06.-12.09.2004: Campbellton - St. Anne Canyon - Quebec City - Smith Falls - Haliburton Forest

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Am Montag sind wir von der Acadian Peninsula über Bathhurst nach Campbellton gefahren. Hier steht der größte Lachs der Welt - 8 Meter hoch. Helen wollte unbedingt Schlittenfahren gehen auf dem Sugar Loaf Mountain (sieht tatsächlich aus wie der Zuckerhut in Rio de Janeiro). Für umgerechnet 2 € ging es zweimal mit der Seilbahn den Berg hinauf und mit den Alpinenschlitten auf der Betonbahn wieder runter - Riesenspaß! Helen gewann beide Rennen auf der parallelen Bahn ohne Probleme. Kirsten wäre beim zweiten Mal fast aus der Bahn geflogen und bekam anschließend die Muffe.

Von dort aus ging es am späten Nachmittag wieder über die Grenze nach Quebec. Erneut gab es eine unfreundliche Begrüßung - ein Lasterfahrer kam uns auf der Kurvenreichen Straße auf unserer Fahrbahn entgegen und Helen konnte gerade noch das Lenkrad rumreißen! Idioten! Kurze Zeit später wurden wir von der Polizei angehalten. Warum wir denn so langsam fahren würden? Gibt es Probleme mit dem Fahrzeug, fragte uns ein sehr netter Polizist. Winnie ist halt nicht der schnellste in den Bergen, außerdem war die Straße mal wieder voller Schlaglöcher, erklärten wir ihm und er ließ uns weiterfahren. Für die Nacht haben wir dann einen sehr schönen Platz direkt an einem Fluss gefunden - idyllisch!

Am Dienstag sind wir nach einem leckeren Blaubeer-Pfannkuchen-Frühstück bei heftigen Gegen- und Seitenwind bis kurz vor Quebec City gefahren - ein sehr langer Fahrtag!

Am nächsten Tag haben wir zunächst im St. Anne Canyon eine kleine Wanderung am Wasserfall entlang gemacht. Der tiefe Canyon war von mehreren Hängebrücken überspannt, von denen aus man junge Leute beobachten konnte, die auf gespannten Drahtseilen den Canyon überquert haben.

Am Nachmittag fuhren wir dann nach Quebec City rein. Von der Autobahn aus ging es direkt ins Stadtzentrum. Wir wollten zum Visitor Center in die Altstadt fahren und mussten dabei einen sehr steilen Abhang hoch. Oh Gott, die Steigung war ca. 45° und über 250 Meter lang und Winnie wurde langsamer und langsamer. Helen hielt krampfhaft das Lenkrad fest und hielt das Gaspedal am Anschlag. Mit ca. 2km/h ächzte und schnaufte sich der Winnie die Steigung hinauf. Helen wurde ganz rot im Gesicht und Kirsten konnten sich das Drama nicht mal anschauen. Winnies Motor röhrte und stöhnte und wir glaubten schon, er fliegt in die Luft. Aber Winnie ließ uns nicht im Stich - er schaffte es! Puhhhhh, das war knapp! Hinter uns gab es eine Monsterlange Autoschlange - der Fahrer hinter uns hat bestimmt auch die ganze Zeit gedacht "Na, rollen die gleich rückwärts den Abhang wieder runter ..."

Wir stellten den erschöpften Winnie direkt neben der Zitadelle auf einen kostenpflichtigen Parkplatz ab und gingen auf eine 3-stündige Wanderung durch die wunderschöne Altstadt. Quebec City ist die viert-meistbesuchte Stadt der Welt, hinter Sydney, London und Paris - wer hätte das gedacht!

Besonders gut hat uns Petit Champlain gefallen, ein sehr alter Stadtteil direkt an der Hangseite zum St. Lawrence River. Dieser Stadtteil wurde mehrfach über die Jahrhunderte zerstört - die Häuser sind nach Regenfällen einfach am Hang abgerutscht und haben unter sich alles begraben. Aber es wurde immer alles wieder aufgebaut und wir fanden die engen Gassen mit ihren Efeubewachsenen bunten Häusern sehr, sehr schön.

Danach sind wir zum Winnie zurückgelaufen und haben uns zum Abendessen Chinesisch gekocht. Der Sonnenuntergang über der Stadt war spektakulär - der Himmel brannte richtig im grellen Rot. Wir haben uns dann für eine Stunde noch mal die Altstadt bei Nacht angeschaut. Die Gebäude waren wunderschön angestrahlt.

