen anschließend ins Gespräch mit dem Koch/Besitzer und erfuhren sehr viel Wissenswertes. Das Restaurant hatte erst vor sechs Wochen aufgemacht und da es so weit außerhalb des Stadtkerns lag, kennen es nur ein paar Eingefleischte durch die tollen Tripadvisor Empfehlungen (darüber hatten ja auch wir es gefunden). Er erklärte uns, dass er Jahrzehntelang in Hotels in vielen Teilen Indiens gearbeitet hatte und all seine Erfahrung nun in dieses kleine, aber ganz besondere, Restaurant steckt. Das merkte man auch ganz deutlich. Seine Schwester (hat lange in Irland gelebt) leitet das Honey & Spice Restaurant in der Bazaarstraße von Pushkar. Lustigerweise waren wir dort gestern Mittag essen. Was für ein Zufall! Da gehen wir in nur zwei Restaurants (mal abgesehen von unserem Hotel) in Pushkar und dann gehören die zu einer Familie.

Wir unterhielten uns über eine Stunde lang mit ihm über Ernährungsweisen auf der ganzen Welt, die Umweltverschmutzung in Indien - die ja im totalen Kontrast zu dem gesunden Essen hier steht - und vieles mehr. Seine 12-jährige Tochter verfolgte fasziniert das Gespräch. Sie spricht offensichtlich hervorragend Englisch und lachte herzlich über unsere kleinen Scherzchen zwischendrin.

Ich erwähnte das arme Schwein von gestern, dass die flüssige Kuhscheiße fraß und er erklärte uns, dass Kuhscheiße in Indien als sehr wertvoll angesehen wird. Die Kuh verdaut nämlich nur 50% des Essens. Die Nahrung passiert mehrere Mägen und wird durch Enzyme und sonstiges angereichert und hinten kommt dann tatsächlich wieder etwas sehr nahrhaftes raus. Ich machte den Scherz, dass ich von nun an nur noch Kuhscheiße esse und die beiden lachten! Wir erfuhren aber, dass Tiere, wenn sie krank sind, genau wissen, was sie essen müssen, um diese Krankheit auszutreiben. Hunde essen manchmal Gras und Schweine eben manchmal Kuhscheiße. Vielleicht hatte die arme Sau von gestern was. Hah, wer hätte das gedacht?

Er sagte außerdem, dass man bei einer Grippe oder einem Schnupfen und am besten gar nicht in kalten Monaten Joghurt zu sich nehmen soll. Das verstärkt nämlich oder führt zu einer Erkältung. Zitronentee (den trinke ich ja immer) ist sehr gesund. Er gab mir den Tipp frischen Ingwer hinzuzufügen, dass beugt fast allen Krankheiten vor. Hat man eine Erkältung hilft zerdrückter Ingwer mit Honig und frisch gemahlenen Schwarzen Pfeffer. Ein Teelöffel vor dem Abendessen reicht! Super Tipps, oder? Ich fragte ihn, woher er das alles weiß und er sagte, dass diese Informationen von Generation zu Generation in seiner Familie weiter gegeben wurden und werden. Tabletten schlucken tut hier in Indien kaum einer.

Schade, dass wir morgen schon wieder abreisen. Hier hätten wir noch Tage lang essen können. Natürlich verließen wir das Restaurant nicht ohne noch drei Stücken Dattel-Walnuss-Schoko-Kuchen und drei Stücken Blaubeer-Käsekuchen mitzunehmen. Proviant für uns und Pahrlad für den morgigen langen Fahrtag nach Bikaner.

Wir machten eine Stunde Pause und dann fuhr uns Pahrlad zum Gurudwara Sikh Tempel. Er lag unweit vom Hotel und ist komplett aus weißem Marmor gestaltet. Wir dachten gestern eigentlich es handelt sich hier um eine Moschee, aber es gibt in Pushkar keine Muslims. Ich zog mir mal wieder die Schuhe und leider auch die Socken (waren im Tempel nicht erlaubt) aus. Mit Kopftuchbedeckung musste ich vor dem Tor meine Füße in eiskaltes Wasser zur "Reinigung" tauchen. Die habe ich anschließend im Hotel erst einmal desinfiziert!

Im Inneren war der Sikh Tempel sehr schlicht. In der Mitte thronte ein Marmorschrein (erinnerte an ein Himmelbett), ansonsten nackte Wände, Decken und Fußboden. Gläubige gab es zu dieser Tageszeit nicht. Fotografieren war hier verboten.

