17.-23.05.2004: Ontario Fishing Lodge

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Am Beginn unserer zweiten Woche haben wir leckere Kekse für die Gäste zum Mittagessen gebacken. Kirsten hatte den Gasofen bereits letzte Woche zum Franzbrötchen backen ausgetestet und die Gäste waren begeistert von den Keksen. Sie kommen seit 7 Jahren hierher - zweimal im Jahr - und ihr Lob "Ihr seit das beste Küchenpersonal, dass es hier je gegeben hat!" ging bei uns nach all dem Anfangsstress runter wie Öl. Das Küchenpersonal wechselt hier jedes Jahr und die Gäste können reihenweise Stories darüber erzählen. Leider haben wir die genauen Details nie erfahren, aber wir sollten in dieser Woche selbst noch einen Eindruck davon bekommen, warum das Küchenpersonal hier nicht wirklich lange überlebt!

Die Gäste waren begeistert von unserer Lebensgeschichte und wir bekamen neben vielen Tipps für die USA auch diverse Einladungen nach Chicago und Umgebung. Wir hatten sehr viel Spaß mit den Gästen zu sprechen - den Guides und den Besitzern ging das sichtlich auf den Keks. Wann hat es das in 17 Jahren schon gegeben, dass das Küchenpersonal von den Gästen mehr beachtet wird als die heiligen Fishing Guides?! Wir mussten uns bissige Kommentare anhören, wie z.B. "Die Gäste sind nur glücklich, wenn das Angeln gut ist und dafür sorgen alleine die Guides."

Es war deutlich zu spüren, dass die Guides - sobald die ersten Gäste da waren - sich von uns distanzierten, um mehr Trinkgeld zu erhaschen. Die Besitzer hatten obendrein ihren persönlichen Spaß daran, das Küchenpersonal gegen die Guides und umgekehrt aufzubringen.

Wir waren am Anfang sicherlich nicht perfekt - dafür gab es einfach zu vieles, an das man ständig denken und sich gewöhnen musste. Es fing schon mit so eigentlich einfachen Sachen wie das Tischdecken an. Je nach Tageszeit und Mahlzeit musste man bestimmte Dinge eindecken - morgens und abends gab es z.B. zur Kaffeetasse eine Untertasse, zum Mittagessen (wenn es drinnen statt fand) musste man die aber weglassen. Warum??? Angeblich um den Abwasch zu sparen, aber das machte nicht wirklich einen großen Unterschied aus. Im riesigen begehbaren Kühlschrank mussten die Fressalien immer an der gleichen Stelle angeordnet sein - genauso im dahinterliegenden begehbaren Kühlraum. Bei -20°C bleibt nicht viel Zeit nach bestimmten Dingen zu suchen. Für das Reinigen der Hütten haben wir am Anfang eine lange Checkliste mitgenommen, um nichts zu vergessen.

Die vielen Aufgaben führten unweigerlich zu vielen Fragen von unserer Seite und die Besitzerin war teilweise so genervt davon, dass sie uns mit eisigem Schweigen bestrafte. Wir wollten eigentlich nur alles richtig machen.

Am Dienstag wurden alle Propantanks im Camp aufgefüllt und wir hatten Glück, dass der Fahrer den richtigen Stutzen für unseren Gastank im Winnie dabei hatte. Unser Tank war komplett leer, da wir angenommen hatten, dass wir den Sommer über in einer der Hütten statt im Winnie übernachten werden. Aber es wurden alle Hütten und Appartements für die Gäste benötigt und so sind wir am nächsten Tag wieder in den Winnie gezogen. Wir parkten Winnie hinter der Küche und bekamen Strom aus dem Waschhaus über ein langes Verlängerungskabel. Es war nachts immer noch sehr kalt und so konnten wir wenigsten den elektrischen Heizlüfter anmachen, um nicht zu erfrieren. Wir haben uns gleich viel wohler im Winnie gefühlt, die Matratze war viel bequemer und wir konnten deutlich besser schlafen. Außerdem war es sehr schön ruhig und wir hatten unseren eigenen abgeschiedenen Platz.

Donnerstag war ein echter Pannentag. Kirsten gingen einige Over-Easy Eier auf der Heizplatte kaputt. Dann haben wir einen Gast vergessen zu bedienen und einer der Guides war ohne Teller. Später haben wir dann erfahren, dass die beiden anderen Mädels zum zweiten Mal nicht kommen werden, da es Probleme mit ihrem Busticket in Winnipeg gegeben hat. Die Ärmsten waren bereits um 6.30 Uhr am Busbahnhof gewesen und die vorbezahlten Tickets fehlten - vermutlich hatte die Besitzerin des Camps das Bestellen vergessen. Das bedeutete für uns erneut viel Extra-Arbeit, da sehr viele neue Gäste im Anmarsch waren.

