09.-15.02.2004: Tecolote Beach - Ciudad Constitucion - Bahia Magdalena

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Von Los Barriles ging es dann für zwei Nächte wieder an den kostenlosen Tecolote Beach nördlich von La Paz. Erneut war es viel zu windig, um das Kanu vom Dach zu holen - Schade, wir hätten gerne die Delfine gesehen. Ein älterer Kanadier sorgte allerdings für Action. Wir waren gerade gemütlich am frühstücken, als er mit seinem 15 Tonnen Wohnmobil direkt hinter uns im Sand stecken blieb. Die Hinterreifen waren bis zur Achse im Sand eingegraben. Da wir das Problem ja auch schon hatten, sind wir gleich raus und haben mit unserer kleinen Schaufel die Reifen freigelegt. Unsere Gummimatten wurden drunter gelegt und ein anderer Ami hat mit seinem 4x4 Pickup vorne gezogen. Nach drei Anläufen war das Wohnmobil dann wieder draußen. Ohne fremde Hilfe hätte der Kanadier es nie geschafft! Leider sah der Boden hinter Winnie nun aus wie auf einem Militärübungsplatz und wir mussten uns am nächsten Morgen einen anderen Ausweg suchen.

Von einem Ehepaar aus Salzgitter hatten wir den Tipp bekommen unbedingt in La Paz ein gegrilltes Hähnchen mit Pommes zu essen. Für umgerechnet 3,50 € gab es soviel Fleisch und Pommes, dass wir beide locker davon satt geworden sind - köstlich! Von La Paz aus ging es nordwestlich in Richtung San Carlos. Erneut mussten wir durch einen Checkpoint durch und dieses Mal hat der Soldat lange in Kirstens Unterhosen rumgewühlt - als wenn wir ausgerechnet da Drogen verstecken würden!

Bis San Carlos haben wir es dann nicht mehr ganz geschafft und haben statt dessen eine Nacht auf einem netten Campingplatz in Ciudad Constitucion verbracht. Am nächsten morgen wollten wir dann eigentlich nach San Carlos fahren, aber unser Benzintank streikte mal wieder. Das Benzin kam oben aus der Öffnung wieder raus und wir mussten in die Werkstatt. Zum Glück ist Ciudad Constitucion mit 35000 Einwohnern kein kleines Kaff und wir haben schnell eine modern-aussehende Werkstatt gefunden. 4 nette Mechaniker haben dann eine Stunde lang an den Schläuchen zum Benzintank gearbeitet - keiner konnte Englisch sprechen aber wir konnten uns mit Hilfe unseres Spanisch-Buches und Zeichensprache gut verständigen. Wir befürchteten, dass uns der Spaß über 100 US$ kosten würde, aber zu unserer Überraschung waren es dann nur 10 US$ (inkl. Trinkgeld) - unglaublich billig und das Problem war ebenfalls gelöst. Wir konnten wieder tanken!

San Carlos war uns alles andere als sympathisch - eigentlich wollten wir dort mit dem Kanu die Wale beobachten, aber wir mochten die Atmosphäre dort nicht und sind gleich wieder nach Ciudad Constitucion zurückgekehrt. Mitten in der Nacht hörten wir einen lauten Knall - wir waren gleich hellwach! Versucht jemand unsere Fahrräder zu klauen? Wir hörten etwas schnaufen und etwas bewegte sich auf dem Schotter. Helen schaute vorsichtig durchs Fenster und wir mussten feststellen, dass ein paar streunende Hunde die Mülltonne umgekippt hatten, um nach Essensresten zu suchen!

