01.-31.03.2007: Álamos
Anfang März gab es eine Abschiedsparty für Larry und Shirley. Seit 8 Jahren kommen sie als Missionare nach Álamos, sammeln den Rest des Jahres Klamotten, Schuhe, warme Decken, ausgediente Brillen usw., um sie dann hier über die hiesigen Kirchen an die arme Bevölkerung zu verteilen. Shirley ist der lange Trip von Novia Scotia nach Álamos mit ihren 70 Jahren jetzt zu anstrengend geworden und die beiden werden vorläufig nicht mehr ihre Winter in Álamos verbringen.

Debbie und Dewie machten zur Feier des Tages Spaghetti mit Hackklößen in Tomatensauce. Wir steuerten Knoblauchbrot und den Nachtisch (heiße Tortillas mit Nutella und gegrillte Marshmellows) bei. Außerdem gab es ein paar Salate von den anderen Campern. Ursprünglich hatte Annabelle die beiden in Namen von uns allen (aber ohne sich mit uns vorher abzusprechen) ins Restaurant des Campingplatzes eingeladen. Dort sollte das 3-Gänge-Menü aber 25 US$ pro Person plus Getränke kosten und das war uns allen zu viel. Außerdem fanden wir es viel netter in gemütlicher Runde vorm Lagerfeuer zu sitzen. Shirley war etwas muffig am Anfang, hatte dann aber doch viel Spaß.

Am nächsten morgen sind wir dann tatsächlich um 7.30 Uhr aufgestanden, um für die beiden zum Abschied mit weißen Taschentüchern zu winken. Eine Aktion, die von Shirley sehr gewürdigt wurde, da wir ansonsten nicht vor 11 Uhr aufgewacht sind.

Das frühe Aufstehen tat uns definitiv nicht gut. Kirsten verbrachte im Halbschlaf den Vor- und frühen Nachmittag am Swimmingpool. Die Temperaturen waren auf 30°C gestiegen und man konnte sich nur im Schatten der Bäume aufhalten. Durch die extreme Hitze bekam Helen an diesem Tag Probleme mit ihrer Geige. Trotz der Müdigkeit schleppte sie sich hinter das Motel, um im Schatten Geige zu üben. Kaum hatte sie diese aus dem Kasten geholt und wollte ihre Seiten stimmen, flog ein Stöpsel nach dem anderen raus. Nach 10 Minuten hatte sie alle Stöpsel wieder drinnen, aber die Seiten waren nicht richtig gestimmt. Sie drehte an einem Stöpsel und prompt flogen alle vier auf einmal raus und die Brücke fiel auf den Boden. Eine Katastrophe! Mit hängendem Gesicht - kurz vorm Heulen - schleppte sie sich zum Swimmingpool. Kirsten konnte schon von weitem sehen, das etwas nicht stimmte. Helen erklärte ihr Dilemma und Kirsten schmiss es vor Lachen fast vom Liegestuhl. In der glühenden Nachmittagssonne sind wir dann durchs Dorf zu Andrew gelaufen. Der hatte bereits ein paar Bier in einer Männerrunde getankt und war etwas wackelig auf den Beinen. Mit vereinten Kräften schafften Helen und Andrew es dann aber doch, die Geige wieder zusammen zu bauen.

Der Tag endete dann aber noch sehr gemütlich mit einem Resteessen vom Vortag. Unser Nachtisch ließ unsere Campingnachbarn in Verzückung geraten. Eigentlich gab es nur Pfirsiche aus der Dose, dazu dann aber frisch geschlagenen Schlagsahne. Das lässt jeden Amis seine Diät vergessen. Die meisten wussten nicht einmal, dass man Schlagsahne in Mexiko bekommt.