Einige davon machten die Atkins-Diät (totaler Verzicht auf Kohlenhydrate) und eine Dame war Vegetarierin. Da alle Mahlzeiten im Camp Fleisch enthielten, waren wir glücklich, dass sie ihr eigenes vegetarisches Essen gleich mitgebracht hat. Das Problem war nur, dass es Mikrowellenessen war und wir hatten keine Mikrowelle. Den riesigen Gasofen nutzten wir ständig zum Warmhalten der Speisen und die Hitze reichte nicht aus, um das Mikrowellenessen zu erwärmen. Helen übernahm die Verantwortung und versuchte die erste Mahlzeit in einem Wasserbad auf dem Gasherd zu erwärmen. Unglücklicherweise schmolz der Styroporbehälter und das Wasser lief in die Enchiladas. Eine glatte Katastrophe! Wir starrten besorgt auf die getränkten Enchiladas und Helen war kurz vorm Heulen. Was sollten wir nun machen? Es blieb uns nichts anderes übrig, als das Wasser etwas abzugießen und die Enchiladas auf einem Teller ohne weiteren Kommentar zu servieren. Anschließend schnitt sich Helen noch in die Hand, als ihr beim Abwasch ein Glas zersprang. Zu allem Überfluss beschloss der Besitzer dann ebenfalls auf eine Diät zu gehen - bei 24 Gästen und 9 Mitarbeitern wurde es langsam kompliziert mit all den Sonderwünschen fürs Essen.

Freitag Nachmittag kamen dann endlich die beiden neuen Mädels - Lisa (25) und Jessica (22). Während die beiden Mädels und die zwei neuen Guides ihre Sachen aus dem Auto nahmen, zog uns die Besitzerin beiseite und erklärte, dass sie kurz davor war die Mädels wieder nach Hause zu schicken. Lisa hatte den Hinterkopf kahlgeschoren und trug einen Ring in der Unterlippe - das gefiel der Besitzerin wohl nicht. Wir waren baff - wie kann man Menschen nur so schnell nach ihrem Äußeren verurteilen? Wir fanden die beiden Mädels jedenfalls sehr nett und waren froh über deren Unterstützung. Die beiden haben ohne großes Aufsehen den kompletten Abwasch am Abend gemacht - und das war nicht wenig!

Am Samstag morgen kamen die Mädels zu ihrer ersten Frühstückvorbereitung 45 Minuten zu spät. Sie waren ohne Wecker angereist, da die Reisebürotante aus dem nächsten Ort ihnen mitgeteilt hat, dass es im Camp bestimmt einen Weckdienst geben sollte. Yeah, right! Die Besitzerin hatte den beiden einen alten Wecker gegeben, der an diesem Morgen aber wohl versagte.

Wir waren bereits im Monsterstress, da es unglücklicherweise das aufwendigste Frühstück für über 30 Leute war - Bacon, Eggs, Hushbrowns und Toast. Helen hatte große Probleme mit den Over-Easy Eiern auf der Heizplatte. Aus einem unerklärlichen Grund klebten die wie Padex fest und zerbrachen beim Umdrehen. Helen war verzweifelt - 24 Gäste und 7 Guides warteten auf ihr Frühstück. Sie bat die Besitzerin um Hilfe, aber die verpisste sich und ließ uns alleine in der Küche. Wir sahen sie lachend und flüstern am Guides-Tisch sitzen - sie hatte offensichtlich Spaß am Chaos in der Küche. Wir waren sauer! Zu allem Überfluss wollte einer der Gäste Rühreier, die Kirsten in der Pfanne machte. Die brannten in dem ganzen Chaos dann auch noch an. Die Besitzerin sah das Kommen, sprang aber nicht auf, um den Herd auszumachen oder die Eier zu retten. Es stank unglaublich nach Verbranntem in der Küche. Da diese offen zum Speisesaal ist, bekamen die Gäste das ganze Theater natürlich mit.

Wir bekamen die Situation schließlich alleine in den Griff, kochten aber vor Wut! Die Besitzerin hatte nichts besseres zu tun, als uns dafür auch noch mit sarkastischen Kommentaren fertig zu machen. Einer der Gäste hatte sich bei ihr über den laschen entkoffeinierten Kaffee beschwert. In Zukunft trinkt er dann den normalen Kaffee. Während sie uns das aufs Butterbrot schmierte, muss sie wohl vergessen haben, dass sie den Kaffee an diesem morgen gekocht hatte!

