06.-12.11.2003: Grand Canyon

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06.11.2003: Grand Canyon

Helen hatte während der Nacht kaum geschlafen. Unsere Plastikplanen wurden durch den Wind bewegt und man konnte im Winnie ein recht lautes kratzendes Geräusch hören. Helen ist dann irgendwann früh morgens aufgestanden, um die Bordtoilette zu nutzen. Im Halbdunkeln passierte ihr dann das Missgeschick, sie goss beim Umfüllen ihren Urin neben die Flasche auf den Teppich. Kirsten wachte durch Helens Fluchen auf. Die Ärmste musste dann fast eine halbe Stunde lang im kalten Winnie den Fußboden trocken wischen. Kein guter Start in den Tag!

Gegen 7.45 Uhr sind wir dann aufgestanden. Ohne Frühstück (wir hatten keinen Hunger) sind wir dann zum Backcountry Office gefahren. Hier kann man sich sämtliche Informationen zu allen Wanderungen in und rund um den Canyon holen. Man riet uns davon ab, innerhalb eines Tages den Canyon über den South Kaibab Trail bis zum Colorado River und dann den Bright Angel Trail wieder hoch zugehen. Das wären mal eben 32km Länge und 1500 Höhe in beide Richtungen gewesen. Die Tage sind zu dieser Jahreszeit einfach zu kurz, um noch im Tageslicht wieder oben anzukommen. Dafür haben wir den Tipp bekommen in einer der Lodges anzufragen, ob nicht noch in der Phantom Ranch (liegt unten im Canyon) Platz in einer der Kabinen und Sammelschlafräume ist. Normalerweise werden diese Plätze lange im voraus gebucht, zu dieser Jahreszeit sagen jedoch immer mal wieder Wanderer ab und auf Tagesbasis werden die Plätze neu vergeben.

Wir haben uns an der Rezeption der Maswik Lodge dann gleich auf die Liste setzen lassen. Morgen früh um 6.30 Uhr müssen wir zur Bright Angel Lodge und erfahren dann, ob wir dort unten schlafen können. Die Maswik Lodge hat einen riesigen Speisesaal mit diversen Ständen und wir haben dort gefrühstückt. Helen hatte wie immer Bacon & Eggs, Kirsten hatte Appetit auf Carrot Cake.

Danach sind wir dann zum Supermarkt gefahren, um uns mit Wanderproviant einzudecken. Zu unserer Freude haben wir echtes Schwarzbrot gefunden. Das Datum auf der Verpackung war zwar seit gestern abgelaufen, das Brot wirkte aber immer noch frisch. Dazu haben wir uns Brie, diverse Müsliriegel, Schokolade und Gatorate gekauft.

Kirsten hatte Helen den Tipp gegeben, einen Flug über den Canyon zu machen bevor man direkt zum Canyon-Rand geht und einen Blick auf ihn wirft. Mit dem Hubschrauber/Flugzeug fliegt man zunächst über das mit Bäumen bedeckte Plateau und auf einmal erreicht man die Kante zum Canyon und hat einen fantastischen Blick auf dieses Weltwunder.

Wir sind also zum Flughafen gefahren und haben einen Flug für 75 US$/Person (50 Minuten im Flugzeug) für 14.00 Uhr reserviert. Wir hatten noch Zeit zu Pizza Hut zu gehen. Erstaunlicherweise hat man bei kaltem Wetter viel mehr Hunger und unsere Mägen knurrten schon wieder. Pizza Hut lag im selben Gebäude wie das IMAX Kino. Wir hatten Glück und kamen gerade noch rechtzeitig vor 3 Bussen voller Japaner dort an.

In der Zwischenzeit bewölkte sich der Himmel und Kirsten machte sich Sorgen, dass wir während des Fluges nur einen grauen Canyon zu Gesicht bekommen werden. Als sich dann am Flughafen herausstellte, das unser Flugzeug voller Japaner sein wird, haben wir unsere Reservierung zurückgezogen. Wir haben bereits genügend Videos aus aller Welt auf denen man nur Japanisch hört!