Die nächsten Tage wurde es einsam auf dem Campingplatz. Dewie, Mike und Joan waren für ein paar Tage zur Küste gefahren, um dort Tausende von Kormoranen zu schießen. Diese hatten sich dort so vermehrt, dass die Fischbestände bedroht waren. In drei Tagen schossen ca. 10 Leute 2500 Kormorane von den Bäumen. Diese wurden dann von Mexikanern in große Müllsäcke verfrachtet und vor Ort verbrannt. Ein Schlachtfeld! Wir luden in dieser Zeit Debbie zum Abendessen ein - Gemüse in Alufolie gedämpft aus dem Ofen mit viel Knoblauch und dazu gab es Paprikahähnchen.

Die Temperaturen stiegen auf 36°C in der zweiten Märzwoche und tagsüber konnten wir im Winnie (fast 40°C) nicht mehr sitzen. Wir verbrachten den Tag faul am Swimmingpool mit Lesen, Musik hören und schwimmen. Anders konnte man den Tag nicht überstehen. Das Leben ist manchmal sehr hart!

Kirsten verursachte fast eine Sintflut in Winnie. Sie entleerte die Toilette und ließ dann das Wasser laufen, um sie wieder ein wenig aufzufüllen. Bei der Hitze muss man das häufiger machen, ansonsten stinkt es nach Jauchegrube. Irgendetwas kam dazwischen und Kirsten vergas völlig die Toilette. Zum Glück musste Helen mal. Sie klappte den Klodeckel hoch und das Wasser stand schon bis zum Unterrand der Brille! In der Hitze stirbt eben auch so manche Gehirnzelle ab.

Am 10. März hatten wir auf dem Campingplatz eine Hotdog Party. Wir wickelten die Würste in Schinkenstreifen ein und die wurden dann knusprig gegrillt. Dazu gab es geröstetes Hotdog Brot, klein gehackte Tomaten, geröstete Zwiebeln, geriebenen Käse und diverse Saucen. Köstlich! Loba, unsere zugelaufene Campingplatz-Hündin, wartete geduldig auf jeden Happen, den sie ergattern konnte.

Am 12. März kam das Missoula Children´s Theater nach Álamos. Dieses Theater wurde in den 70iger Jahren in Missoula (Montana) gestartet, um dortigen Kindern die Möglichkeit zu geben, in ihren Schulen innerhalb von nur 5 Tagen ein Theaterstück einzustudieren und anschließend an zwei Abenden aufzuführen.

Dieses Theater war von Anfang an so erfolgreich, dass es in nur wenigen Jahren auf amerikanischen Armeebasen und amerikanischen Schulen in der ganzen Welt durchgeführt wurde. Das Prinzip ist einfach: zwei professionelle Schauspieler arbeiten als Team zusammen und fahren/fliegen am Sonntag inklusiver der gesamten Bühnendekoration zu einem Ort. Dort führen sie am Montag der Woche ein Casting durch, an dem 150 bis 250 Kinder aller Altersklassen teilnehmen. Die Kinder erfahren über ihre Schulen von dieser Aktion und benötigen eine schriftliche Erlaubnis von ihren Eltern. Die Profis wählen ca. 60 Kinder für das jeweilige Theaterstück aus. Direkt nach dem Casting bekommen die Kinder ein Textbuch für den jeweiligen Charakter, den sie spielen und die Hauptdarsteller haben im Anschluss an das Casting bereits ihrer ersten Probe. Von Dienstag- bis Freitagnachmittag wird dann intensiv zwischen 14 und 19 Uhr geprobt. Am Freitagabend findet direkt nach der Generalprobe die erste Aufführung statt, in der Regel für die Eltern und Geschwister der Akteure. Die Aufführung am Samstagabend ist dann für das öffentliche Publikum.

Weltweit sind je nach Jahreszeit 20-60 Teams unterwegs. Es werden insgesamt 8 verschiedene Theaterstücke aufgeführt, darunter u.a. Robin Hood und das Dschungelbuch.