Der Tag wurde nicht besser. Die Besitzerin hatte nicht vor die beiden neuen Mädels selbst einzuweisen, dass überließ sie in all dem Stress ebenfalls uns. Helen übernahm die Küchenaufgaben - machte alle Salate und bereitete das Mittagessen vor. Kirsten versuchte im Schnellverfahren den Mädels das Reinigen der Hütten zu erklären - schließlich mussten 3 Appartements und 5 Hütten bis um 11.00 fertig sein.

Helen vergas am Abend das vegetarische Essen anzuschmeißen, das wir nun statt auf dem Herd in unserem kleinen elektrischen Ofen aus dem Winnie erhitzten. Um Zeit zu sparen stellte sie die Temperatur höher und das mit Spinat gefüllte Brot verbrannte total. Helen mochte an diesem Abend gar nicht mehr zum Servieren rauslaufen - ihr liefen die Tränen!

Der Sonntag morgen begann wie der gestrige - die Mädels waren dieses Mal 55 Minuten zu spät, da der Wecker erneut versagte. Das Scheißding funktionierte nicht! Und von wem kam er? Wir fragten uns langsam, ob die Besitzerin mit Absicht den Mädels einen kaputten gegeben hat, um einen Grund zur Kündigung zu haben. Zum Glück waren French Toast und Bratwürstchen angesagt, die wir auch in der Menge (90 und 60 Stück) ohne Probleme alleine und rechtzeitig fertig bekamen.

Nach dem Frühstück wurde uns dann von der Besitzerin mitgeteilt, dass einer der Guides das Mittagessen für das allererste Shorelunch (das Mittagessen findet an einer geschützten Stelle am See ca. 10 Bootsminuten vom Camp entfernt statt) abholen wird - uns kann man ja nicht trauen! Was war das? Was soll das heißen? Uns kann man nicht trauen? Bis dato hat uns niemand gezeigt, wie man das Arbeitsboot fährt. Das hat vielleicht was mit Können zu tun ... aber "You can´t be trusted"?

Das brachte das Fass zum überlaufen - wir zogen unsere Küchenschürzen aus und stürmten an der Besitzerin vorbei, um mit ihrem Mann über die unglaublichen und unerträglichen verbalen Entgleisungen seiner Frau zu sprechen. Das müssen wir uns nicht gefallen lassen! Wir hatten es satt von ihr ständig als "Retards" (Schwachköpfe) bezeichnet zu werden. Es war offensichtlich, dass sie hilfreiche Informationen vor uns verschwieg nur damit wir Fehler machen, an denen sie sich vergnügen konnte. Wir wurden sogar für Fehler verantwortlich gemacht, die sie begangen hat und davon gab es viele!

Wir erklärten ihrem Ehemann unsere Lage und machten klar, dass wir unter diesen Bedingungen nur noch solange arbeiten werden, bis die beiden neuen Mädels eingearbeitet sind - schließlich wollten wir 24 Gäste nicht in Stich lassen, die konnten ja nichts dafür und machten hier ihren Jahresurlaub.

Der Ehemann konnte oder wollte uns nicht verstehen - er nahm alles mit einem hilflosen Lächeln entgegen und sagte anschließend zu seiner Frau, dass sie sich aus der Küche raushalten sollte. Das kam ihr sogar noch entgegen, da sie das Kochen eigentlich hasst. Aber für uns war das noch ein größerer Nachteil, da wir die meisten Abendessen noch gar nicht gekocht hatten und dafür ihre Hilfe benötigten.

Die Besitzerin war offensichtlich überrascht von unserer Reaktion und wollte selbst mit uns noch einmal sprechen. Sie zitterte am ganzen Körper und konnte gar nicht verstehen, dass wir uns so sehr über sie aufregten. Wir seien übermüdet (Stimmt!) und wollten die Sachen zu perfekt machen (Stimmt! Was ist verkehrt daran?). Man sah ihr an, dass sie Angst hatte, das wir sofort das Camp verlassen. Sie erzählte uns erneut, dass sie Ersatz für Lisa und Jessica sucht - die beiden sind in ihren Augen ebenfalls "Retards". Wir konnten das nicht verstehen und versuchten sie davon zu überzeugen, den beiden Mädels eine Chance für die Eingewöhnung zu geben. Das dauert, wie wir selbst am eigenen Leibe spüren mussten.

Nach dem Gespräch hatten wir das Gefühl, dass sie vermutlich Ersatz für uns vier suchen wird. Soll sie doch! Wir beschlossen jedenfalls noch bis Ende Mai zu bleiben - man wird dann weitersehen. Lisa und Jessica waren sichtlich froh, dass wir nicht unsere Sachen gepackt und einfach gegangen sind. Wenn die wüssten, was hinter ihrem Rücken alles stattfindet!