Es war bereits 15 Uhr, als wir wieder beim Campingplatz ankamen und Helen hatte immer noch nicht den Canyon gesehen. Wir haben den Winnie wieder in die Planen gehüllt und sind dann mit dem kostenlosen Shuttlebus zum Visitors Center gefahren. Von dort aus haben wir den nächsten Shuttle zum Ausgangspunkt für den South Kaibab Trail genommen. Wir wollten uns den schon mal von oben anschauen, damit wir entsprechend für morgen vorbereitet sind.

Helen konnte also endlich den Grand Canyon in voller Größe bestaunen. Leider fing es in diesem Moment auch noch an zu schneien. Gut, dass wir nicht 150 US$ für einen Flug ausgegeben haben! Kurze Zeit später kam aber auch schon wieder etwas Sonne durch und der Canyon bekam Farbe! Von oben gesehen hat man nicht wirklich ein Gefühl für die unglaublichen Dimensionen dieses Weltwunders. Erst, wenn man mal ganz unten gewesen ist, dann weiß man, wie steil und hoch die Wände wirklich sind! Eine Symphonie der Natur, heißt es im IMAX Film!

Später haben wir dann vorsichtshalber unsere Rucksäcke für einen Zwei-Tages-Trip in den Canyon gepackt - in der Hoffnung, dass wir morgen früh Platz in der Phantom Ranch bekommen. Neben dem Essen wurde ein Erste-Hilfe-Set, Regenjacken, eine Unterhose, ein zweites Hemd sowie Zahnbürste und Zahnpasta eingepackt. Handtücher und Seife gibt es in der Phantom Lodge. Gegen 21.30 Uhr sind wir dann warm und kuschelig eingepackt ins Bett gegangen - mit gedrückten Daumen für morgen früh.

07.11.2003: Grand Canyon

Als wir um 5.45 Uhr aufstanden, war es noch stockdunkel und eiskalt. Wir haben uns unsere Thermounterhosen, darüber unsere Skihosen, sowie diverse Fleecehemden und Jacken übergezogen und haben den Winnie um 6.15 Uhr vor der Bright Angel Lodge geparkt.

Zu unserer großen Freude waren wir die ersten auf der Liste und konnten sogar zwischen einer Kabine für 78 US$/Nacht oder einem Bett im Sammelschlafraum für 28 US$/Person und Nacht wählen. Da die Kabine nur 22 US$ teuer war, wir dafür aber nicht mit 10 anderen Damen übernachten müssen, war die Entscheidung klar. Wir haben uns riesig gefreut!

Wir hatten gerade noch Zeit uns eine heiße Tasse Tee im Restaurant zu holen, den Sonnenaufgang am Canyon zu beobachten, um dann um 7.00 Uhr den Express Shuttle zum South Kaibab Trail zu nehmen. Von Express kann nicht wirklich die Rede sein - der brauchte über eine halbe Stunde!

Bevor wir uns auf den Abstieg gemacht haben, wurde noch schnell ein Foto an der Felskante geschossen. Der South Kaibab Trail ist fast 12km lang und sehr steil. Wie wir später erfahren haben, wurde er um 1925 in nur 6 Monaten in den Felsen gehauen und gesprengt. Es war immer noch sehr kalt, als wir unsere Rucksäcke (ca. 8-10kg schwer) schulterten. Wir mussten immer noch unsere Mützen und Handschuhe anhaben.

Mit uns sind weitere 7 Leute aus dem Express Shuttle ausgestiegen. Wir haben die meisten davon während des Tages immer wieder mal getroffen. Unter ihnen waren zwei Schwägerinnen. Die eine (Ellie) war im Senior Olympia Team fürs Schnellwandern (nie gehört!!!), die andere (Kathy) dafür umso langsamer. Sie kam vom platten Lande und glaubte an leichter Höhenkrankheit zu leiden - sehr unwahrscheinlich auf knapp 2500m!. Beide hatten diese Tour bereits vor zwei Jahren gebucht und konnten in der Phantom Ranch nur ein Bett im Sammelschlafraum bekommen. Wir haben nicht gewagt, den beiden zu erzählen, dass wir erst heute morgen eine Kabine gebucht haben.

Gegen 10 Uhr schien dann die Sonne auf unseren Pfad und uns wurde warm. Mitten auf dem Hang mussten wir einen Striptease hinlegen und die warme Unterwäsche ausziehen. Helen stand gerade in Unterhose da, als eine Gruppe von Männern vorbei kam. Sie konnte in letzter Sekunde die Hose hochziehen.

