20.-26.12.2004: Tallahassee - Destin - New Orleans - New Sarpy

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Am Montag ging es dann nach Tallahassee. Winnie bekam nach einigem Hin- und Herfahren in einer kleinen Werkstatt innerhalb einer halben Stunde für 60 US$ einen neuen Öldruckmesser. Anschließend sind wir zu Camping World gefahren, um die Jungs dort mal nach unserem Toilettenproblem zu fragen. Sie vermuteten, dass unser Leck von einem defekten Ventil kommt und wir kauften ein entsprechendes Ersatzteil.

Ein paar Meilen weiter gab es einen Truck Stop und wir beschlossen dort für die Nacht zu parken. Dann machte sich Kirsten daran das neue Ersatzteil für die Toilette einzubauen. Um es kurz zu machen ... das Ganze hat 6 Stunden gedauert und am Ende waren wir genauso schlau wie vorher: die Toilette leckte auch mit dem neuen Ersatzteil! Wir tauschten das neue Teil dann wieder gegen unser altes aus und am Ende hatten wir einen weißen Plastikring in der Hand, den wir nirgendwo unterbringen konnten. Er war offensichtlich gebrochen ... sollte das unser Problem sein?

Völlig erschöpft sind wir anschließend ins Bett gefallen. Die Nacht war relativ ruhig, ab und zu hörte man allerdings die elektronische Ansage "Shower number 927 is now ready; shower number 928 is now ready". Bei "Shower 940" waren wir eingeschlafen!

Wir sind am nächsten morgen dann gleich wieder zu Camping World gegangen und haben dieses Mal unsere 10 Jahre alte Toilette gleich mit in den Laden genommen. Der Verkäufer machte ein entsprechend "begeistertes" Gesicht. Ihm blieb aber nichts anderes übrig, als sich für eine halbe Stunde mit uns zu beschäftigen. Ein anderer Techniker vermutete nun, dass der Wassertank einen Riss hat. Dafür könnte man zwar für 4 US$ ein Ersatzteil kaufen, dass Problem ist aber, dass wir den alten Tank nur mit grober Gewalt rausbekommen hätten und das neue Teil hätte vermutlich nicht mehr vernünftig eingebaut werden können (außerdem hätten wir es bestellen müssen). Man riet uns am Ende doch einfach eine neue Toilette zu kaufen. Der weiße Ring spielte übrigens überhaupt keine wichtige Rolle ... ein völlig überflüssiges Teil! Wir bekamen unser Geld für das Ventil zurück und machten uns etwas frustriert von dannen. Wir wollten im Internet erst einmal die Preise für eine neue Toilette prüfen, da Camping World nicht wirklich zu den günstigen Anbietern gehört.

Durch das ganze Rumgehubere hatten wir aber offensichtlich das Leck noch weiter verschlimmert ... es tropfte aus allen Ecken, auch, wenn wir die Toilette gar nicht benutzten. Für die nächsten Tage konnten wir nicht einmal mehr den Wasserhahn anmachen, wir mussten das Wasser aus unseren Flaschen zum Abwaschen und Zähneputzen nehmen. Scheiße!!!

Zumindest schien die Sonne, aber der Wind war ziemlich stark und recht kühl. Es lohnte sich nicht wirklich an den tollen Sandstränden in der Florida Panhandle zu halten. Der schneeweiße, sehr feine Sand wurde vom Winde verweht und es prickelte richtig auf den Beinen. Wir stoppten für die Nacht bei Wal-mart in Destin. Wir waren gerade dabei noch ein paar Sachen einzukaufen, als Kirstens Darm anfing zu rebellieren. Oh, shit ... Durchfall! Und gerade jetzt konnten wir unsere Toilette nicht benutzten. Typisch! Kirsten rannte den ganzen Abend mehrfach auf die Wal-mart Toilette.