Gegen 20 Uhr haben wir Quebec verlassen. Ursprünglich wollten wir zu einem Wal-mart fahren, entschlossen uns dann aber doch lieber die Nacht auf einem Rastplatz kurz außerhalb der Stadt zu verbringen. Der erste Rastplatz kam uns Spanisch vor. Dubiose Männer warteten im Dunkeln hinter der Toilette bei ihren Autos - Männerstrich oder Drogendealer? Wir wollten kein Risiko eingehen und sind gleich zum nächsten Rastplatz gefahren. Dort haben wir eine ruhige Nacht verbracht.

Am Donnerstag regnete es dann heftig - die Ausläufer von Hurricane Francis hatten Quebec und Ontario erreicht. In Florida hatte der ja schon großen Schaden angerichtet und hier wurden innerhalb von ein paar Stunden mehrere Gebiete überflutet. Wir hörten im Radio, dass es in Montréal einen sehr schweren Autounfall direkt auf unserer Strecke gegeben hat. Mehrere Laster und Pkws waren miteinander kollidiert und die Fahrbahn war in beide Richtungen für mehrere Stunden gesperrt, da man den Brand nicht in Griff bekam. Wir mussten uns also einen Umweg suchen. Unser Kartenmaterial war nicht gerade detailliert und wir waren uns nicht sicher, ob unser Umweg uns südlich von Montréal über den Fluss führen würde. Wir wollten in keinem Fall den Umweg über die USA machen. Die Straßen waren teilweise unter Wasser und Winnie bekam eine kostenlose Unterbodenwäsche. Der Umweg führte uns durch kleine Dörfer und wir merkten schnell, dass der starke Gegenverkehr für diese Region nicht normal war - das bedeutete, dass wir auf der richtigen Strecke waren und kamen tatsächlich ohne Probleme wieder in Ontario an.

In Smith Falls haben wir uns nach dem anstrengenden Fahrtag erst einmal eine Pause gegönnt und die Hershey Schokoladenfabrik besucht. Mann, roch das da lecker nach Schokolade! Man konnte die Produktionsstraßen von einer Fenstergalerie aus beobachten und bekam richtig Hunger. Im Shop konnten wir dann auch nicht an den 1,5kg Beuteln mit der "defekten" Schokolade vorbei. Für umgerechnet 3,80 € haben wir einen Beutel mit 15 Tafeln Mandel-Krokant-Schokolade gekauft. An der Kasse gab es dann kostenlos noch zwei Schokoriegel dazu. Helen hat vorsichtshalber gleich noch mal geschaut, wo die anderen Hershey-Fabriken in den USA liegen. Pennsylvania liegt rein zufällig auf unserer Strecke gen Süden - dort werden wir dann wieder aufstocken.

Aufgrund des Regens haben wir die Nacht in einem weiteren Passport America (PA) Campground verbracht - unsere Investition hat sich bereits gelohnt, die 109 US$ haben wir jetzt schon wieder raus und nun fängt das Geldsparen richtig an! Der Campingplatz war teilweise überflutet und wir hatten Probleme einen einigermaßen trockenen Platz zu finden.

Am Freitag weckte uns strahlender Sonnenschein! Wir fuhren weiter zum Haliburton Forest und fanden einen schönen Platz direkt am Kennilis Lake. Nach einem leckeren Abendessen holten wir die Schokolade raus - eins war klar, die wird nicht lange halten!

Am nächsten morgen sind wir früh aufgestanden und vom See stieg der Morgennebel auf. Wir haben uns unsere Wanderschuhe angezogen und sind auf eine 13km lange Wanderung durch den Haliburton Forest gegangen. An diesem Tag fand dort ein Langstreckenrennen für die ganz Harten statt. 100 Teilnehmer machten sich morgens um 6 Uhr auf die 50km, 50 Meilen und 100 Meilen langen Strecken auf. Für die vierfache Marathon-Strecke (100 Meilen) benötigen die Läufer ca. 30 Stunden. Die Strecke ging über hügelige Waldpfade mit glatten Baumwurzeln und zum Teil sehr matschigen Stellen. Wir hatten schon Probleme beim Wandern! Und die laufen die Strecke auch noch in der Nacht - nur mit einer Kopftaschenlampe bewaffnet! Wie verrückt oder bescheuert muss man denn dafür sein?

Wir jedenfalls genossen unsere Wanderung und nutzten anschließend im Basislager die Duschen. Die Nacht haben wir dort auf dem Parkplatz verbracht, denn wir wollten uns am nächsten morgen noch die Grauwölfe im naheliegenden Wolfszentrum anschauen. Einen Vorgeschmack darauf bekamen wir schon in der Nacht - die Wölfe heulten unglaublich laut und sämtliche Hunde in der Umgebung fingen an zu bellen. Gruselig!