Wir waren begeistert von den Farben und Formen des Canyons. An diversen Stellen konnte man mehrere hundert Meter tief in die Schluchten schauen. Einzigartig! Wir haben uns Zeit gelassen und viele Fotostopps gemacht. Im Durchschnitt braucht man für den South Kaibab Trail 4-6 Stunden, bis man unten am Colorado ankommt. Wir haben am Ende 5 Stunden gebraucht.

Unten an der Hängebrücke haben wir dann 6 Amerikaner getroffen, die den Abstieg in 2 Stunden und 15 Minuten geschafft haben. Sie waren erst gegen 11 Uhr gestartet und man sah ihnen an, dass sie sich für diesen Trip gar nicht vorbereitet hatten. In T-shirts und Short sowie einer 250ml Wasserflasche waren sie den Canyon hinunter gesprintet. Mehr als ihre Füße haben die bestimmt nicht gesehen! Wir bekamen mit, dass sie noch am selben Tag über den Bright Angel Trail (16,5km und 1500m bergauf) wieder nach oben wollten. Es war aber bereits 13.30 Uhr. Wir sind sicher, dass sie es nicht in 4 Stunden wieder bei Tageslicht nach oben geschafft haben (ohne Taschenlampen und warme Klamotten!). Pro Jahr geraten 250 Menschen im Canyon in lebensbedrohliche Situationen. Die meisten sind von der Hitze so stark dehydriert und haben nicht ausreichend Wasser mitgenommen (1/2 Liter pro 1 Stunde Wanderung), dass sie mit dem Hubschrauber gerettet werden müssen (2000 US$ Kosten).

Wir dagegen konnten das grüne Wasser des Colorados bewundern. Es gibt zwei Hängebrücken unten am Fluss. Die Silberfarbene ist ziemlich gruselig, da man durch die Fußbodengitter auf den reißenden Fluss hindurchschauen kann. Sogar die Mulis haben Angst und gehen nicht auf diese Brücke!

Als wir bei der Phantom Ranch ankamen, wurde unser Weg von einem grell-grünen Polizeiband mit der Aufschrift "Betreten verboten!" blockiert. War jemand ermordet worden? Nein, kurz bevor wir ankamen, hatte eine Rangerin einen tollwütigen Fuchs erschossen. Dieser hatte gestern einen anderen Ranger in der Phantom Ranch angegriffen - zum Glück konnte mehrere Leute den Fuchs mit Stöcken vertreiben und der Ranger konnte mit dem Hubschrauber lebend abtransportiert werden. Wir haben 3 Männer vor dem Band getroffen, die uns von dieser Geschichte erzählten und das die Rangerin insgesamt 12 mal auf den Fuchs schießen musste, bis er tot war. Er war bereits von 6 Kugeln getroffen worden als er die schießende Rangerin angriff. Wir haben die Geschichte nicht wirklich geglaubt, da die Männer so einen Hype daraus machten, das es unwirklich klang. Später am Nachmittag hat die Rangerin aber zu allen Leuten im Camp darüber gesprochen und sich dafür entschuldigt, dass es so lange gedauert hat und der Fuchs so viele Kugeln "schlucken" musste. Sie hatte die Anweisung nicht in den Kopf zu schießen, da man das Gehirn auf Tollwut untersuchen wollte. Eine andere Frau war über eine Stunde in der Toilette gefangen gewesen. Der Fuchs hatte direkt vor ihrer Tür versucht seinen eigenen Schwanz zu fangen. Die Ärmste!

Wir hatten Glück und haben eine der Original-Kabinen von 1922 bekommen. Die Ranch wurde damals für den Tourismus gebaut und Theodor Roosevelt hat bereits zu dieser Zeit hier übernachtet. Neben einer Toilette, einem Waschbecken befanden sich zwei Etagenbetten in unserer Kabine. Und die Heizung funktionierte auch. Wir beschlossen eine weitere Nacht zu verlängern.