Am nächsten morgen sind wir dann um 8-15 losgefahren - kurze Zeit später hörten wir im Radio, dass es eigentlich eine Stunde früher war. Wir hatten eine Zeitzone überfahren ohne es zu merken. Den ganzen Tag regnete es in Strömen und wir fuhren und fuhren ... erst durch Alabama, dann durch Mississippi bis nach Louisiana rein. Knapp 50km nördlich von New Orleans sind wir dann von der Autobahn runter zu einem Wal-mart Parkplatz gefahren. Kaum angekommen, musste sich Helen übergeben und bekam ebenfalls Durchfall. Wir müssen irgendetwas gegessen haben, was uns nicht gut bekommen ist. Helen blieb aber keine Zeit mehr auf die Wal-mart Toilette zu sprinten (abgesehen davon, dass draußen inzwischen ein heftiges Gewitter tobte) und sie musste wohl oder übel unsere Toilette benutzen. Scheiß drauf!

Kurze Zeit später hörten wir am Winnie ein lautes Rumsen. Überall standen verlassene Einkaufswagen rum und wurden vom böigen Wind in Geschosse umgewandelt. Kirsten machte sich im strömenden Regen auf und sammelte alle ein, die auch nur annähernd in Winnies Nähe standen. Ein Tag, den man getrost aus dem Kalender streichen kann!

Über Nacht hat es dann einen enormen Kälteeinbruch gegeben. Die Tagestemperaturen sanken am Donnerstag auf 4°C runter und für die nächsten Nächte war Frost angesagt. Wir beschlossen in New Orleans auf den nächsten PA Campground zu fahren, um nicht zu erfrieren. Am Nachmittag haben wir dann noch schnell unsere Wäsche gewaschen, weil wir befürchteten, dass das Wasser auf dem Campingplatz abgestellt wird, damit die Leitungen nicht zufrieren und platzen.

Über Nacht kam dann der erste Hagel. Normalerweise sind es ca. 16°C zu dieser Jahreszeit in New Orleans und keiner hat mit Schnee zu Weihnachten gerechnet.

Wir sind am Heiligabend bereits um 8 Uhr morgens in den Bus gestiegen und ins French Quarter gefahren. Das French Quarter ist ein Weltkulturerbe und der National Park Service bietet eine kostenlos geführte Tour an. Es werden aber pro Tag nur 25 Tickets vergeben und man muss pünktlich um 9 Uhr da sein, um noch Tickets dafür zu ergattern. Wir hatten Glück und bekamen ohne Problem zwei Karten.

Der Ranger konnte gar nicht glauben, dass bei so einem Wetter tatsächlich Touristen freiwillig mit ihm durch das Viertel laufen wollten und er fragte uns mehrfach, ob wir wirklich bei diesem eisigen Wetter (der Wind blies uns mit -5°C ins Gesicht!) losgehen wollen. Einen echten Touristen schreckt aber auch gar nichts und die ganze Gruppe sah aus wie eine Horde Michelin Männchen. Köstlich! Es fing prompt an zu hageln, als wir gegen 9.45 Uhr losmarschierten.

Es waren trotzdem sehr interessante 1,5 Stunden und wir lernten alles über die Französische, Spanische und später Amerikanische Geschichte von New Orleans. Sogar die Deutschen Einwanderer haben hier reichlich Einfluss hinterlassen.

Anschließend mussten wir unsere eisigen Füße ein bisschen aufwärmen und sind in den Touristenshops bummeln gegangen. Hier kann man zu jeder Jahreszeit Faschingsmasken und die dazugehörige Ausstattung kaufen. Die berühmte Mardi Gras Parade findet aber erst im Februar statt und dann kommen Hunderttausende von Menschen aus aller Welt in dieses kleine Viertel.

Dann haben wir eine Straßenbahn zum Garden District genommen. Hier findet man noch die wunderschönen Südstaaten-Villen inkl. Rolls Royce und Jaguar vor der Tür. Zurück im French Quarter haben wir erst einmal eine heiße Spinatsuppe gegessen und einen heißen Kakao getrunken. Eigentlich muss man in dieser Stadt Schrimps essen - in allen Variationen, aber da wir gerade erst Durchfall hatten, vermieden wir lieber jede Art von Meerestieren.

