20.03. - 02.04.2014: Everest Base Camp Trek - Teil 2 - Namche Bazar bis Lukla

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Wir verließen Namche gegen Mittag, machten einen Kurzbesuch im hiesigen Kloster und dann ging es 400m steil den Berg hoch. Unser Tagesziel Khumjung lag nur 2 Stunden entfernt auf 3780m Höhe und war ideal zur weiteren Höhenanpassung. Kurz vor Khumjung überquerten wir die Start- und Landebahn vom Namche "Flughafen". Mit Hubschraubern wurden hier in den letzten Tagen die ersten Güter für die anstehenden Everest Expeditionen angeliefert. Man war am Sortieren und anschließend wurden die Yaks beladen.

Wir fanden schnell eine nette Lodge in Khumjung und da es noch früh am Tag war, machten wir einen Spaziergang durchs Dorf. Im Gegensatz zu Namche ist das alles wenig touristisch hier. Man sieht die Frauen ihre Kartoffelfelder bestellen. Die Männer sind idR als Porter oder Bergführer im Einsatz und da müssen zuhause dann alles die Frauen und Kinder erledigen. Wunderschöne Steinmauern umgeben die Grundstücke und der Blick auf die umliegenden Berge und Gletscher ist super! Eine entspannte und sehr freundliche Atmosphäre.

Hauptattraktion in Khumjung ist der Yeti Schädel im Kloster. Der Legende nach haben sich vor Generationen die Menschen aus Thame, Namche, Khunde und Khumjung jedes Jahr zu einem Festival in Thame getroffen. Irgendwann kam es zum Streit und die Leute aus Namche, Khunde und Khumjung beschlossen dieses Festival in Khumjung zu veranstalten. Die Khumjung Bewohner erwarteten von den Thame Bewohnern ein kulturelles Abschiedsgeschenk - eine Gebetsfahne, Buddha Manuskripte oder ein Instrument. Sie bekamen aber stattdessen den Yeti Schädel, waren zutiefst beleidigt und haben ihn den ganzen Weg von Thame nach Khumjung wie einen Fußball nach Hause gekickt.

Heute weiß man auch in Khumjung um den historischen und biologischen Wert dieses Schädels und wir Besucher dürfen auch gerne eine Spende für das Foto geben!

Vor unserer Lodge lag der große Dorfplatz und zu meinem höchsten Erstaunen, trafen sich am späten Nachmittag die Dorfbewohner zu einem Volleyballmatch dort. Die Temperaturen lagen bei ca. 4°C - wir hatten unsere dicken Winterklamotten an! - und die Männer machten sich auf 4000m Höhe nicht einmal warm. Wahnsinn! Mir taten die Schultern, Hände und Knie schon vom Zugucken weh! Und die Jungs hatten echt was drauf!

Kaum war die Sonne untergegangen wurde es in der Lodge saukalt. Zusammen mit einem Paar aus Montreal, sowie deren Guides und Porter, machten wir es uns im Speiseraum gemütlich. Der Ofen wurde mit getrocknetem Yak-Dung beheizt. In dieser Höhe gibt es a) kaum noch Bäume und b) zwischen Namche Bazar und Everest Base Camp ist die Natur gesetzlich geschützt. Aber Yak-Dung funktioniert wunderbar und ist extrem heiß. Wir lernen, dass nur der getrocknete Yak-Dung vom Herbst verwendet werden darf. Der Frühjahrsdung enthält Würmer und da Buddhisten keine Tiere töten, darf er nicht verbrannt werden!

Draußen wurde es windig und eine Böe blies durch das Ofenrohr. Es machte Puff und der Yak-Dung explodierte. Wir wurden mit Asche bedeckt. Helens Kommentar: "That was one hell of a Yak fart!" Woraufhin wir uns alle schlapp lachten.

Nachts hatten wir Minustemperaturen in unserem Zimmer. Die hölzernen Fensterrahmen waren undicht und der eiskalte Wind fand seinen Weg hindurch. Brrrrr ... wir froren sogar in unseren gemieteten Schlafsäcken, die angeblich bis minus 10°C halten sollten. Am nächsten Morgen war das Wasser draußen gefroren, aber die Sonne lachte schon vom Himmel.