Nach einer heißen Dusche hatten wir gerade noch Zeit uns eine eisgekühlte Zitronenlimonade im Restaurant zu kaufen, denn um 16.00 Uhr gab es einen kostenlosen Ranger-Vortrag über Lurche und Leguane im Canyon. Wer hätte gedacht, dass man 50 Minuten lang fasziniert einen Vortrag über die meist verbreiteste Reptilienart der Welt (3000 Arten) lauscht. Lori - die Rangerin - war nur 1,45m klein, hatte aber eine unglaubliche Ausstrahlung und verstand es super die Eigenarten der verschiedenen Lurche und Leguane pantomimisch darzustellen. Wir waren begeistert!

Um 18.30 Uhr waren dann die Stew (Eintopf) Esser mit ihrem Abendessen dran. Man konnte nur zwischen Stew und Steak (die waren bereits um 17.00 Uhr dran) wählen. Dazu gab es Salat, Maisbrot, Schokoladenkuchen, Kaffee, Tee und Eistee bis zum Abwinken. Lecker - und das für nur 22 US$ mitten im Grand Canyon!

Um 19.30 gab Lori erneut eine kostenlose Vorstellung - dieses Mal über die Geschichte der Trails und Menschen, die im Grand Canyon lebten. Für nur 1 US$ haben wir danach unseren Becher mit Zitronenlimonade wieder aufgefüllt und uns mit anderen Wanderern im Restaurant noch eine Weile unterhalten. Gegen 22.30 Uhr sind wir dann tot müde ins Bett gefallen. Ein toller Tag!

08.11.2003: Grand Canyon

Kurz vor dem Frühstück um 7.00 Uhr ist Helen schnell zur Rezeption gegangen und hat die Bestätigung bekommen, dass wir heute abend in einem der Sammelschlafräume zwei Betten bekommen. Auf dem Rückweg zu unserer Kabine wurde ihr dann der Weg von drei kleinen Hirschen versperrt. Die grasten direkt vor unserer Tür. Helen ist zu einem der Seitenfenster gegangen und hat Kirsten durch Klopfzeichen darauf aufmerksam gemacht.

Das Frühstück war reichhaltig - Rührei, knusprig gebratener Schinken, Pfannkuchen, Obst sowie Orangensaft und Tee. Uns gegenüber saß ein englisches Pärchen, das sich in der Nacht ihren Allerwertesten im Zelt abgefroren hatte.

Um 8.00 Uhr sind wir dann bei strahlendem Sonnenschein zu den Ribbon Falls aufgebrochen. Der Weg führte am Bright Angel Creek entlang und über 5 Brücken hinweg in Richtung North Rim (Nord Kante). Auf den 10,5km ging es stetig leicht bergan. Richtig angenehm für unsere Beine - steil bergab taten uns nämlich die Füße und Schienbeine weh - dieser Muskelkater nennt sich hier South Kaibab Shuffle!

Kurz vor den Ribbon Falls hatte man die Option entweder einen steilen Berg hinauf und eine Brücke über den Fluss zu nehmen oder die Schuhe auszuziehen und barfuss durch den Fluss zu waten. Wir haben uns für den längeren Weg über die Brücke entschieden, nachdem wir ein paar andere Wanderer bei der Flussüberquerung beobachtet haben.

Die Ribbon Falls ergießen sich über eine Felsspalte in eine kleine Schlucht. Das Wasser trifft unten auf einen großen - mit Moos bedeckten - Felsen, der von innen bereits ausgeholt ist. Zusammen mit anderen Wanderern haben wir dort eine Stunde lang Mittag gemacht und sind u.a. hinter die Fälle geklettert. Ein paradiesischer Ort!

Auf dem Rückweg taten uns dann doch irgendwann die Beine weh. Kein Wunder nach dem Abstieg gestern und heute schon wieder über 20km - und das ohne Vorbereitung! Dafür wurden wir anstelle des Sammelschlafraumes doch mit einer Kabine belohnt. Und was für eine - 10 Betten hatten wir zur Auswahl in zwei aneinander grenzende Räume.