Das Wolfszentrum war super spannend - wir haben vier Stunden dort verbracht. 1996 wurde ein Wolfsrudel von den USA aus in den Haliburton Forest umgesiedelt. Die sechs Wölfe bekamen ein 15 Hektar großes Gelände. Für die Forschung und die Besucher wurde ein Zentrum mit Museum, Videoleinwand und einer Fenstergalerie gebaut. Von dort aus kann man die Wölfe beobachten. Allerdings muss man dafür etwas Glück haben. Das Gelände ist so groß, dass sich die Wölfe überall im Wald befinden können.


Grauwölfe im Haliburton Forest Wolfszentrum.

Wir hatten Glück, denn an diesem Tag war es teilweise bewölkt und die inzwischen 10 Grauwölfe lagen ca. 5-15 Meter entfernt von unserer Glaswand in der Lichtung neben dem Zentrum, um die paar Sonnenstrahlen zu genießen. Gestern hätten wir sie nicht sehen können. Die Wölfe können die Menschen durch die Fenster nicht sehen, da sie von außen verspiegelt sind. Das verhindert, dass die Wölfe durch die Menschen irritiert sind. Obwohl sie einmal in der Woche von Rangern gefüttert werden, sind und bleiben es wilde Tiere. Vor ein paar Jahren hat sich eine Biologin ohne Begleitschutz in das eingezäunte Gebiet getraut und wurde von dem Rudel getötet.

Die Wölfe bekommen entweder Bieber oder totgefahrene Hirsche und Elche zu fressen. Leider waren wir zwei Tage zu spät da und konnten die Fütterung nicht beobachten. Wölfe haben einen mehr als doppelt so starken Biss wie ein deutscher Schäferhund - da bleibt nicht mehr viel übrig!

Man konnte deutlich die Hierarchie innerhalb des Rudels beobachten. Das Alpha-Männchen und Alpha-Weibchen sind die Leitwölfe und erzeugen als einzige Nachwuchs innerhalb des Rudels. Sie paaren sich im Februar und nach ca. 63 Tagen gräbt das Alpha-Weibchen eine Höhle und gebärt 4-7 Welpen. Davon sterben 50% innerhalb des ersten Jahres. Warum, weiß man nicht genau.

Im Rudel gibt es häufig auch ein Beta-Männchen und Beta-Weibchen (das können Geschwister oder älterer Nachwuchs des Alpha-Pärchens sein). Sie helfen bei der Aufzucht der Jungen, erzeugen aber selbst keinen Nachwuchs, solange das Alpha-Pärchen am Leben ist. Wenn einer der Alpha-Wölfe stirbt, rückt automatisch ein Beta-Wolf nach und wird zum Leitwolf. So kann es passieren, dass die Alpha-Wölfe Geschwister sind. Das ist zur Zeit in Haliburton der Fall. Erstaunlicherweise haben Wölfe keine Genprobleme mit Inzucht. Man studiert ihr Verhalten seit über 50 Jahren und kann diesbezüglich keine Degeneration feststellen.

Die Wolfswelpen öffnen erst nach 10-13 Tage ihre Augen. Nach 4 Wochen verlassen sie zum ersten Mal die Höhle und fangen an Fleisch zu essen. In der 5-8ten Woche werden sie mit den anderen Wölfen im Rudel vertraut gemacht. Das geschieht, indem die älteren Wölfe Nahrung hochwürgen und an die Welpen verfüttern. Treffen die Welpen nach 3 Monaten einen Wolf, den sie nicht kennen, dann wird dieser automatisch als Feind betrachtet und vom restlichen Rudel getötet. Schwache und kranke Tiere werden aus dem Rudel ausgeschlossen. Kehren sie zum Rudel zurück, werden sie getötet. Kehren sie nicht zurück, sterben sie ebenfalls, da Wölfe im Rudel jagen. Ein einziger Wolf kann sich in der freien Natur nicht ausreichend ernähren und verhungert.

Mit 7-8 Monaten fangen die Welpen an aktiv an der Jagt teilzunehmen. Nur jede 10te Jagt ist erfolgreich. An der Beute dürfen sich zunächst die Alpha-Wölfe satt essen. Wenn noch etwas übrig bleibt, dann folgen die rangnächsten Wölfe im Rudel usw. Aus diesem Grunde gibt es ständige Machtkämpfe innerhalb des Rudels und wir wurden Zeugen eines wilden Geknurres. Der unterlegende Wolf schmeißt sich dann auf den Rücken und der überlegende steht demonstrativ über ihm.

Wölfe können in der Natur bis zu 10 Jahre alt werden, aber die meisten erreichen nur die Hälfe davon, da die äußeren Lebensumstände sehr schwierig sind.

Es sind faszinierende Tiere und wir waren sehr beeindruckt von ihnen.