Die kostenlose Fahrt mit der Fähre über den Mississippi haben wir uns geschenkt und sind statt dessen ins Harrah´s Casino gegangen. Wir hatten eigentlich gehofft, dass wir hier kostenlosen Kaffee und Tee bekommen würden, aber das war leider nicht der Fall. Wir hatten nicht vor zu spielen und wieder Geld zu verlieren und schauten deshalb nur anderen eine Weile zu. Kirsten sah jedoch einen jungen Mann an einem Glücksrad richtig Schotter gewinnen und musste da mal nachschauen, wie das Spiel so läuft. Der Croupier - ein lustiger Farbiger Mann - lockte uns dann natürlich gleich ein paar Dollar aus der Tasche. Man musste seine Chips auf 1,2,5,10 oder 20 US$ Noten setzen und bekam den entsprechenden Gewinn, wenn das Glücksrad auf der Zahl stehen blieb. Kirsten hatte beim 5ten Dollar die richtige Eingebung und setzte auf die 20. Davon gab es insgesamt nur 2 Stück auf dem gesamten Glücksrad mit über 60 Feldern. Wir machten einen richtigen Luftsprung, als die 20 stehen blieb und selbst der Croupier freute sich mit uns. Statt weiter zu spielen, haben wir aber dieses Mal unseren Gewinn auszahlen lassen. Wer gierig ist, verliert wieder alles ... das ist dem jungen Mann leider auch passiert! Wir waren jedenfalls happy!

Es wurde langsam dunkel und wir sind noch einmal mit dem Trolley durchs French Quarter gefahren. Es war überall tote Hose! Keine Live-Musik ... keine Künstler auf der Straße ... keine tanzenden Menschenmassen ... nichts! Vermutlich, weil es einfach zu kalt an diesem Tag war. Man hatte uns davor gewarnt, im Dunkeln noch in New Orleans unterwegs zu sein ... einfach zu gefährlich! Und so nahmen wir rechtzeitig den Bus wieder zum Campingplatz zurück. Unsere Heizung ließen wir die ganze Nacht laufen! Brrrrrr!!!

Am nächsten morgen machten wir uns auf den Weg zu einem günstigeren Campingplatz. Dieser lag nur ca. 130km weiter westlich, aber wir sollten dort nie ankommen. Kaum hatten wir den Campingplatz in New Orleans verlassen, fing es an zu hageln, dann setzte leichter Schneeregen ein. Die Straßen waren aber frei und gut zu befahren.

Nach ca. einer halben Stunde sahen wir in der Ferne Blaulicht auf dem Highway 10. Eine Anzeigentafel ließ uns wissen, dass der Highway 10 gesperrt ist und man an der nächsten Abfahrt runter muss. Im Radio konnten wir keine Verkehrsnachrichten auf den ca. 100 Kanälen finden und wir blieben prompt im Stau vor der Abfahrt stecken. Es dauerte über eine Stunde, bis wir endlich den einen Kilometer von der Autobahn runter geschafft hatten. Wir fuhren auf die nächste Tankstelle, um die Lage zu checken. Was war passiert? Wir waren nicht die einzigen Reisenden, die auf dieser Tankstelle nach Rat suchten. Die netten Damen in der Tankstelle informierten uns, dass sämtliche Highways in Richtung Westen geschlossen wurden. Die Brücken sollen vereist sein und da es hier im Süden keine Streufahrzeuge gibt - der letzte Schnee fiel hier vor schlappen 50 Jahren!!! - sperrte man vorsichtshalber einfach alles ab. Fährerweise muss man sagen, denn die Amis können bei diesem Wetter einfach nicht autofahren. Wir haben Hunderte von Autos ohne Licht gesehen und viele fuhren immer noch im Schneeregen mehr, als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit.

Eine nette Frau aus der Gegend gab uns und den anderen dann einen vermeintlich guten Tipp, wie wir ohne Brücken trotzdem nach Baton Rouge kommen. Aber auch das half am Ende nichts! Ca. eine halbe Stunde später waren nicht nur die Autobahnen, sondern alle anderen Straßen in Richtung Westen komplett gesperrt. Wir versuchten mehrere Umwege, aber am Ende stand immer ein Polizeiauto auf der Straße und versperrte uns den Weg.

Was nun? Wir waren in einem kleinen Dorf namens New Sarpy gestrandet und konnten weder vorwärts noch rückwärts. Und inzwischen war aus dem Schneeregen richtiger Schnee geworden. Normalerweise freut man sich über Schnee zu Weihnachten ja, aber wir brauchten dringend eine Steckdose, um unsere Heizung anschmeißen zu können. Die Temperaturen sollten weiter über Nacht sinken und wir wollten nicht erfrieren.