Nach der entspannenden Dusche haben wir uns erneut einen sehr interessanten Vortrag von Lori angehört. Dieses mal ging es um die fast ausgestorbenen Californischen Condore. 1982 gab es von diesen großen Vögeln (3m Spannweite, 10-13kg schwer) weltweit nur noch 22 Stück - die meisten wurden von Menschen abgeschossen oder starben an Bleivergiftung, da sie Tiere gegessen haben, die ebenfalls vom Menschen mit Bleikugeln erschossen wurden. Man beschloss die restlichen einzufangen, um in Gefangenschaft die Eier künstlich auszubrüten. 1992 wurden dann die ersten Nachkommen wieder in die Freiheit entlassen. Es hat aber bis zu diesem Jahr gedauert, bis das erste Condorküken in freier Natur flügge wurde. Genau genommen war es gerade zwei Tage her, als Ranger diese Sensation direkt unterhalb des South Rims am Grand Canyon machten. Das Küken bekam den Namen 305 - klingt ja nicht so spektakulär, aber diese News war hier am Grand Canyon ein echter Highlight für alle Naturfreunde. Es besteht also Hoffnung, dass sich diese Art irgendwann wieder in der Natur erholt.

Nach dem Vortrag haben wir uns im Restaurant einen Bagel mit Creamcheese gekauft. Wir wollten mit der Taschenlampe bewaffnet die totale Mondfinsternis beobachten. Dafür sind wir ca. 45 Minuten wieder den South Kaibab Trail hoch gestiegen - leider ohne Erfolg. Der Mond war hinter Wolken versteckt und die Finsternis war bereits vorbei, als wir gegen 19.00 Uhr wieder an der Phantom Ranch ankamen. Schade!

Dafür haben wir dann Lori bei ihrem Vortrag über Mountain Lions (Berglöwen) zugehört. Diese leben hier im Canyon in recht großer Zahl, jagen aber nachts und somit bekommt man sie tagsüber sehr selten zu sehen. Wir waren geschafft vom Tag und haben nur noch schnell unsere Rucksäcke für den morgigen Aufstieg gepackt. Das Frühstück war nämlich dieses Mal für 5.30 Uhr gebucht!

09.11.2003: Grand Canyon

Wir sind um 5.10 aufgestanden und waren pünktlich beim Frühstück. Das gleiche wie gestern. Der Bacon war allerdings so knusprig, dass er Helen beim Schneiden gleich vom Teller flog. Am ersten Abend hatte sie schon ihren T-Shirt Ärmel im Stew. Keine Tischmanieren!

Um 6.15 Uhr sind wir dann im Dunkeln mit unseren Taschenlampen von der Phantom Ranch aufgebrochen. Es wurde bereits heller als wir die silberne Brücke überquerten. Der Weg führte für ca. 3km am Colorado entlang. Wir waren mit die ersten auf dem Trail und es war eine unglaublich friedliche Stimmung. Wir wurden außerdem mit einem fantastischen Sonnenaufgang für das frühe Aufstehen belohnt!

Dann ging es steil bergan durch die tiefrote Bright Angel Schlucht. Nach 2 Stunden haben wir unsere erste Rast gemacht. Ein anderer Wanderer zeigte uns auf seinem GPS Gerät, dass wir bereits 6km und über 300 Höhenmeter hinter uns gebracht hatten. Mehr und mehr Wanderer liefen an uns vorbei - meistens Männer mit super schweren Rucksäcken. Die beiden Schwägerinnen vom ersten Tag passierten uns ebenfalls. Ellie, die Senior Olympia Schnellwanderin, war bestimmt 20 Minuten vor Kathy. Wir glaubten schon, dass sich beide gestritten hatten und nicht mehr miteinander laufen würden, aber dann zog Kathy einen Walkie Talkie aus der Hosentasche und gab Ellie ihre Position durch. Hightech überall!

Inzwischen hatte sich der Himmel leicht bewölkt. Das war eigentlich OK für uns, da es ansonsten immer noch recht warm gewesen wäre (auch im November). Auf dem Weg zu Indian Gardens (ca. die Hälfte der Strecke) haben wir zwei Hirsche gesehen. In der Oase haben wir dann für ca. 1 Stunde Mittag gemacht, unsere Wasserflaschen aufgefüllt und uns ganz entspannt mit 3 netten Amerikanerinnen unterhalten. Die waren ebenfalls mit schweren Rucksäcken unterwegs. Zu unserem Erstaunen haben die aber auch nur 2 Nächte in der Phantom Ranch verbracht. Wir dachten, dass sie bei dem Gepäck gezeltet haben, aber nein, die waren im Sammelschlafraum. Wozu schleppen die das alles mit? Das wussten sie auch nicht. Dafür haben sie mindestens 2 Stunden länger für den Anstieg benötigt als wir.

