02.-8.08.2004: Trans-Canadian-Highway 17 East

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Am nächsten Morgen haben wir uns dann wie immer in die Küche zur Frühstücksvorbereitung aufgemacht. Eigentlich hätte es Pancakes geben sollen, aber die Besitzerin war scheinbar schon lange vor uns in der Küche gewesen, denn im Ofen fanden wir bereits Bacon und Hushbrowns zum Warmhalten - viel zu früh fertig! Sie war weit und breit nicht zu sehen und wir sind dann erst einmal zur Toilette gegangen. Kurze Zeit später fragte Kirsten die Besitzerin dann wie die Gäste gerne ihre Eier hätten, schließlich waren wir gestern abend nicht mehr anwesend gewesen. Sie schaute uns an, als wenn wir total verblödet seien, und fauchte "You are not cooking! You are off! (Ihr kocht heute nicht! Ihr habt frei!).

Das waren mal wieder Neuigkeiten für uns, da wir eigentlich erst ab morgen frei haben sollten. Helen fragte sie dann auch gleich, warum sie uns das nicht schon gestern abend erzählt hatte, dann wären wir gar nicht erst so früh aufgestanden! Darauf hin bekam die Besitzerin mal wieder einen ihrer üblichen Wutanfälle und beschimpfte uns erneut als "Retards" (Schwachköpfe). Sie dachte, dass sie uns gestern abend bereits klargemacht hat, wo der Hammer hängt.

Kirsten fragte dann nach, ob wir am 13. August wieder wie verabredet hier erscheinen sollen. Man sah es in ihrem Gesicht arbeiten und sie antwortete, dass wir sie besser vorher noch einmal anrufen sollten. Jetzt möchte sie jedenfalls, dass wir noch heute das Camp verlassen, wir sollten sie und ihren Mann doch einfach mal in Ruhe lassen. Wir erklärten ihr, dass wir den Winnie erst einmal startklar machen müssen, schließlich hatte der 3 Monate auf einer Stelle gestanden. Kirsten wollte anschließend eine definitive Zusage von ihr für den 13. August haben, nicht dass wir Hundert Kilometer umsonst zurück in das Camp fahren, nur um bereits einen Ersatz für uns vorzufinden. Sie antwortete, dass wir uns nach unser morgendlichen Vorstellung den 13. August an den Hut stecken können. Sie will uns nicht mehr sehen! Wir waren damit entlassen!

Kirsten sah sie daraufhin mit einem Lächeln auf den Lippen an und sagte zu ihr, dass wir im Grunde genommen nur Mitleid für sie haben. Sie verschwendet ihr Leben in dieser Lodge, die sie aus tiefstem Herzen hasst und diesen Hass lässt sie am Personal aus. Wie kann man Menschen nur so behandeln, die sich 12 Wochen am Stück den Allerwertesten für die Gäste und die Lodge aufgerissen haben?

Die Lodge war vor 17 Jahren der Lebenstraum ihres Mannes, dem sie auf Gedeih und Verderben folgen musste. Es ist kein Wunder, dass sie am ganzen Körper Arthritis hat. Körper und Geist sind total verkrüppelt. Nicht für 10 Sekunden möchten wir mit ihr unser Leben tauschen. Seit Jahren wollen die beiden diese Lodge schon verkaufen, aber niemand will sie haben. Also sind beide jedes Jahr wieder dazu gezwungen hier anzutanzen. Sie hassen ihre Gäste (O-Ton Besitzerin "They are all friggin´ idiots!") - der Besitzer macht sich nur sehr selten die Mühe mit ihnen zu reden. Und so wird es wahrscheinlich noch Jahre gehen. Das arme Küchenpersonal, dass uns noch folgen wird. Kein Wunder, dass die Gäste im nächsten Jahr wieder neue Gesichter sehen werden.

Wir hätten eigentlich gerne noch mal ein Jahr in der Lodge drangehängt, aber nicht unter diesen Besitzern. Die Lodge selbst und die Gäste sind wirklich nett und an das enorme Arbeitspensum gewöhnt man sich nach einer Weile. Die Gäste aus diesem Jahr werden uns bestimmt vermissen, aber wir haben mit vielen von ihnen noch Kontakt. Wenn wir nicht von allen Gästen soviel tollen Zuspruch erhalten hätten, dann wären wir vermutlich schon vorher gegangen. Warum die Besitzer sich und dem Personal das Leben immer so schwer machten, haben wir nicht wirklich verstanden. Unnötig!