Das erste Mal fand das Missoula Children´s Theater (MCT) nun in Mexiko statt. Und dann auch noch in Spanisch. Eine doppelte Premiere, denn noch nie wurde ein MCT Stück in einer anderen Sprache als Englisch aufgeführt. Die ganze Aktion wurde von Andrew und Rosemarys Tochter Julie ins Leben gerufen. Sie arbeitet seit Jahren in der Administration der MCT Hauptzentrale in Missoula und war letztes Jahr nach Álamos gekommen, um die Idee des MCT an den Schulen von Álamos vorzustellen. Die Begeisterung war groß, denn die Kinder haben in den hiesigen Schulen weder Kunst noch Theaterunterricht.

Doch zunächst mussten Spenden gesammelt werden, denn das MCT ist eine Non-Profit-Organisation. Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung für die Regisseure (das Profi-Team), sowie Kosten für Kostüme und Bühnedekoration liegen bei 5000-6000 US$ pro Aktionswoche. Zum Glück leben aber viele reiche Amis in Álamos und so kamen die Spenden schnell zusammen.

Schwieriger war es da schon das richtige Theaterstück auszuwählen, denn das musste komplett ins Spanische übersetzt werden. Man wählte Robin Hood, konnte aber nicht die bis dato aufgeführte Version von Robin Hood, der Retter der Armen, aufführen, denn das wäre in Mexiko nicht gut angekommen. Stattdessen wurde eine Variante gewählt, in der Robin Hood die Magd Marion rettet. Das bedeutete, dass für Mexiko ein komplett neues Stück geschrieben werden musste. Außerdem wurden Spanisch sprechende Regisseure extra für dieses Stück angeheuert.

Wir kamen durch Andrew und Rosemary ins Spiel. Man benötigte Helfer für das Casting. Unsere Aufgabe war es den Kinder die unterschriebene Elternerlaubnis abzunehmen und einen Zettel mit einer Nummer auf die Brust zu heften. Insgesamt kamen 145 Kinder zwischen 5 und 17 Jahren zum Casting, dass insgesamt 4 Stunden dauerte.

Man hatte für Álamos eine Ausnahme gemacht und statt zwei wurden vier Regisseure geschickt. Alison und Brian, ein Ehepaar, dass seit drei Jahren weltweit für das MCT unterwegs war, sprachen zwar kein Spanisch, machten aber die wichtigen Hintergrundarbeiten wie Bühnenaufbau, Kostümausgabe, Koordination der anderen Helfer usw. Dadurch konnten sich Becky und Diana voll auf die Kinder konzentrieren. Becky war gerade aus Spanien zurückgekehrt, wo sie ein Jahr lang auf einer Schauspielschule war. Ihre Wurzeln als Schauspielerin lagen ebenfalls mit dem MCT. Als junges Mädchen hatte sie an einer Aufführung teilgenommen und war fortan für ihren Berufswunsch festgelegt. Sie war so talentiert, das das MCT ihr ein Stipendium für eine komplette Schauspielausbildung finanzierte. Aufgrund ihrer fließenden Spanisch-Kenntnisse hatte das MCT sie speziell für die Álamos-Aktion eingekauft. Sie stand kurz vor ihrer Abschlussprüfung, wollte diese einmalige Gelegenheit aber unbedingt wahrnehmen.

Diana dagegen spricht fließend Französisch und hatte sich in der Vorbereitung für Álamos genügend Spanisch angeeignet, um als Hauptregisseur zu agieren, denn Becky spielte im Robin Hood Stück die Rolle des Erzählers und war somit mehr auf als hinter bzw. vor der Bühne beschäftigt. Grundsätzlich spielt einer der Regisseure die Rolle des Erzählers. Das gibt den Kindern Stabilität auf der Bühne und mögliche Hänger können schnell überbrückt werden.

Wir waren fasziniert davon, wie die vier während des Castings systematisch aus 145 Kinder die 60 Akteure auswählten. Zunächst wurden die Kinder in Altersgruppen, Körpergrößen und Geschlechter aufgeteilt. Anschließend musste jedes Kind seinen Namen und sein Alter sowie eine Textzeile aus dem Stück laut sagen. Über diverse Gruppenelemente (Singen, Klatschen) wurden nach und nach die ausdrucksstärksten Kinder für die diversen Rollen rausgefiltert. Erstaunlich wie die vier Regisseure die Kinder über vier Stunden in Schach und in voller Konzentration hielten. Kinder, die keine Disziplin zeigten, wurden sehr schnell aussortiert, denn wer sich schon beim Casting nicht konzentrieren und willig zeigen kann, der wird bei den Proben auch nicht mithalten können, sondern eher stören.