Ein idealer Tag zum Wandern! Für uns ging es vom Khumjung aus erst einmal bergab bis nach Selawa runter. Anschließend dann steil auf dem Zickzack-Pfad wieder hoch nach Tengboche (3876m). Tengboche ist einer der besten Orte entlang der gesamten Everest Base Camp Strecke und ein Muss. Es liegt auf einem Plateau und man hat wahnsinnig schöne 360 Grad Blicke. Wir wurden gleich mit einem spektakulären Anblick auf die Lhotse Wand und Mt. Everest begrüßt.

Unsere Lodge war auch super und wir genossen unser Mittagessen auf der sonnigen Außenterrasse. Hier lernten wir mehrere Deutsche kennen. Martin, 26, aus Köln, war auf dem Weg zum Island Peak (6189m). Noch nie hat er jemals einen Berg bestiegen und dann gleich so einen hohen. Wir waren beeindruckt, denn man läuft da nicht einfach mal so hoch. Nein, eine 70 Grad steile Eiswand kurz vor dem Gipfel muss mit Steigeisen und Eisaxt erklommen werden. Vor ein paar Tagen hatten wir bereits eine Polnische Gruppe getroffen. Von den 8 Mitgliedern hat es nur ein einziger auf den Gipfel des Island Peaks geschafft.

Neben der Natur ist das Treffen vom Menschen aus aller Welt hier jeden Tag ein echter Anreiz. Die Geschichten und Motivationsgründe hierher zu kommen sind immer andere und wirklich spannend. Ich sprach mit einem Polen hier in Tengboche, der am 22. Juni 2013 die Taliban Attacke am Nanga Parbat (mit 8,126 m der neunt höchste Berg der Welt, Pakistan) überlebte. Er war den Tag vorher zum Camp 1 aufgestiegen und hörte in den späten Abendstunden (22 Uhr) Schüsse, die vom Basislager kamen. Er dachte, da wird ein Tier gejagt oder so. Stattdessen wurden 11 Menschen von 16 Taliban Anhängern erschossen. Es dauerte ein paar Tage, bis die Pakistanische Armee das Basislager wieder gesichert hatte und solange mussten die Bergsteiger, die sich in den oberen Camps auf dem Nanga Parbat befanden dort ausharren. Der Pole war mit fünf weiteren Mitgliedern ebenfalls auf dem Weg zum Island Peak.

Wir erfuhren von den Deutschen, dass um 15 Uhr im Kloster von Tengboche die Mönche ihre Buddhaschriften singen. Das ganze wurde mit dem Blasen einer Muschel eingeleitet. Wie immer mussten wir unsere Schuhe ausziehen, bevor wir das Innere des Klosters betraten. Der Holzboden war eiskalt und zum Glück gab es kleine Teppiche, die wir uns zum Hinsetzten oder Stehen nehmen konnten. Es waren nur drei Mönche anwesend. Wir waren ca. 10 Touristen, die am Rande saßen. Das Ganze dauerte zum Glück nur 30 Minuten. Es war einfach zu kalt im Kloster und als wir raus kamen, war der Himmel total bewölkt. Wir liefen zu einem Aussichtspunkt und sahen vor lauter Nebel absolut gar nichts. Spukig! Eine Argentinierin hatte vormittags hier ihren Hut verloren und war auf der Suche, aber in der Nebelsuppe war weit und breit nichts zu sehen. Sie klagte über schwere Knieschmerzen und war am überlegen, ob sie überhaupt noch bis zum Everest Base Camp weiter läuft. Wir erzählten ihr von Helens Knieproblemen und unserem Porter und das wir da rechtzeitig die richtige Entscheidung getroffen hatten.

Der Blick aus unserem Zimmerfenster am nächsten Morgen machte uns sprachlos. Es hatte wohl die ganze Nacht geschneit und eine wunderschöne Winterlandschaft umgab uns. Ich habe mich sofort angezogen und bin noch vor dem Frühstück mit der Kamera raus.

Morgendlicher Blick in Tengboche - 360° Panorama
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Nach dem Frühstück sind wir dann noch einmal zu dem gestrigen Aussichtspunkt gelaufen. Statt Nebel hatten wir den folgenden Panoramablick. Fantastisch!