Wir waren dennoch ganz froh, dass das Ganze ein Ende hatte und haben uns erst einmal in der Küche einen Tee gekocht und den Gästen "Guten Morgen" gewünscht. Der Tag war sehr schön sonnig und wir haben den Vormittag dazu genutzt unsere Fahrräder und den Winnie von oben bis unten zu schruppen. Wir sind dazu zum Bootssteg runter gefahren und haben die vielen Spinnweben und Dreck mit dem Wasserschlauch beseitigt. Dann wurden noch Öl, Bremsflüssigkeit und Kühlwasser aufgefüllt und Winnie sprang ohne Murren an. Good old Winnie!

Wir trafen die beiden Gäste auf ihrem Weg zum Boot und die konnten es gar nicht glauben, dass wir entlassen worden waren.

Gegen Mittag waren wir dann fertig und duschten noch schnell in der Hütte der Mädels. Um Punkt 12.45 Uhr fuhren wir mit dem Winnie dann durch das Tor und sagten erleichtert "Auf Nimmerwiedersehen!". Nun lagen noch 7 Wochen Kanada vor uns und die wollten wir endlich wieder in vollen Zügen genießen.

Es stellte sich allerdings eine Stunde später heraus, dass das Thema Lodge noch nicht ganz abgeschlossen war.

Uns kam ein Ranger-Auto entgegen. Es stoppte mitten auf der Fahrbahn und schaltete die roten Polizeilichter auf dem Dach an. Wir fragten uns noch kurz, ob er uns meint und schauten den Ranger beim Vorbeifahren an. Er sah nicht in unsere Richtung und so dachten wir, dass er gerade einen Einsatzbefehl bekommen hatte. Wir fuhren um die Kurve und sahen im Rückspiegel, dass das Ranger-Auto umdrehte und uns folgte. Dann gingen seine Alarmlichter aus und wir entspannten uns und fuhren weiter. Wir immer war der Winnie nicht der schnellste und es bildete sich eine kleine Autoschlange hinter uns. Kurz vor dem nächsten Ort überholte das Ranger-Auto dann alle anderen und setzte sich direkt hinter uns. Dann gingen die roten Lampen wieder an und er forderte uns mit Lichthupe auf umgehend zu stoppen. Was hatten wir verbrochen?

Wir fuhren rechts ran und machten den Motor aus. Irgendwo hatten wir gelesen, dass man im Auto sitzen bleiben soll und die Hände sichtbar aufs Lenkrad legen muss, wenn man gestoppt wird. Der Ranger war doch tatsächlich der gleiche, der ständig die Lodge kontrolliert hatte. Es stellte sich heraus, dass er sich nicht an uns erinnern konnte, er wollte lediglich wissen, woher wir kommen und ob wir geangelt haben und Fisch mit nach Hause nehmen. Wir mussten darüber lachen - was für eine Ironie! Er war ein wenig sauer darüber gewesen, dass wir nicht gleich beim ersten Mal gestoppt haben. Wir erklärten ihm, dass wir uns nicht angesprochen fühlten und er ließ uns mit einer verbalen Ermahnung weiterfahren.

Was für ein Tag! Erst werden wir gefeuert und dann mit Rotlicht angehalten. Wir waren gespannt, was als nächstes folgen sollte. Die Antwort lautete: PIZZZAAAA!!!! Endlich konnten wir nach 12 Wochen Deutscher Küche mal wieder herzhaft in eine große Pizza Hut-Pizza reinhauen. Lecker!

Dann fanden wir ein verlassenes Mienengelände - ein idealer Platz, um sich für die nächsten zwei Tage einfach nur zu entspannen. Die Miene war in ein Erholungsgebiet mit Wanderwegen umfunktioniert worden, aber offensichtlich wusste kaum jemand davon, denn wir waren ganz alleine dort. Das Wetter war warm und sonnig und wir holten unsere Solardusche raus. Herrlich! Wir sind spazieren gegangen und haben gelesen und endlich mal wieder richtig ausgeschlafen!

Wir beschlossen uns in den verbleibenden sieben Wochen New Brunswick und Nova Scotia anzuschauen. Entlang des Trans-Canadian-Highways ging es also immer weiter in Richtung Osten. Die Landschaft war immer die gleiche - Bäume und ab und zu mal ein blauer See. Ziemlich langweilig! Nachts haben wir uns dann immer kostenlos in die Walachei gestellt. In Thunder Bay hatten wie das Glück Harry Potter 3 noch in einem kleinen Kino zu sehen.

Dort mussten wir dann auch noch schnell Winnies Rücklichter entrosten lassen. Die Halterungen für die Glühbirnen waren während der langen Standzeit in der Lodge eingerostet und funktionierten nicht mehr.

Nördlich von Thunder Bay haben wir uns nachmittags den Quimet Canyon angeschaut - eine tiefe Schlucht aus Lavagestein.