Die nächsten 4 Tage und Nächte haben wir dann in Puerto Lopez Mateos an der Bahia Magdalena verbracht. Wir konnten kostenlos am Ende einer Landebahn direkt neben einer Fischfabrik parken. Das Wasser war keine 5 Meter entfernt und wir hatten einen traumhaften Blick auf die vorgelagerten Sanddüneninseln und die vielen Grauwale, die hier im Frühjahr durchziehen. Schon am ersten Nachmittag sahen wir die Wale von Ufer aus "breachen" - die schießen fast mit dem gesamten Körper aus dem Wasser und machen dann einen riesigen Bauch- oder Rückenklatscher. Ab ca. 13 Uhr kommt dann vom Meer her starker Wind auf und es wird ziemlich kühl. Wir haben den Nachmittag über dann immer bei einer Tasse Tee oder Kaffee die Wale mit dem Fernglas von drinnen beobachtet. Man konnte einfach nicht genug davon bekommen!

Kaum war es dunkel war es wieder windstill, dass Wasser war spiegelglatt. Nachts konnten wir die Wale so laut prusten hören, dass man das Gefühl hatte, die schwimmen direkt am Winnie vorbei. Traumhaft!

Am nächsten morgen haben wir dann das Kanu vom Dach geholt und sind zwei Stunden lang auf dem glatten Wasser zwischen den Walen unterwegs gewesen. Die größten Wale können bis zu 15 Meter lang werden - man bekommt schon ein bisschen Respekt, wenn auf einmal ein Wal neben unserem kleinen Kanu auftaucht und dann den riesigen Kopf aus dem Wasser hebt, um uns zu inspizieren. Aber die sanften Riesen tun keiner Fliege etwas und wir fühlten uns zwischen den Walen recht sicher. Wir waren dennoch froh, dass kein Walbaby direkt unter unserem Kanu auftauchte. Die werden mit zunehmenden Alter immer neugieriger und mit viel Glück kann man sie sogar streicheln - uns blieb diese Erfahrung aber leider verwehrt.


Kajaken zwischen den Grauwalen.

Auf dem Rückweg kam dann ein Motorboot auf uns zu und ein Typ zeigte uns seinen Ausweis. Angeblich braucht man fürs Kayaken eine Erlaubnis, die dann bestimmt viel Geld kostet. Wir taten so, als wenn wir kein Wort Spanisch oder Englisch verstehen würden und fuhren seelenruhig ans Ufer. Es gab nirgendwo Verbotsschilder - die wollen bloß, dass man auf die teuren Whalewatching Trips geht. Wir waren aber nicht die einzigen Camper, die ihr Boot ins Wasser gelassen haben. Barry - ein sehr fitter 62-jähriger Ami aus Florida - hatte ein kleines Schlauchboot mit Aluboden und Außenbordmotor und lud uns ein am nächsten Tag mit ihm weiter nördlich zur Mündung und auf eine der einsamen Sandinseln zu fahren. Barry ist pensionierter Meeresbiologe und hat mit Delfinen gearbeitet. Wir haben das Angebot natürlich dankend angenommen, da wir mit dem Kanu die lange Strecke nicht hätten fahren können.

Unser Tag mit Barry war definitiv der beste und spannendste, den wir bis dato auf unserer Reise hatten. In der Mündung zur offenen See hin tummelten sich Hunderte von Grauwalen. Wir wussten gar nicht, wohin wir gleichzeitig schauen sollten. Überall waren sie am "Skyhoppen" (die Wale kommen dabei senkrecht mit dem gesamten Kopf aus dem Wasser - bis zu den Augen - und gehen dann ganz langsam wieder senkrecht unter). Dann haben wir Wale bei der Paarung beobachtet. Zwei Männchen begatten dabei immer ein Weibchen - vermutlich um sicher zu gehen, dass die Befruchtung auch klappt, denn die Wale kommen nur einmal im Jahr zur Paarung hier runter. Nach der Befruchtung dauert es dann ein Jahr bis zur Geburt des Walbabys. Das wiegt bei der Geburt dann schon doppelt soviel wie ein PKW! In den ersten 3 Monaten trinken sie dann soviel fettige Muttermilch, dass sie das dreifache Körpergewicht für die lange Reise in den Norden erreichen. Die erwachsenen Tiere nehmen hier in den flachen und warmen Gewässern nichts zu sich und verlieren gut ein Drittel an Körpergewicht.