Winterlandschaft Tengboche - 360° Panorama
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Unser Tagesziel war dieses Mal Dingboche (4410m). Im tiefsten Schnee stapfen wir frohen Mutes los. Zum Glück waren vor uns schon ein paar Yaks unterwegs gewesen und so konnten wir uns zumindest nicht verlaufen. Aber es war eisig und rutschig und man musste höllisch bei jedem Schritt aufpassen. Lakpa drehte irgendwo einen Rittberger und verlor dabei seine Sonnenbrille. Oh, oh, im weißen Schnee kann man sich schnell die Retina zerstören.

Nach und nach schmolz der Schnee wieder. Wir gönnten uns ein teures Stück Kuchen in Somare. Ansonsten war es ein recht leichter Tag. 7km mit relativ wenig hoch und runter. Kurz vor Dingboche schneite es dann wieder und der Gegenwind war eisig.

Dingboche hat viele Unterkünfte. Lakpas Vorschlag gefiel uns nicht besonders und so machten wir uns auf die Suche. Am Ende landeten wir in einer kleinen Lodge, in der auch eine Campinggruppe aus den USA (REI) für zwei Nächte ihre Zelte aufgestellt hatte. Die Nächte waren hier oben allerdings mit -15°C unglaublich kalt. Das Spülwasser für die Toilette fror in der Tonne und wir mussten am Morgen die dicke Eisschicht erst einmal mit dem Metallbecher zertrümmern, um an das Wasser zu kommen. In unserem Zimmer war es kälter, als in den REI Zelten. Sogar meine Zahnbürste fror!

Wir blieben dennoch zwei Nächte, denn wir machten zur weiteren Akklimatisierung eine Tageswanderung durchs Chhukung Valley nach Chhukung (4730m). Fantastische Blicke auf die Südwand von Lhotse (8501m), auf den Ama Dablam (6856m) und bizarre Eiswände, machten diese Wanderung sehenswert. Wir genossen leckere Nudeln in Tomatensoße in eine der beiden Chhukung Lodges und entspannten uns dort im sonnigen Speisesaal zwei Stunden lang, bevor es wieder runter nach Dengboche ging.

Aufgrund eines steifen Nackens, bekam ich am späten Nachmittag dann eine schwere Migräne - und das in dieser Höhe. Mir war kotzübel und auch das Hinlegen im eiskalten Zimmer brachte erst einmal gar nichts. Es kam, wie es kommen musste ... oben raus! Danach fühlte ich mich etwas besser und bin zu den anderen in den beheizten Speiseraum gegangen. Alle waren besorgt, dass ich die Höhenkrankheit habe, aber den Unterschied kannte ich. 2002 bin ich mal für 24 Stunden im Altiplano von Bolivien höhenkrank gewesen und das war schlimmer als 1000 Migränen!!! Helen kannte meine Migräne-Anfälle und beruhigte die anderen, dass es mir höhentechnisch wirklich gut geht. Ich bekam zwar kaum einen Bissen runter, aber über Nacht ging die Migräne weg. Erneut war es bitterkalt mit -15°C. Ohne unsere Wärmflaschen wären wir wohl erfroren.

Am nächsten Morgen lachte die Sonne vom Himmel. Den ganzen Tag hatten wir traumhaft schöne 360-Grad-Blicke auf die gewaltigen Berge des Himalayas. Nach einem kurzen Anstieg aus Dengboche raus, ging es gemütlich über ein Plateau bis nach Dugla (4620m). Hier machten wir eine Mittagspause bevor es anschließend den steilen Zick-Zack-Pfad zum Thokla Pass (4830m) hoch ging.

Oberhalb von Pheriche - 360° Panorama
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Auf dem Thokla Pass stehen diverse Denkmäler für die verstorbenen Bergsteiger aus aller Welt, die auf einem der hohen Berge im Khumbu-Tal ums Leben gekommen sind. Ihre Leichen liegen teilweise noch auf dem Mt. Everest oder Lhotse. Ein beklemmender Ort - vor allem, wenn man die Schilder zu den Toten liest. Viele von ihnen haben den Gipfel erreicht und sind dann beim Abstieg ums Leben gekommen. Darunter ein ganz junges Mädchen. Scott Fischers Name ist für viele ein Begriff. Er kam bei dem schweren Unglück am Mt. Everest 1996 ums Leben, einer von 12 Toten. Das Buch "Into Thin Air" (In eisigen Höhen) von Jon Krakauer und der IMAX Film verdeutlichen die dramatischen Stunden am 10. Mai 1996.