Gegen 12.00 Uhr haben wir dann Indian Gardens verlassen. Es lagen immer noch über 9km und mindestens 1000 Höhenmeter vor uns. Auf dem Weg haben wir weitere Hirsche und ein paar Holzspechte gesehen. Wir wurden immer wieder von uns fremden Menschen angesprochen. Anscheinend haben uns alle in der Phantom Ranch wahrgenommen (wir waren so ziemlich die einzigen Nicht-Amerikaner), wir konnten uns dagegen an die meisten nicht erinnern. Ein Amerikaner sagte sogar im perfekten Deutsch "Guten Tag!" zu uns und lud uns auf einen Drink ins El Tovar Hotel ein.

Je näher wir dem Ende des Bright Angel Trails kamen, um so mehr leicht bekleidete Japaner ohne Wasserflasche kamen uns entgegen. Ein Ranger stoppte eine Japanerin gegen 14.00 Uhr und fragte sie, wo sie denn ohne Wasser hinwollte. Nach ganz unten zum Fluss natürlich! Wie weit ist denn das eigentlich, fragte sie den Ranger. Wir gingen nur kopfschüttelnd an ihnen vorbei.

Um 15.00 Uhr - nach 9 Stunden Wanderung inklusive 2 Stunden Pause - sind wir dann glücklich oben am Canyon wieder angekommen. Dort war es schweinekalt (ca. 4°C) und es nieselte leicht. Wir waren eigentlich gar nicht so KO wie wir gedacht hatten. Raufgehen ist bedeutend besser als steil nach unten!

Wir haben uns erst einmal eine heiße Schokolade und knuspriges Hähnchen mit Pommes in der Bright Angel Lodge reingezogen und uns warme Klamotten übergezogen. Helen wollte unbedingt im Hotel übernachtenn (unsere 4-Sterne Frau), aber Preise über 100 US$ haben uns dann davon abgehalten.

Der Winnie war in den beiden Tagen eiskalt geworden. Die Batterie für die Innenbeleuchtung war komplett platt und wir mussten abends unsere Gaslampe rausholen. Am Campingplatz angekommen, haben wir uns erst einmal unter eine sehr heiße 5-Minuten Dusche gestellt. Kirsten hatte Glück - ihre wollte gar nicht ausgehen!

Wir waren immer noch hungrig und sind danach mit dem Shuttle zur Maswik Lodge gefahren. Während Kirsten am Suppenstand auf Helen wartete, hatte diese einen Notfall zu bearbeiten. Eigentlich hat sie nur Butter für das Brot gesucht, als hinter ihr eine Frau bewusstlos vom Stuhl kippte. Helen war die erste am Tatort und versuchte die Frau mit heftigen Ohrfeigen wieder zur Besinnung zu bringen. Der Frau waren die Augen aus den Augenhöhlen getreten und Helen glaubte sie wäre fast tot. "Can you hear me? Can you hear me?" schrie Helen so lange, bis die Frau antwortete " Yes, I can hear you!". Die Frau war total dünn (Magersucht) und sagte, sie hätte den ganzen Tag nichts gegessen. Ihr Mann hatte die ganze Situation gar nicht mitbekommen, da er auf der Suche nach Essen war. Ihm war der Vorfall aber sichtlich peinlich und er schien nicht sonderlich überrascht über die Ohnmacht zu sein. Das passiert der Frau wohl häufiger. Die Managerin des Restaurants hat gleich die Ärzte kommen lassen. Während Helen Kirsten über das Geschehen berichtete (Helen darf man wirklich nicht allein losziehen lassen), befragten die Ärzte die Frau und gingen dann unverrichteter Dinge wieder. Kurz danach sahen wir die Frau über einen Abfalleimer kotzen. Den meisten Menschen im Restaurant war bestimmt der Appetit vergangen. Uns nicht - wir haben unsere Hühnersuppe und den anschließenden Käsekuchen genossen!