Während der Paarung rollen die 3 Wale sich umeinander herum - man sieht ständig mindestens eine der riesigen Schwanzflossen aus dem Wasser kommen. Ein paar Delfine hatten Spaß an der Beobachtung der Wale und tummelten sich ebenfalls im Gefühl der Flossen. Barry hatte das kleine Schlauchboot so nah herangesteuert, dass wir von den Walen fast überrollt wurden. Eine riesige Flosse schoss nur einen Meter an uns vorbei. Kirsten hat noch wagemutig die Videokamera draufgehalten, aber man kann dem Ton entnehmen, wie aufgeregt wir waren. Das war ganz schön knapp!

Nachdem wir über eine Stunde die Wale beobachtet hatten, fuhr Barry in eine der flachen Lagunen und wir sahen einen verrückten Fisch, der epileptisch aus dem Wasser kam und viele Vögel, darunter Pelikane, Ibise, Graureiher und Fregattenvögel. Barry parkte das Schlauchboot und wir liefen barfuss über die Dünen zur anderen Seite der Sandinsel. Hier konnten wir die Wale in der offenen See breachen sehen und sind über 4 Stunden auf dem einsamen und Kilometerlangen weißen Sandstrand gelaufen. Außer uns gab es keine Menschenseele weit und breit - zumindest keine lebende.

Auf dem Rückweg haben wir Walknochen und Muscheln für Barry gesucht und sind buchstäblich über eine männliche Leiche gestolpert. Die Geier hatten das Fleisch weggefressen und wir fanden nur noch das komplette Skelett - die Beine steckten noch in der zerfetzten Jeanshose. Uns wurde ganz schwummrig von dem Anblick - wie lange der hier wohl schon gelegen hat? Wir waren offensichtlich die ersten, die ihn entdeckt haben, sonst wäre er bestimmt schon abtransportiert worden. Etwas 200 Meter entfernt lag ein gestrandetes weißes Boot - die Born Free aus San Fransisco. Ob beide ein Opfer des letzten Hurricanes waren? Wir beschlossen die Polizei zu informieren. Barry war noch so cool und hat die Leiche nach Ringen oder irgendeinem anderen Erkennungs-merkmal untersucht - aber er hat nichts gefunden.

Statt dessen hat er einen riesigen Grauwal-Rückenwirbel über 2 Stunden geschleppt. Kirsten hat für ihn noch eine Wal-Rippe getragen.

Wir waren doch erleichtert, dass wir das Schlauchboot unversehrt wieder vorgefunden haben - nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn es weg gewesen wäre. Der Rückweg war dann ziemlich anstrengend - der starke Wind sorgte für Wellengang und das kleine Schlauchboot hüpfte auf und ab - ziemlich schmerzhaft für den Rücken und die zarten Hinterteile! Aber die Schmerzen waren wie weggeblasen, als wir erneut die Wale um uns herum sahen. Gegen 16.30 Uhr waren wir wieder zurück und luden Barry zum Quesadilla-Essen und Käsekuchen ein. Ein toller Tag!


Abenteuer pur mit Barry.

Am nächsten Tag sind wir dann noch einmal 4 Stunden mit dem Kanu unterwegs gewesen während Barry die Leiche mit der Polizei und anderen Offiziellen vom Strand barg. Wir hatten uns ein bisschen zu weit heraus gewagt und kamen auf dem Rückweg in den Gegenwind. Einmal mussten wir sogar an Land, um das Kanu im flachen Wasser ziehen zu können - dann haben wir das Ruder runtergelassen und sind im Zweier-Doppelschlag Stück für Stück vorangekommen. Die Schultermuskulatur hat schon ganz schön weh getan, als wir endlich beim Winnie ankamen und das Kanu aus dem Wasser zogen. Helen hat sich im tiefen Schlick dann gleich noch auf den Hosenboden gesetzt!