Thokla Pass (4830m) - 360° Panorama
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Gedenkstätte für die gestorbenen Everest Bergsteiger - Thokla Pass (4830m) - 360° Panorama
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Nach dem Abendessen in einer der Lodges in Lobuche (4910m) kamen wir mit einem Amerikaner ins Gespräch, der gerade einen Dokumentarfilm über minderjährige Prostituierte in Indien und Nepal drehte. Diese jungen Mädels (alleine in Kathmandu sollen es mehrere Tausende sein!) sind total versklavt. Wenn sie es nach Jahren irgendwie schaffen daraus zu kommen, sind sie mental so gestört, dass ein "normales Leben" nie wieder in Frage kommt. Viele begehen aus Verzweiflung und Scham Selbstmord. Wir waren geschockt von seinen Schilderungen! Schwere Kost auf fast 5000m Höhe.

Von Lobuche aus ging es in drei Stunden nach Gorak Shep (5140m), dem letzten "Ort" vor dem Everest Base Camp. Der Pfad entlang des beeindruckenden Khumbu-Gletschers war nicht einfach. Rauf und runter, rauf und runter ... endlos scheinbar auf dem steinigen Untergrund. Die Luft auf über 5000m war entsprechend dünn, aber das Wetter war mal wieder fantastisch. Gigantische Blicke auf Nuptse (7861m) und Pumo Ri (7165m) sorgten immer wieder für kurze Verschnaufpausen und Fotostopps. Dennoch waren wir froh, als endlich Gorak Shep vor uns auftauchte.

Auf dem Weg nach Gorak Shep (5140m) - 360° Panorama
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Helen fand eine schöne Lodge für uns, während ich noch mit dem Weg nach Gorak Shep kämpfte. Aber die Suppe mit getoastetem, frisch gebackenen Brot zum Mittagessen gab uns wieder neue Kräfte und so machten wir uns am frühen Nachmittag noch zum Everest Base Camp (5360m) auf. Das Wetter war immer noch super und auf dem Weg zum Base Camp sahen wir auch wieder die Spitze vom Mt. Everest. Am Base Camp direkt kann man den höchsten Berg der Welt nicht sehen. Die vorliegenden Berge verdecken die Sicht.

Wir trafen diverse Leute, die wir in den letzten Tagen kennen gelernt hatten, darunter auch Mark und Valerie. Die beiden waren ebenfalls in Jiri gestartet und hatten den ganzen Weg mit ihren 14-15kg schweren Rucksäcken zurück gelegt. Alle Achtung! Überall wurden wir mit einen High Five begrüßt und wir gratulierten uns alle gegenseitig zu dieser Leistung.

Das eigentliche Everest Base Camp ist für Hiker nicht zugänglich, nur Expeditionsmitglieder sind erlaubt bzw. erwünscht. Im Moment waren eh nicht viele Zelte zu sehen, da die Saison gerade erst anfing. Mitten in der Saison sollen hier allerdings Hunderte von Zelten stehen - eine kleine Stadt mitten auf dem Khumbu-Gletscher. Wir trafen einen jungen Mann, der die letzten beiden Nächte mit seinem eigenen Zelt in der Nähe der Expeditionszelte geschlafen hatte. Er erzählte uns, dass er nachts kaum geschlafen hat, da der Gletscher unter seinen Ohren ständig Knackgeräusche von sich gab. Der Khumbu-Gletscher schießt aus eisigen Höhen zwischen Everest, Lhotse und Nuptse ins Tal und bewegt sich ständig.

Wir waren noch nicht einmal ganz beim Base Camp angekommen, da hörten wir einen lauten Knall. Aus über 7000m Höhe schoss eine Schnee- und Eislawine die Nuptse-Flanke runter und donnerte ins Tal. Wir sahen mehrere Hiker auf dem Khumbu-Gletscher rennen. Sie hatten offensichtlich Angst von der Lawine erwischt zu werden. Ich konnte einen Teil der Lawine noch auf Video festhalten.