Danach sind wir zum El Tovar Hotel gegangen aber der Amerikaner, der uns auf einen Drink eingeladen hatte, war weit und breit nicht zu sehen. Dafür kauften wir uns noch eine Limonade und wärmten uns am Kamin auf. Wir hatten keine Eile in den eiskalten Winnie zurückzukehren.

10.11.2003: Grand Canyon

In der Nacht hatte es geregnet und es war -1°C kalt geworden. Wir haben erst einmal ausgeschlafen uns sind dann zum Frühstück in den Supermarkt gegangen. Danach haben wir mal wieder zu hause angerufen - schließlich haben wir uns eine ganze Weile nicht mehr gemeldet.

Dann mussten wir unser Gas nachfüllen lassen - auch das war inzwischen auf Null runter gegangen. Der Gas-Mann hat freundlicherweise mal einen Blick auf unsere Gasheizung geworfen, wusste aber auch nicht, wo das Problem liegt.

Danach haben wir uns im IMAX Kino den Film über den Grand Canyon angesehen. Wirklich super! Den Rest des Nachmittages haben wir in der Laundry verbracht. Unsere verstaubten Grand Canyon Klamotten mussten gereinigt werden. Leider waren die Waschmaschinen nicht so dolle - wir hatten überall graue Flusen auf unseren Klamotten. Dafür konnte Kirsten aber ihren Computer in die Dose stöpseln und die 150 Fotos vom Grand Canyon runterladen.

Mit dem Shuttle ging es dann zum Sonnenuntergang. Traumhaft schön! Danach haben wir uns ein Abendessen in der Bright Angel Lodge gegönnt. Kirsten hatte fast einen Kilogramm Pute auf ihrem Teller! War nicht zu schaffen - und das für unter 10 US$!

Es war bereits dunkel und wir wollten mal schauen, wer da noch so auf dem Bright Angel Trail unterwegs ist. Zwei junge Frauen warteten besorgt am Ende auf die Mutter und Schwiegervater. Die beiden hatten zum Glück ihre Taschenlampen dabei und kamen gegen 20 Uhr oben an. Es hatte die ganze Nacht und den morgen über am Colorado geregnet und deren Zelte waren klitschnass. Sie sind aber erst um 11 Uhr von unten aufgebrochen. Der Schwiegervater ist vor Erleichterung fast in Tränen ausgebrochen. Wir haben den beiden ein heißes Bad gewünscht und uns verabschiedet.

Dann kam der Vollmond durch die Schäfchenwolken durch. Ein toller Anblick. Kirsten sind beim Fotografieren jedoch fast die Finger abgefroren.

11.11.2003: Grand Canyon

Unsere Beine waren immer noch ein bisschen lahm, aber das Wetter war ganz schön und so haben wir uns entschlossen, ein paar Kilometer am Rand des Canyons entlang zu laufen. Mit dem Shuttle konnte man an diversen Stellen zu- bzw. aussteigen. Der Canyon sah heute wieder ganz anders aus mit den Wolken. Es sah fast so aus, als wenn es aus Schloten rauchen würde. Toll! Außerdem war ein graues Eichhörnchen so nett für uns zu posen.

Nach ein paar Stunden waren wir hungrig und müde und haben den Shuttle wieder zurück zum Village genommen. Leider saß neben uns ein kleiner Junge mit Schreikrampf. Gott, war der nervig! Er schrie immer nur " I want, I want". Wir wussten nicht was er wollte, sind dann aber an der nächsten Station ausgestiegen und in den Shuttle-Anhänger gegangen. Dieser ist nicht wirklich zu empfehlen, da es da hinten ganz schön rumpelt. Die Fahrerin bemerkte dann auch über das Mikrofon, dass wir die ersten seien, die freiwillig nach hinten gehen. Uns war das egal - hauptsache das Geheule war vorbei. Durch die Panaromascheiben konnten wir ihn immer noch schreien hören. Den Eltern war unser Umzug sichtlich peinlich.

Nach dem Mittagessen in der Bright Angel Lodge haben wir uns noch das Museum und ein Foto-Studio mit tollen Panorama-Bildern angeschaut. Dann gings mit dem Shuttle zum Observation Point und wit hatten erneut Glück mit einem traumhaften Sonnenuntergang. Der Himmel hat gebrannt!

