07.-13.06.2004: Ontario Fishing Lodge

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Am Montag ist Helen mit der Besitzerin die Einkaufsliste durchgegangen. Lisa benötigte mal wieder ein paar persönliche Dinge und hatte einen Zettel an die Einkaufsliste gehängt. Die Besitzerin konnte ihre Schrift nicht lesen und bat Helen sie laut vorzulesen. Lisas Einkaufszettel enthielt folgendes:

- einen MP3-Player
- bigloudassheadphones (war exakt genauso geschrieben und bedeutete übersetzt: Arsch-laute-Kopfhörer)
- Gospel-CDs (an diesem Punkt fluchte die Besitzerin laut "I´m not going to buy any of that sh**" - übersetzt: diese Scheiße kaufe ich nicht!
- Haartönung - Grün und Lila (die Besitzerin starte Helen mit offenen Mund an und war sprachlos)
- Pizza (die Besitzerin ging auf die Palme)
- Moskito-Netze (die Besitzerin riss Helen die Liste aus der Hand und sagte "Right! Well! We´ll see about this!") - übersetzt: Okay, wir werden ja sehen!

Wir haben uns totgelacht - typisch Lisa! Lisa ist ein echtes Original - in Deutschland würde man sie wohl als Soft-Punkerin bezeichnen. Das berühmte F-Wort kam mindesten dreimal pro Satz zu Tage und sie liebte es anderen ihre gepiercte Zunge entgegenzustrecken. Sie hörte überwiegend laute Punkmusik - Gospel war nicht wirklich ihre Richtung, obwohl sie auch für Country, Folk und Klassische Musik zu haben war. Harte Schale, aber weicher Kern.

Am nächsten morgen knöpfte sich die Besitzerin Lisa vor und es stellte sich heraus, dass einer der Jungs Lisas Liste um ein paar Dinge erweitert hatte - lediglich der MP3-Player und die Kopfhörer waren von Lisa.

Wir fanden diese Aktion von einem der Guides ausnahmsweise mal witzig. Wir hörten immer häufiger von den Gästen, was die Guides so hinter unserem Rücken alles an Schwachsinn über uns erzählten. Sie behaupteten z.B. den Gästen gegenüber, dass in der Küche ständig Chaos aufgrund von Inkompetenz herrsche. Davon konnte bei weitem nicht die Rede sein. Wenn es mal hektisch wurde, dann lag es meistens daran, dass wir Dinge machen mussten, die man uns noch nicht gezeigt bzw. gesagt hatte.

Einer der Guides erzählte sogar, dass Helen und Kirsten bereits Omas seien! Was uns aber richtig ärgerte, war die böse Behauptung, dass wir uns vor dem Shorelunch drücken wollen, weil wir es hassten. Diese Behauptung wurde bereits vor unserer Bootslektion aufgestellt - wir hatten bis dahin nicht einmal die Chance bekommen zum Shorelunchspot rauszufahren - wie können wir es da hassen? Die Gäste merkten zum Glück, dass das Shorelunch für uns zum besten Teil des Tages gehörte. Man vermisste uns sogar, wenn wir mal nicht da waren (das war i.d.R. der Fall, wenn die Guides keine Gäste zu führen hatten und krampfhaft nach Aufgaben im Camp suchten). Die Jungs machten sich nie die Mühe beim Shorelunch das Essen zu servieren - die Gäste mussten sich selbst bedienen. Außerdem hatte keiner der Guides wirklich etwas interessantes zu erzählen. Wie sollten sie auch? Die hatten ja noch nichts von der Welt gesehen. Wir dagegen wurden ständig nach unseren Reiseerlebnissen gefragt und die Gäste genossen den Smalltalk mit uns.

Wir fanden das Gerede von den Guides Kinderkram. Was soll das? Schließlich bekommen alle mehr Trinkgeld, wenn sich die Gäste rundum wohl fühlen.

In dieser Woche waren vier Pärchen in der Lodge und es war richtig nett, mal ein paar Damen zwischen den Gästen zu haben. 97% der Gäste sind Männer und man merkte gleich den Unterschied, wenn das weibliche Geschlecht laut gackernd im Speiseraum saß. Die Ehemänner gerieten beim Angeln immer in Stress - häufig fingen die Damen nämlich die größeren Fische. Die älteste Dame, die wir im Camp hatten, war bereits 81. Seit ihrem zweiten Lebensjahr geht es zum Angeln - eine echte Leidenschaft. Sie kommt seit Jahren hierher und war bei jedem Wetter draußen.

Wir hatten die ganze Woche Spaß mit den Frauen und waren richtig traurig, als sie abreisten. Wir haben sogar kleine Geschenke und Dankeskarten von ihnen bekommen und verabschiedeten uns mit Umarmungen. Einer kamen sogar die Tränen!

Die Männer waren in dieser Woche aber auch sehr nett. Zwei haben uns an ihrem letzten Abend ihre "Master-Angler" T-Shirts geschenkt. Die bekommen alle Gäste, die Walleye-Fische über 25 Inches (62,5cm) und Northern Pike über 36 Inches (Hecht über 90 cm) fangen. Die großen Fische werden alle wieder in den See entlassen, nur die ganz kleinen werden beim Shorelunch gegessen. Jeder Gast muss eine Lizenz zum Angeln bezahlen und darf nur eine bestimmte Quote pro Tag für den eigenen Bedarf behalten. Dadurch kommt es nicht zur Überfischung und die Gäste kommen jedes Jahr wieder, um die großen Fische zu angeln. Wir haben uns richtig über die T-Shirts gefreut - keiner der Guides hatte jemals eins von den Gästen bekommen - und wir haben am nächsten morgen damit das Frühstück serviert.

Am Sonntag war Helen während der Zubereitung des Mittagessens (musste aufgrund des schlechten Wetters drinnen stattfinden) etwas fahrig. Sie stellte den Topf mit den Bohnen in Tomatensauce auf dem Herd, ging dann in den Kühlschrank, um die Eier für die Panade rauszuholen. Zwei Eier landeten auf dem Boden und Helen vergas total ihre Bohnen während sie den Schaden beseitigte - die Bohnen brannten unweigerlich an und es roch mal wieder bestialisch in der Küche. Helen war wohl etwas nervös, da England an diesem Tag das erste Spiel gegen Frankreich bei der Euro2004 hatte. Die meisten Spiele wurden zum Glück für uns live in unserer Mittagspause übertragen. Helen ahnte schon, dass England das Spiel mal wieder verlieren würde - was für ein Pech in der Nachspielzeit!