Tag für Tag wurde dann im Palast und im Museum in verschiedenen Gruppen geprobt, und das bei 34-38°C. Eine wahrlich schweißtreibende Arbeit! Wir schauten uns die Proben im Palast am Donnerstag an und Kirsten machte ein paar Fotos. Sie war die inoffizielle Fotografin. Am Freitag halfen wir dann bei der Kostüm- und Generalprobe aus. Die Kinder bekamen zum ersten Mal ihre Kostüme und die Begeisterung und Aufregung war groß. Während der Generalprobe mussten wir hinter der Bühne den Kindern mit Papptüten frische Luft zufächern. In den Kostümen und bei der Schweinehitze floss der Schweiß in Strömen. Vor allem bei uns, denn zwei Stunden Papptütenwedeln geht ganz schön in die Arme!

Kurz vor der ersten Aufführung - noch am selben Abend! - kamen die Maskenbildner. Die vier amerikanischen Damen hatten sich freiwillig dazu gemeldet und malten die Gesichter der Kinder nach einem vorgeschriebenen Muster an. Aber das reichte den mexikanischen Kindern nicht: die Aufregung vor der ersten Aufführung wurde in Kreativität umgewandelt und die vier Maskenbildnerinnen hatten alle Hände voll zu tun, um die Wünsche der Kinder umzusetzen.

Die Spannung stieg als sich mehr und mehr die Stühle im Palast füllten. Am Ende waren je Abend über 100% Besucher da! Um Punkt 20 Uhr verdunkelte sich dann der Innenhof und Becky betrat die Bühne und leitete das Theaterstück ein. Helen half hinter der Bühne aus. Zusammen mit den drei anderen Regisseuren sorgte sie dafür, dass die Kinder zeitgerecht zu ihrem jeweiligen Einsatz fertig waren und absolute Ruhe hinter der Bühne herrschte. Kirsten saß direkt vor der Bühne und machte die Fotos. Keine leichte Aufgabe, da Blitzen nicht erlaubt und das Bühnenlicht recht dunkel war.

Leider war unser Spanisch nicht gut genug, um das Theaterstück in kompletter Länge zu verstehen, aber die Muttis, Papis und Geschwister lachten viel und am Ende gab es donnernden Applaus. Man sah allen 60 Kindern schon während der Aufführung an, dass sie Spaß hatten und bolle stolz auf ihr Können waren. Es fiel niemanden auf, dass ein ganzer Teil des Stücks aus versehen übersprungen und damit nicht gespielt wurde. Nur die Amerikanerin am Klavier kam ins Straucheln, da ihr die passende Textzeile für die nächste Musik fehlte. Ansonsten lief alles wie am Schnürchen.

Anschließend sind wir mit Rosemary, Andrew und den vier Regisseuren noch einen Trinken gegangen bevor es kurz nach Mitternacht ins Bett ging. Wir waren geschlaucht!

Am nächsten Tag gab es dann abends nur noch eine weitere Aufführung für das öffentliche Publikum. An diesem Abend mussten die Besucher 1 US$ zahlen, der den Schulen von Álamos zugute kommt. Die Akteure waren sichtlich entspannter, denn sie hatten das Stück ja bereits einmal aufgeführt. Das sorgte aber auch für eine gewisse Lässigkeit hinter der Bühne und Helen hatte alle Mühe die 5-7-jährigen zur Ruhe zu mahnen. Dieses Mal wurde das komplette Stück gespielt und nach der Vorstellung bekam jedes Kind eine Urkunde überreicht. Insbesondere die Hauptdarsteller waren in der einen Woche zu Helden in Álamos geworden. Jeder kannte auf einmal Miguel, der den Robin Hood spielte. Noch Tage im Anschluss an die Veranstaltungen hörten wir immer wieder wie andere Kinder Miguel mit "Robin" auf der Straße begrüßten. Es war schon erstaunlich mit anzusehen, wie zum Teil ganz schüchterne Kinder sich innerhalb dieser einen Woche zu selbstbewussten Akteuren entwickelten. Es gab wunderschöne Momente, in denen man beobachten konnte, wie die Großen den Kleinen halfen und wie die 60 Kinder zu einer wirklich harmonischen Familie zusammen wuchsen.