Für die Hiker zum Base Camp gibt es auf dem Gletscher ein kleines Denkmal - aufgehäufte Steinplatten mit vielen Gebetsfahnen. Als wir dort ankamen, schossen mir die Tränen in die Augen. Ein sehr bewegender Moment, denn Helen hatte sich hiermit ihren dritten Lebenstraum nach dem Pennine Way (500km von Mittelengland nach Schottland) und der Besteigung des Mt. Kilimandscharo (5895m) erfüllt. Für mich selbst war das Erreichen des Base Camps ein grandioser Augenblick. Ich wusste vorab ja nicht, ob ich nicht wieder an Höhenkrankheit leiden würde. In dem folgenden Video könnt ihr alles live noch einmal miterleben.


Everest Trek Teil 3: Dingboche nach Everest Base Camp

Helen brachte ihre Gebetsfahne an und wir machten anschließend ein Foto mit Lakpa. Ohne ihn wären wir nicht soweit gekommen. Danke Lakpa!

Gegen 14 Uhr machten wir uns dann auf den Rückweg. Für den Hinweg von Gorak Shep hatten wir gut 2 Stunden gebraucht, aber mir ging es auf dem Rückweg nicht so gut. Magenprobleme und leichte Schwindelanfälle. Helen nahm mir sogar die Kamera ab und das alleine zeigt schon, wie dreckig es mir ging. Es war vermutlich das Teewasser aus der Gorak Shep Lodge, dass wir zum Mittagessen getrunken hatten. Da wir unsere eigenen Teebeutel dabei haben, konnten wir sehen, dass das Wasser schon eine Braune Farbe hatte. Unter Umständen war es nicht lange genug gekocht und gereinigt worden und schlug mir nun auf den Magen. Mit Ach und Krach schaffte ich es zur Lodge zurück. Helen besorgte mir gleich heißes Wasser für die Wärmflasche und ich legte mich erst einmal hin. Zum Glück ging es mir später wieder etwas besser und ich konnte sogar das Abendessen (Dhal Bhat) genießen.

Nachts waren es ca. -5°C und mal wieder gefror das Spülwasser in der Toilettentonne und leider auch die Toilette selbst, was am nächsten Morgen zu einer ekelhaften Verstopfung führte. Was nicht tötet, härtet ab!

Viele gehen zum Sonnenaufgang auf den Kala Patthar, dem 5550m hohen braunen Hügel in Gorak Shep, hoch. Ich hatte erneut Nackenschmerzen und Helen wollte sich das mit ihren Knieproblemen nicht antun und so haben wir uns diesen Anblick erspart und sind stattdessen nach dem Frühstück die 16km bergab nach Pangboche (4000m) gelaufen. Auf dem Weg trafen wir Astrid und Paul wieder, die ebenfalls wie wir in Jiri gestartet waren. Astrid bekam irgendwo um Nuntala herum Wadenprobleme und wir hatten sie tagelang nicht gesehen. Sie hatten sich inzwischen aber einen Porter genommen und waren nun frohen Mutes auf dem Weg zum Everest Base Camp.

Kurz hinter Pheriche erwischte es auch mich und mein Meniskus am rechten Knie klemmte ein und ich konnte das Bein nicht mehr richtig strecken. Die letzten 30 Minuten humpelte ich mehr oder weniger nach Pangboche (4000m). Sehr schmerzhaft! Dann hatte ich auch noch diverse Missgeschicke auf der Toilette in der Lodge. Der kombinierte Dusch-Toilettenraum hatte einen zum Kloloch (vertieften Boden. Erst pinkelte ich mir auf die Socken und Badelatschen. Dann fiel mir der Deckel unserer Sigg-Flasche aus der Hand und kullerte in das vertiefte Kloloch und dann musste ich mir auch noch mit eiskaltem Wasser die Haare waschen. Grrrrr ...! Als wenn das nicht schon genug wäre. Nein, abends verlor ich dann auch noch meine Stimme! Helen fand letzteres super, reinigte aber dafür mehrfach den Sigg-Flaschen Deckel in kochend heißem Wasser. ;-)

Unser nächstes Ziel war Gokyo. Die meisten nehmen normalerweise von Everest Base Camp kommend den Cho La Pass (5330m), der direkt von Dugla nach Gokyo herüber führt. Dieser war aber vor ein paar Tagen noch wegen schweren Schneefällen geschlossen gewesen und da wir keine Steigeisen dabei hatten, nahmen wir vorsichtshalber den sicheren Umweg über Pangboche, Phortse und Thore.