Wir entdeckten vor einem kleinen Supermarkt einen Cola-Automaten und daneben war eine Steckdose frei. In unserer Verzweiflung haben wir uns dann einfach dort eingestöpselt. Der Laden war über Weihnachten geschlossen, aber es dauerte keine 20 Minuten und der Besitzer kam vorbei. Er wohnte gleich hinter dem Supermarkt und in einem kleinen Dorf wie diesem bleibt nichts verborgen.

Mr. Migliori war offensichtlich nicht begeistert über unsere Aktion, als wir ihm dann aber unsere Situation erklärten, zeigte er Verständnis und wir durften seinen Strom nutzen. Wir boten ihm Geld dafür an, aber davon wollte er nichts wissen. Statt dessen muss er anschließend seiner Shop-Managerin über "die beiden gestrandeten, jungen Damen" erzählt haben. Die tauchte dann kurze Zeit später mit leckerem - noch warmen - gekochten Weihnachtsschinken, Mandarinen frisch vom eigenen Baum gepflückt, Kuchen von ihrer Mutter gebacken und Brot bei uns auf und lud uns sogar ein, mit ihrer Familie das Weihnachtsfest zu verbringen.

Wir waren platt über diese unglaubliche Freundlichkeit! Also, dass muss man den Amis schon lassen: wenn jemand in Not ist, gibt es immer eine helfende Hand! Toll!

Wir fanden Pams Einladung zwar sehr nett, wollten dann aber doch nicht die Familienfeier stören und richteten uns statt dessen gemütlich im Winnie ein. Unser "Rotes Kreuz"-Paket blieb nicht lange unangetastet. Wie die Könige labten wir uns am leckeren Schinken (es war so viel, das wir immer noch davon essen!!!) und Kuchen. Was für eine Weihnachtsgeschichte! Das werden wir nie im Leben vergessen!

Am nächsten morgen lachte dann wieder die Sonne vom Himmel und der Schnee begann zu schmelzen. Für Mr. Migliori und seiner Managerin haben wir eine nette Weihnachtskarte geschrieben und sind anschließend persönlich bei ihm noch einmal vorbei gegangen, um uns zu bedanken. Er war ein bisschen schwerhörig und vermutlich locker über 80 Jahre alt, aber man sah ihm an, dass es sich darüber freute, uns vorm Erfrieren gerettet zu haben. Vermutlich kennt inzwischen ganz New Sarpy diese nette Weihnachtsgeschichte.

Wir verließen New Sarpy gegen 10-45 Uhr. Die Landstraßen waren inzwischen wieder geöffnet worden und es gab einen unglaublichen Verkehr auf den Straßen. Wir waren offensichtlich nicht die einzigen, die gestern irgendwo gestrandet waren. Hunderte konnten ihr Weihnachtsfest nicht mit ihrer Familie verbringen!

Kirsten musste dann erst einmal zu Hause anrufen und Bescheid geben, dass es uns gut geht. Von ihrer Mutter hat sie dann gehört, dass es in Südasien ein unglaublich schreckliches Seebeben gegeben und die Tsunamiwelle vielen, vielen Menschen das Leben gekostet hat. Wir waren geschockt! Was war passiert?

Es dauerte eine Weile, bis wir im Radio weitere Informationen zu dieser tragischen Katastrophe bekamen. Unvorstellbar! Warum hat niemand die Menschen in Sri Lanka, Indien, auf den Malediven und in Somalia gewarnt? Dort trafen die Wellen Stunden nach dem Erdbeben erst auf! Wie kann es angehen, dass in unserer hochmodernen Computer- und Informationswelt absolut keine Warnungen erfolgten? Man hätte zumindest dort die Menschen rechtzeitig evakuieren können, oder?

Hätte, wäre, wenn ... das hilft leider alles nichts mehr. Hoffentlich bekommen die Hilfsorganisationen die Lage dort einigermaßen in Griff und der Ausbruch von Seuchen kann verhindert werden. Wir haben spontan Geld gespendet und wünschten wir könnten mehr tun!