Diana erzählte uns, dass ihr das MCT die Kraft fürs Leben gegeben hat. Sie wurde als 14-jährige bei einer MCT Aufführung in ihrer Heimatstadt gecastet. Von ihren Mitschülern aufgrund ihrer Größe und ihrer Fettleibigkeit gehänselt, war sie zur einer Außenseiterin geworden. Und dann kam das MCT! Sie war das einzige Kind von 250, das alle Strophen eines Liedes beim Casting singen durfte. Ihre Stimme begeisterte die Regisseure und während sie sang, herrschte absolute Ruhe bei den anderen Kindern. Nach dem Lied gab es eine kurze Pause und dann klatschte der ganze Saal. Von da an hatte die viele Freunde in der Schule, denn sie konnte etwas, was niemand sonst konnte. Inzwischen hat Diana ein Diplom als Drama- und Shakespeare Schauspielerin. Sie möchte dennoch nicht als Schauspielerin arbeiten, da ihr der ewige Konkurrenzkampf auf die Nerven geht. Stattdessen macht ihr die Arbeit mit den Kindern Spaß. Aufgrund ihrer eigenen Erfahrung weiß sie, welchen Auftrieb das MCT für die positive Weiterentwicklung von Kindern haben kann.

Für uns war es eine echte Ehre bei der allerersten MCT Veranstaltung in Mexiko dabei gewesen zu sein. Wir haben wie alle anderen Beteiligten sehr viel Positives gelernt und für uns mitgenommen. Selbstverständlich haben wir auch nach der zweiten Aufführung noch fleißig mitgeholfen die Bühne abzubauen und alles in die Packtaschen zu verstauen. Danach sind wir mit den Regisseuren noch Hotdog Essen gegangen und haben anschließend ein paar Margaritas und Biere getrunken. Becky musste am Sonntagmorgen schon um 6 Uhr gen Tucson fahren, da sie bereits ab Montag ihre Abschlussprüfungen hatte. Die anderen drei konnten noch einen entspannten Sonntag in Álamos verbringen und nahmen dann abends um 9 Uhr den Übernachtbus nach Tucson. Kirsten hat allen noch eine DVD mit Bildern und Video-Clips gebrannt.

Unsere letzten beiden Wochen in Álamos vergingen wie im Flug. Nach und nach leerte sich der Campingplatz. Regina brachte ihre beiden Kinder Oona und Oscar zum Schwimmen im Pool vorbei. Unsere allererste Begegnung mit Regina und den Kindern hatten wir beim Weihnachtslieder-Singen. Oona war außerdem eines der Stinktiere in Robin Hood. Entsprechend war eine enge Verbindung zwischen uns entstanden und wir machten eines Abends spontan ein gemeinsames Abendessen auf dem Campingplatz. Tony, ein anderer Dauercamper, gesellte sich dazu. Da es ansonsten relativ ruhig in Álamos war, fanden wir endlich die Zeit an unserer Webseite zu arbeiten. Das letzte Update hatten wir vor 5 Monaten gemacht! Nebenbei wurde viel über Skype mit der Heimat telefoniert. Da sonst niemand auf dem Campingplatz mehr im Internet surfte, war die Verbindung Ratten schnell.