Diese Entscheidung wurde noch einmal mit einem spektakulären Blick auf Lhotse und Everest kurz nachdem wir Pangboche verlassen hatten belohnt.

Nach dem Mittagessen in Phortse ging es steil bergan. Der Himmel zog sich langsam zu und der Weg nach Thore wurde immer matschiger. Nur ein einziger Wanderer kam uns entgegen, ansonsten waren wir drei die einzigen auf der Strecke. Gegen 17 Uhr erreichten wir die Lodge in Thore (4300m). Das Zimmer war wie immer günstig, aber es gab nirgendwo Wasser in der Lodge. Das Klo war ein kleiner Verschlag außerhalb der Lodge und man erreichte es nur über einen leicht vereisten Pfad. Hmmmm, da werden wir uns nachts wohl das Pinkeln verkneifen müssen. Wir ließen uns eine Schüssel mit heißem Wasser bringen. Das musste zum Waschen reichen. Die Lodgebesitzer waren aber sehr nett und machten uns ein wunderbares Feuer im Speisesaal. Das Essen war super und wir genossen jeden Bissen, während sich draußen eiskalter Nebel um die Lodge verbreitete.

Dank unserer Wärmflaschen ließ es sich in den Schlafsäcken gut aushalten, aber die vielen Tassen Tee zeigten nachts dann doch ihre Wirkung und Helen nutzte unsere Waschschüssel zum Strullern. Heimlich haben wir morgens den Urin weg gegossen, der erstaunlicherweise über Nacht nicht gefroren war.

Am nächsten Morgen strahlte wieder die Sonne vom Himmel. Man, wir haben aber auch Glück mit dem Wetter! Wir waren so vielen Wanderern begegnet, die Mt. Everest nicht ein einziges Mal gesehen hatten und sich nur durch Schnee, Regen und Nebel gekämpft haben. Wenn Engel reisen!

Nach dem Mittagessen in Nha ging es dann rauf zu den Gokyo Seen. Nicht einfach! Steile Steinstufen und oben - ab dem ersten See - ging es dann durch matschige Schneefelder. Meine Stimme war total weg und ich hatte obendrein eine verstopfte Nase.

Wir erreichen Gokyo (4790m)- 360° Panorama
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Gokyo (4790m) liegt direkt an einem der fünf Seen (dieser war noch zugefroren) und besteht im Prinzip nur aus Lodges. Wir hatten die freie Wahl, blieben aber gleich bei der ersten, die wir begutachteten. Die Besitzerin machte so einen mütterlichen Eindruck und versorgte uns gleich mit frischen Popcorn und einer Tasse Tee. Wir bekamen ein nettes Eckzimmer, allerdings zog es doch gewaltig durch die hölzernen Fensterrahmen.

Dennoch gefiel uns unser "Zuhause" für die nächsten zwei Nächte sehr gut. Der Speisesaal lag tagsüber in der Sonne und abends wurde der Yak-Dung-Ofen angeschmissen. Nachts war es so kalt, dass die Batterie in unserem Wecker schlapp machte. Er klingelte zwar noch, aber die digitale Anzeige war weg. "Helen, wie spät ist es?" - "What does the alarm say?" - "Nothing!"

Gokyo am nächsten Morgen - 360° Panorama
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Die Hauptattraktion in Gokyo ist die Besteigung des angrenzenden "Hügels" mit dem Namen Gokyo Ri (5360m). Der Berghang ist etwa 60-70 Grad steil und im Zick-Zack geht es 570 Höhenmeter bergauf und später wieder bergab. Oben angekommen hat man den wohl besten Blick im ganzen Himalaya. Fünf der sechs höchsten Berge der Welt sind von hier aus zu sehen. Mt. Everest (Nr. 1 mit 8848m), Kangchenjunga (Nr. 3 mit 8586m), Lhotse (Nr. 4 mit 8516m), Makalu (Nr. 5 mit 8462m) und Cho Oyu (Nr. 6 mit 8201m).