Im Supermarkt haben wir dann noch schnell unsere Vorräte für die nächsten Tage gekauft - Kochen im Winnie war wieder angesagt. Vorbei war es mit der 4-Sterne Woche! Leider ging uns beim Kartenspielen dann auch noch unsere Gaslampe aus. Es war ein ganz schönes Gefummele im Dunkeln eine neue Katusche anzubringen.

12.11.2003: Grand Canyon - Lake Powell

Heute morgen haben wir den Grand Canyon verlassen. Wie sich schnell rausstellte, war das genau richtig. Eigentlich wollten wir gen Osten fahrend alle Aussichtspunkte mitnehmen, aber das Wetter war grauenvoll. Es regnete in Strömen, der Nebel war so dicht, dass wir nur ca. 10m Sicht hatten und von den Aussichtspunkten sah man nichts, nicht einmal den Canyonrand! Helen musste im Schritttempo fahren - eine lange Autoschlange hinter uns. Die waren bestimmt froh, dass wir den Weg nach vorne leiteten.

Dann haben wir einen klitschnassen Hitchhiker mitgenommen. Er und sein Bruder (wurde ebenfalls 5 Minuten später aufgegabelt) waren innerhalb von nur 4 Stunden vom Colorado hochgelaufen. Wie die das in dem Nebel geschafft haben, war uns ein Rätsel. Die beiden waren so nass, dass wir unsere Regencapes auf den Sitzbänken ausbreiten mussten, damit sie sich während der Fahrt hinsetzen konnten. Wir haben die beiden zu deren Auto gefahren. Sie waren so erschöpft, dass sie sich gar nicht richtig bei uns bedanken konnten. Man, hatten wir Glück mit dem Wetter bei unserer Wanderung in den Canyon!


Grand Canyon Video.

Am Desert View Watch Tower haben wir dann einen Lunchstopp eingelegt. Man konnte vom Parkplatz aus nichts erkennen. Wir wussten nur die ungefähre Richtung zum Canyonrand. Werden wir den Winnie auf dem Rückweg überhaupt wiederfinden? Wir haben versucht uns markante Wegpunkte zu merken. Der Watchtower (1935 entworfen und gebaut von Mary J. Coulter) war nur schemenhaft im Nebel zu erkennen, drinnen brannte aber ein gemütliches Kaminfeuer und eine alte Indianerin webte einen Teppich. Wir haben uns den bemalten Tower angeschaut und sind dann zum Restaurant rübergelaufen. Auf dem Rückweg hätte es bestimmt eine kürzere Strecke zum Winnie gegeben, wir sind aber vorsichtshalber genau die gleiche Strecke wieder zurückgegangen. Und da war er - ganz alleine im Nebel - unser Winnie!

Danach ging es stetig bergab in Richtung Page - unserer nächsten Station am Lake Powell. Die Wolken lichteten sich ein wenig aber es regnete den ganzen Tag und so sind wir ohne auszusteigen nach Page gefahren. Dort haben wir uns in einem Autoshop erst einmal eine Gummimatte, die wir über den Teppich bei Regen legen wollen, und einen Ledermob für die Scheiben gekauft. Der fehlte im Winnie nämlich noch und wir mussten im Laufe des Tages ein ganzes Paket unserer kostbaren Aldi-Taschentücher (die amerikanischen sind fürchterlich!) zum Scheibenwischen verbraten.

Aufgrund des Wetters haben wir uns für einen Hookup Campingplatz für 18 US$ direkt am Lake Powell entschieden. Es gab Fisch mit Kartoffeln und Petersiliensauce zum Abendessen und danach haben wir einige Tage in unser digitales Tagebuch geschrieben. Wir sind jetzt 10 Tage hintendran und müssen aufholen.

Leider haben wir es nicht für nötig gehalten im Regen unsere blaue Plane über das Alkovenfenster zu spannen. Ein großer Fehler, den die Kondensation auf den Scheiben war so groß, dass unsere Matratze nass wurde. Als der Regen weniger wurde sind wir dann schnell rausgesprintet und haben die Planen noch über die Frontscheiben gespannt. Das macht so einen Unterschied aus!