10.-16.05.2004: Ontario Fishing Lodge

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Heute sollte für uns wieder der Ernst des Lebens beginnen. Die Sonne lachte vom Himmel, aber der Wind war doch ziemlich eisig. Wir fuhren den ganzen Tag und kamen gegen 17.30 Uhr bei der Fishing Lodge an. Die Besitzer waren selbst erst gestern hier angekommen und es gab weder Elektrizität noch fließend Wasser. Der See war immer noch zugefroren und die Temperaturen lagen nachts bei ca. -6 bis -8°C.

Die Lodge ist wunderschön in der Wildnis gelegen. Das Haupthaus und die sechs Hütten plus drei Appartements sind im leichten Halbkreis gebaut und von überall hat man einen tollen Blick auf den See. Die Sonne geht abends direkt über dem See unter.

Schon kurz nach unserer Ankunft mussten wir beweisen, was in uns steckt. In zwei Toiletten lagen mehrere Mäuse, die sich über den Winter dort eingeschlichen und am Anti-Frostmittel in den Toiletten gestorben waren. Aus einer Plastikflasche haben wir uns einen Schöpftrichter gebaut und Kirsten übernahm die ekelhafte Aufgabe. Auf den Veranden lagen mehrere tote Vögel, die im Winter gegen die Scheiben geflogen waren. Die wurden einfach mit einer Schaufel hinter die Hütten verfrachtet. Das Waschhaus und eine Hütte waren überseht mit Mäusescheiße. Außerdem mussten wir durch die Fenster der Appartements einsteigen, um die Türen von innen zu öffnen - es gibt keine Schlüssel mehr.

Wir konnten nachts nicht im Winnie schlafen, da die Temperaturen bei ca. -8°C lagen. Wir sind stattdessen in eines der Appartements gezogen und haben den Holzofen angemacht, um nicht zu erfrieren. Mitte der Woche kam dann der Winter zurück - es schneite und das gesamte Camp wurde unter eine weiße Decke gehüllt.

Die Wasserleitungen waren zugefroren und der Diesellaster konnte auf den eisigen Sandwegen keinen Treibstoff für den Generator liefern. Wir waren also komplett von der Außenwelt abgeschnitten - ohne Telefon, Wasser und Strom. Das Plumpsklo hinter der Mädchen-Hütte roch entsprechend nett und wir mussten Wasser aus dem eiskalten See holen, um uns zu waschen.

Die ersten Gäste kamen unerwartet am letzten Tag ohne Wasser und Strom - Freitag, den 14. Mai. Eigentlich sollten sie in einem Hotel im nächsten Ort für die Nacht untergebracht werden, aber die Gäste wollten das nicht. "Wir pinkeln gerne in den Busch und wer muss schon duschen?", hieß es eintönig. Männer! Wir mussten schnell feststellen, das Angeln eine echte Leidenschaft ist. Morgens, nachmittags und sogar abends nach dem Abendessen wird gefischt - rund um die Uhr.

Wir mussten die Hütten und Appartements also vorher noch saubermachen. Statt Staubsauger gab es Handfeger und Schaufel, die Badezimmer wurden mit Glasreiniger geputzt und die Betten wurden mit Bettwäsche bezogen, die ein halbes Jahr im Waschhaus lag. In der ersten Woche hatten wir zum Glück nur 7 Gäste plus 8 Camp-Mitarbeiter.

Es fing also alles an nach dem Motto: Was nicht tötet, härtet ab!

Aber wir haben auch viel gelacht und mussten jeden Tag unglaublich viel lernen. Es gibt tausend Dinge hier zu tun. Unsere Arbeitstage sind im Schnitt 13-16 Stunden lang - sieben Tage die Woche - und das über Monate. Am Anfang haben wir maximal 4-5 Stunden Schlaf in der Nacht bekommen - das ging auf Dauer an die Substanz.

Eigentlich sollten zwei weitere Mädels am Donnerstag kommen, aber die wurden aufgrund der widrigen Bedingungen im Camp kurzerhand wieder zurückgeschickt, obwohl sie bereits aus Winnipeg angereist waren. Die Besitzerin sollte sie eigentlich aus dem nächsten Ort abholen, ließ den Mädels aber über das dortige Reisebüro die schlechte Nachricht ausrichten. Das bedeutete für uns natürlich mehr Arbeit und wir mussten uns ganz schön abhetzen, um das Frühstück, die Hütten, das Mittag- und Abendessen rechtzeitig fertig zu bekommen. Wir waren auch ein bisschen besorgt, dass die beiden Mädels nach dem Anreisetheater nicht mehr kommen wollen.

Das Kochen ist zum Glück wesentlich leichter, als wir uns das vorgestellt haben. Statt 4-Sterne-Gourmet Essen gibt es hier im Tages- und Wochen-Rhythmus immer das gleiche.

Es gibt 3 verschiedene Frühstücks im Wechsel:

- Bacon, Eggs, Hushbrowns und Toast
- Pancakes mit Würstchen (wie kann man das nur essen?)
- French Toast (Armer Ritter) mit Würstchen

Die Eier werden je nach Wunsch auf der großen Heizplatte zubereitet. Neben dem klassischen Spiegel- und Rührei lieben die Amis "Over Easy". Das Spiegelei wird dabei für ein paar Sekunden auf die andere Seite gewendet - das Eigelb sollte dabei möglichst heil und flüssig bleiben. Wir hatten bei den ersten Over-Easy-Eiern Respekt und einige landeten direkt im Mülleimer. Aber mit ein bisschen Praxis ist das gar nicht mal so schwierig und die Gäste haben uns in höchsten Tönen dafür gelobt. So tolle Over-Easies haben sie hier in all den Jahren noch nie bekommen!

Das Mittagessen besteht immer aus Bratkartoffeln, frittiertem Fisch (wird frisch von den Gästen selbst geangelt), Nudelsalat und Bohnen in Tomatensauce. An kalten Tagen haben wir auch schon mal eine leckere Suppe dazu gemacht.

Zum Abendessen gibt es überwiegend Deutsche Küche im Wochenwechsel: Schweinebraten mit Sauerkraut und Rotkohl, Curry-Hühnerfrikassee, Spaghetti Bolognese, Hackbraten, Rinder-Gulasch, Schweine-Koteletts und am Ende der Gäste-Woche gibt es ein 15 Dollar T-Bone Steak (Tellergroß und 2cm dick) mit gebackener Kartoffel. Dazu gibt es jeden Abend eine Salatbar mit Tomaten-, Kartoffel-, Gurken-, Broccoli-, Bohnen- und Coleslaw-Salat, einer Gemüseplatte, diversen Dressings sowie Oliven und Gewürzgurken.

Abgesehen von den Mitarbeitern - die können das alles schon nach einer Woche nicht mehr sehen - gefällt den Gästen das Essen super. Alles wird frisch gekocht und die Amis kennen so etwas von zuhause ja gar nicht.