Bei wieder einmal fantastischem Wetter sind wir erst so gegen 9 Uhr in den Tag gestartet. 2.5 Stunden haben wir für diesen super steilen Aufstieg benötigt. Meine Stimme war immer noch sehr heiser und wir hatten uns beide in den letzten Tagen was weggeholt. Trockener Husten machte uns zu schaffen. Aber nur die Hartem kommen in den Garten. Und bei dieser unglaublichen Landschaft mussten wir einfach unsere letzten Kräfte mobilisieren.

Und die Anstrengung hat sich gelohnt! Diesen Anblick werden wir im Leben nicht vergessen. Wir lassen hier einfach mal unsere nachfolgenden Panoramabilder und das dazugehörige Video für sich sprechen.

Blick von Gokyo Ri (5360m) - 360° Panorama
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Blick von Gokyo Ri (5360m) - 360° Panorama
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Blick von Gokyo Ri (5360m) - 360° Panorama
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Everest Trek Teil 4: Gorak Shep nach Gokyo Ri

Da wir so überhaupt gar keine Lust hatten den gleichen Rückweg wieder durchs Gokyo Valley nach Namche zu nehmen, beschlossen wir am nächsten Tag über den Renjo La Pass (5340m) hinüber ins Thame Tal zu laufen. Wir starteten relativ früh und fürchteten, wir wären die einzigen an diesem Tag, aber eine Gruppe junger Männer sowie der Holländer, den wir auf dem Gokyo Ri Gipfel getroffen hatten, waren auch unterwegs. Gut, denn oben kurz vor und hinter dem Pass waren die Schneefelder sehr tief, eisig und wirklich gefährlich. Jeder Schritt musste überlegt angegangen werden. Passt man eine Sekunde lang nicht auf, dann sinkt man mit dem Fuß tief ein und kann sich sehr schnell das Knie verdrehen. Auch für Lakpa war dieser Pass Neuland. No nie hatte er ihn überquert.

In Teilen war der Aufstieg nicht minder steil als Gokyo Ri, aber wir kamen trotz unseres immer stärker werdenden trockenen Hustens gut voran. Wir brauchten vier Stunden bis zum Pass hoch. Fantastisches Wetter und fantastische Blicke!

Blick vom Renjo La Pass (5340m) - 360° Panorama
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Helen holte zur Belohnung unsere letzten Haribo Gummibären raus und verteilte sie unter den anderen Wanderern - darunter zwei sehr nette Männer aus Sachsen, die alle drei Pässe in dieser Region laufen wollten. Wir hatten es uns seit Jiri zur Gewohnheit gemacht, uns ein Snickers oder eine andere Süßigkeit am jeweils höchsten Punkt der Tagesstrecke zu gönnen. Unglaublich, wie alleine nur das Wissen um diesen Leckerbissen einen zum Weiterlaufen motivierte - ganz zu Schweigen von der stärkenden Kalorienzufuhr. Ein einfacher Trick, der viel Wirkung hatte und den fast jeder andere Everest Trekker, den wir auf der Strecke trafen, von uns übernahm.

Wir nahmen uns Zeit zum Fotografieren und auch Lakpa feierte für sich diesen Moment. Süß!

Der Abstieg nach Lumde (4350m) war nicht weniger anstrengend und dauerte ebenfalls vier Stunden. Wir kamen total erschöpft bei der Lodge an. Dafür war der nächste Tag etwas angenehmer, denn es ging nur noch bergab! Wir schauten uns nicht einmal mehr das berühmte Kloster von Thame an. Wir waren am Ende unserer Kräfte und schafften es bis zum Nachmittag noch ganz bis nach Namche Bazar (3500m).

Der Schnee von vor 11 Tagen war komplett weg und Namche sah ganz anders aus. Wir gaben unsere gemieteten Schlafsäcke wieder ab und hatten eigentlich vor hier einen Ruhetag einzulegen. Stattdessen sind wir dann aber doch am nächsten Tag noch die 17km nach Lukla gelaufen.