Vorm Hotel lagen eine ganze Reihe an Kamelen und warteten auf die nächste Reisegruppe. Wir beobachteten, wie die jungen Leute (mit traditionellen Kostümen ausgestattet) die Kamele bestiegen. AUA! Gut, dass wir kein Mann sind. Man muss sich weit zurücklehnen, wenn das Kamel zunächst mit den Hinterbeinen hoch kommt, sonst fällt man gleich aus dem Sattel. Das selbe gilt, wenn die Vorderbeine gestreckt werden. Na, wir werden das in Jaisalmer ja auch erleben!

Mein Magen fing am späten Nachmittag wieder an weh zu tun. Schwer lag mir das Mittagessen im Magen - wie ein Stein. Ich konnte nicht einmal zum Abendessen gehen und Helen holte sich eine Fuhre Pommes. Mitten in der Nacht ging dann das Kotzen und der Durchfall wieder los. Helen hat es gar nicht mitbekommen. Ich musste mindestens fünf Mal zum Klo rennen. Fast unverdaut kam oben das Mittagessen wieder raus. Die Tabletten gegen den E-Coli Befall haben entweder nicht voll gewirkt oder alle guten Bakterien in meinem Magen gleich mit gekillt, sodass ich jetzt bestimmte Sachen nicht mehr verdauen kann. Jedenfalls ging es mir richtig schlecht!

Sa, 11.01.2014: Pushkar −> Bikaner, sonnig mit Schleierwolken, 18°C

Da ich auch morgens noch nicht ganz fit war, ging es mit fast einer Stunde Verspätung in Richtung Bikaner. Die Fahrt sollte um die fünf Stunden dauern und die Straßen waren teilweise sehr schlecht. Wir wurden hinten kräftig durchgeschüttelt und mein Magen protestierte natürlich dagegen.

30km südlich von Bikaner liegt in Deshnoke der Karni Mata Ratten Tempel. 20.000 schwarze Ratten werden hier von Hindus verehrt und gefüttert. Stirbt eine der Ratten, muss sie durch eine aus purem Gold ersetzt werden. Pilger kommen hier aus allen Teilen Indiens und es ist eine große Ehre Essen, an dem schon eine Ratte genagt hat, zu verzehren. Es gibt auch einige wenige weiße Ratten im Tempel. Sieht man eine von ihnen, soll es Glück bringen.

Ich wollte mir diesen Tempel unbedingt anschauen, aber als ich aus dem Auto stieg, merkte ich schon, dass mir total übel war. Ich nahm mir vorsichtshalber eine Kotztüte mit und die kam keine 100m vom Auto entfernt - direkt vor dem Tempeleingang! - zum Einsatz. Mir ging es danach etwas besser und wie immer musste ich bei einem Hindu-Tempel die Schuhe ausziehen. Hier fiel es mir besonders schwer, denn die Ratten rennen und scheißen überall herum. Helen hat sich gar nicht erst hier rein getraut.

Neben den Ratten gibt es hier auch noch Tausende von Tauben, die ebenfalls durch das Futter angelockt werden. Ratten und Tauben sind wohl mit die schlimmsten Krankheitsüberträger der Welt (Fledermäuse mal ausgenommen) und ich hatte schon am Eingang das Gefühl, dass mich hier die Bakterien nur so anspringen. Hätte ich draußen nicht schon gekotzt, wäre es spätestens im Tempel passiert und meine Kotze wäre noch zusätzliche Nahrung für die vielen Ratten gewesen.

Im Inneren des Tempels gab es noch einen abgetrennten Bereich mit dem Rattenschrein. Hier durften nur Hindus rein, ich konnte aber in der Tür stehen und sehen, wie die Hindus Essen und andere Gaben an die beiden Holy Men überreichten und im Gegenzug dann aus der gleichen Schale wie die Ratten aßen, oder sie kurz berührten, um sich dann anschließend mit den Fingern im Gesicht zu "bekreuzigen".