Kirsten war außerdem als Fotografin gefragt. Andrew wollte ein paar Bilder von sich und Rosemary vor den bunten Blüten in seinem Garten haben - für die nächste Weihnachtskarte! Und wir hatten doch gerade erst einmal März! Dann wollte Regina Fotos von einem ihrer Schmuckstücke haben. Sie arbeitet als freie Künstlerin und fertig Schmuckstücke auf Anfrage aus kleinen Perlen.

Und dann besuchte uns noch eine fast 2 Meter lange Schlange auf dem Campingplatz. Wir saßen gemütlich am Swimmingpool, als Loba - die adoptierte Campingplatz-Hündin - schreckhaft zur Seite sprang. Kirsten wunderte sich erst, sah dann aber wie die lange Schlange sich in Richtung Tonys Wohnwagen bewegte. Der machte gerade draußen ein paar Reparaturen und sah das Unheil nicht kommen. Er nahm Kirstens erste Warnung auch nicht wirklich ernst, bis er die Schlange sah. Diese schlängelte sich unter seinem Wohnwagen durch und machte sich auf in Richtung Winnie. Tony wollte die Schlange antreiben und schmiss einen Becher Wasser auf sie. Das Teil schoss einem Meter hoch in die Luft und hielt direkt vor Winnies Vorderreifen an. Da saß sie dann eine Weile und starrte uns an. Das arme Tier hatte deutlich mehr Angst vor uns als umgekehrt. Da wir aber zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, ob es sich um eine giftige Schlange handelte, riefen wir den Campingplatz Gärtner. Der hatte bis dato noch nie eine Schlange auf dem Campingplatz gesehen, wusste aber das sie harmlos war. Mit einem Stock trieb er die Schlange dann durch ein Loch in der Mauer und wir beruhigten uns wieder.

Am 30. März hatte Helen ihren letzten Geigenunterricht und wir luden am selben Abend Andrew und Rosemary als Dankeschön zum Abendessen ein. Kirsten machte als Vorspeise eine Brokkoli-Creme-Suppe. Zum Hauptgang gab es Helens Shepherds Pie und zum Nachtisch den inzwischen sehr beliebten Karottenkuchen mit Philadelphiacreme á la Kirsten. Ein voller Erfolg! Andrew konnte gar nicht aufhören zu essen. Er leckte sogar die Schüssel mit der Philadelphiacreme aus!

Nach dem Essen war uns allen nach Bewegung zumute und da im Ort an diesem Abend ca. 50 selbstgebaute Altare zu Ehrung der Heiligen Guadalupe aufgebaut waren, machten wir uns mit dem Auto auf den Weg. Gegen 21 Uhr fielen Andrew und Rosemary dann fast die Augen zu und wir verabschiedeten uns. Aber wir werden die beiden Ende Juni in ihrem Zuhause in Montana besuchen und freuen uns schon drauf.

Am nächsten morgen waren wir dann die letzten Camper. Debbie und Dewie und Tony waren auf dem Weg in die USA und wir hatten den ganzen Platz für uns alleine. Kirsten holte die Waschbürste raus und verpasste Winnie neuen Glanz von außen, während Helen drinnen schwitzte und die Bude klar Schiff für unsere Abfahrt machte. Annabelle kam vorbei und verabschiedete sich von uns. Kirsten war so in Fahrt, dass sie auch gleich noch Annabelles Auto abschruppte. Die frisch geputzten Fahrräder deckten wir mit einer blauen Plane ab und hoffen damit das Rosten der Ketten und anderer Metallteile zu stoppen. Auf die Idee hätten wir vor 3,5 Jahren auch schon mal kommen können!

Am 1. April hieß es dann auch für uns Abschiednehmen von Álamos. Nach 3,5 Monaten wurde es uns hier einfach zu heiß und wir mussten in die USA zurück, um unsere Führerscheine zu erneuern. Loba platzierte sich direkt vor Winnie und schaute uns mit traurigen Augen an. Sie wusste, dass die gute Zeit für sie jetzt ein Ende nahm. Kein Camper lockte mehr mit leckeren Schaschliks, Würstchen und sonstigen Köstlichkeiten. Ob wir sie im nächsten Jahr wieder sehen werden?