Eigentlich sollte man sich in den niedrigeren Höhen mit all den roten Blutkörperchen aus der Höhe voller Energie fühlen, aber das war bei uns nicht so. Es ging zwar stetig bergab, aber die Strecke schien kein Ende zu nehmen. Wir husteten und husteten, legten mehrere Pausen ein und sprachen mit vielen Wanderern, die sich gerade auf den Weg zum Everest Base Camp machten.

Auf einer der langen Hängebrücken kam mir ein Amerikaner mit zwei Beinprothesen entgegen. Wow! Ich gab ihm die "Thumbs Up" und er lächelte mich an. Am Ende der Brücke sah ich dann zwei Kameras auf ihn und mich gerichtet. Eine junge Frau stand mit einem Regiebrett in der Hand am Brückenende und ich fragte sie, was hier gedreht wird. Sie erzählte mir, dass sechs US Kriegsveteranen, denen ein oder mehrere Glieder fehlten, auf dem Weg zum Everest waren, um den Gipfel zu besteigen. Den GIPFEL???? Boah! Ohne Beine? Mit Prothesen? Sie erklärte mir, dass es sich um speziell angefertigte Karbonprothesen handelt, an denen sich mit einem einfachen Klemm-Mechanismus Steigeisen und andere Hilfsmittel befestigen lassen. Wahnsinn!

Kurz vor Lukla (2860m) muss man dann noch einmal steil den Berg hoch. Bloody Hell! Helen konnte schon nicht mehr und ich zog sie mehr oder weniger am Wanderstock die restlichen Meter hoch. Uns fehlte fast die Energie zum Feiern, als wir endlich in Lukla ankamen. Geschafft!

Wir nahmen die dichteste Lodge am Flughafen. Unsere eigentlichen Rückflugtickets nach Kathmandu waren auf den 10. April gebucht. Wir waren aber neun Tage schneller unterwegs, als ursprünglich angenommen und hatten unseren Agenten in Kathmandu von Namche aus darüber informiert. Angeblich sollten wir am nächsten Tag einen Platz im 9 Uhr Flieger haben, aber das gestaltete sich sehr viel komplizierter, als erwartet.

Der Lodgebesitzer holte uns am nächsten Morgen um 6 Uhr aus dem Bett. Ab zum Flughafen, er versucht uns auf den ersten Flieger zu kriegen. Wir hatten eigentlich für 7 Uhr unser Frühstück in der Lodge bestellt, aber das musste nun abgesagt werden. Am Flughafen herrschte um 6.30 Uhr absolutes Chaos. Eine Maschine war aus Kathmandu gelandet und ca. 100 Trekker kämpften um einen der 20 Plätze für den Rückflug. Wir bekamen keinen. Der Lodgebesitzer beruhigte uns. Dann eben auf dem nächsten Flieger eine Stunde später.

Wir tranken eine Tasse Tee und aßen ein Stück Kuchen in einem gegenüber liegenden Café und standen für den nächsten Flieger wieder parat. Aber auch da ging nichts für uns. Der Lodgebesitzer ließ sich auf einmal nicht mehr blicken und so stellte sich Helen an den Schalter. Eigentlich hätten wir ja auf dem 9 Uhr Flieger sein sollen, aber auch das klappte irgendwie nicht. Totales Durcheinander hier am Flughafen - die rechte Hand weiß nicht, was die linke tut. Zum Glück erwischten wir dann aber zwei Plätze auf dem 10.15 Uhr Flieger.

Lukla gehört zu den gefährlichsten Flugplätzen der Welt. Die Start- und Landebahn ist extrem kurz und um 18 Grad geneigt. Am Ende der Bahn geht es 400m steil ein Kliff runter. Es kann hier nur bei gutem Wetter geflogen werden, denn ein elektronisches Start- und Landesystem gibt es nicht. Entsprechend fallen viele Flüge aus, denn gerade zu dieser Zeit regnet und schneit es häufig. Wir hatten also Glück, dass wir überhaupt Lukla verlassen konnten.

Über den Abflug und unseren Auf- und Abstieg zum Renjo La Pass, gibt das folgende Video Auskunft:


Everest Trek Teil 5: Gokyo via Renjo La Pass nach Lukla