Karni Mata Ratten Tempel

Für mich war das mal wieder ein sehr befremdender Moment in Indien. Unabhängig von den Legenden, die diese antiken Tempel, beschreiben, kann ich nicht verstehen, warum die Inder so viel Wert auf die Reinigung von Körper und Seele legen und dann auf der anderen Seite sich mit diesen Krankheitsverbreitern umgeben und sie verehren. Da stimmt doch was nicht. Für mich ist das nicht logisch, sehr gefährlich, und es widerspricht sich einfach. Die Inder sehen das aber gar nicht so. Für sie war das schon immer so. Von Generation zu Generation werden diese Rituale weiter gegeben und nie in Frage gestellt. Wie man aber im Video sehen kann, hatte das kleine Mädchen auf dem Arm ihrer Schwester Angst vor den Ratten und ekelte sich vor ihnen. Ein natürlicher Instinkt, der später in ihrem Leben dann unterdrückt wird.

Der Tempel selbst war eigentlich - mal unabhängig von den Ratten betrachtet - ein sehr schöner. Toll verzierte Fassaden, Fenster und Tore. Helen wollte anschließend meine Socken verbrennen, wir haben sie aber später mit sehr heißem Wasser mehrfach gekocht. So viele Socken haben ich für diese lange Reise ja nicht mitgenommen.

Pahrlad ist dann nach uns in den Tempel gegangen. Er hat im Inneren des Schreins auch zwei weiße Ratten gesehen und war total glücklich darüber. Vermutlich hat es sich deswegen abends einen hinter die Binde gegossen. Helen traf ihn draußen vorm Hotel in Bikaner, schwankend und kaum zu verstehen. Eigentlich darf er als gläubiger Hindu gar keinen Alkohol trinken!

Wir checkten um 17.30 Uhr in das Hotel Sagar in Bikaner ein. Das Zimmer lag ganz oben im dritten Stock und war unglaublich kalt. Im Badezimmer stank es nach den Reinigungssteinen, die man auf Männerklos findet. Scharf und penetrant und mein Magen drehte sich schon wieder. Helen machte mir eine Wärmflasche und ich bin gleich ins Bett gegangen.

Eigentlich wollte ich schlafen, aber das war nicht möglich. Im Hof des Hotels befand sich das Restaurant (Open Air) und man hatte für den Abend den Julio Iglesias von Indien als Live-Musikanten im Programm. Höllisch laut, unglaublich schlecht! Jedes Lied hörte sich gleich an und Indische Musik ist nicht zu ertragen! Ich bin fast wahnsinnig geworden! Es gab nicht einmal Gäste im Restaurant und erst kurz nach 23 Uhr hörte diese Plage auf.

So, 12.01.2014: Bikaner, sonnig, 18°C

Wir hatten zwei Nächte hier in Bikaner und ich fühlte mich nach dem Frühstück (immerhin bekam ich drei Scheiben Toast mit Marmelade runter) recht gut. Pahrlad fuhr uns zum Junagarh Fort, dass 1589 erbaut wurde.

Wir zahlten 200 Rupien Eintritt pro Person und das wäre eigentlich inklusive eines kostenlosen Guides gewesen, aber wie immer in Indien, wenn was kostenlos ist, kommt keiner angestürmt, um seinen Job zu machen. Na ja, wir mögen es eh lieber, wenn wir alleine nach unserem Gusto auf Entdeckungstour gehen können. Die Festung besteht aus mehreren Palästen mit teilweise sehr schönen Räumen.

Leider bekam ich nach ca. 30 Minuten einen Schwächeanfall. Schweißausbruch, wackelige Beine und mein Magen drehte sich auch schon wieder. Ich musste mich hinsetzen und Helen machte den Rest der Festung im Schnelldurchlauf und schoss ein paar Fotos, damit ich sie mir später anschauen kann. Ich musste ins Hotel zurück! Wir waren leider zu dem Zeitpunkt in den oberen Stockwerken der Festung unterwegs und Helen musste die Menschenmassen auf den engen Treppenaufgängen stoppen, damit ich wieder schnellstmöglich zum Auto kam. Für eine ehemalige Polizistin ist das Dirigieren von Menschenmassen ein Kinderspiel und ich war sehr dankbar!

Während ich den Rest des Tages im Bett verbrachte, ging Helen Bananen, Kekse und Crackers einkaufen. Mehr scheinen unsere Mägen im Moment nicht zu verdauen. Eintönig, wenig gesund, aber irgendetwas müssen wir ja essen. Ich habe dann auch wieder die Tabletten geschluckt. Vielleicht hatte ich sie beim ersten Mal zu früh abgesetzt.

Zum Abschluss dieses "beschissenen" Tages quälte uns Julio Iglesias noch einmal den ganzen Abend. Warum sind wir noch mal nach Indien gekommen? Werden wir es überleben?