28.3.-03.04.2005: Tuxtla Gutierrez - Ocozocoautla - El Camaron - Hierve El Agua - Mitla - Tlaculula - El Tule - Oaxaca

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Am Montag mittag sind wir dann in Richtung Tuxtla Gutierrez weitergefahren. Leider war die ansonsten bestimmt wunderschöne Bergstraße vom Nebel bedeckt. Am späten Nachmittag kamen wir in Chiapas de Corzo an und haben einen kurzen Spaziergang um den Zócalo gemacht.

Kurz außerhalb der kleinen Stadt gehen die Bootstouren in den berühmten Sumidero Canyon los. Da es bereits 17 Uhr war, als wir dort ankamen, beschlossen wir gleich die erste Tour am nächsten morgen zu machen. Man erlaubte uns für die Nacht auf dem großen Parkplatz zu stehen.

Wir hatten gerade Reis aufgesetzt und waren dabei das Gemüse für unser chinesisches Essen zu schneiden, als wir einen lauten Knall auf Winnies Dach hörten. Kirsten rannte sofort raus und sah einen ca. 10-12-jährigen mexikanischen Jungen, der grinsend einen Mini-Football aufhob und weg rannte.

Der Bengel hatte zielgenau unsere offene Dachluke getroffen und die zeigte nun einen Riss auf. Na super! Helen machte sich gleich auf zu den Eltern und beschwerte sich. Es war die Dachluke über unserem Bett und beim nächsten Regen würde unsere Matratze mal wieder klitschnass werden. Die Eltern sprachen kein Englisch und wir machten ihnen in gebrochenem Spanisch unser Problem klar. Kirsten holte die Leiter raus und sah sich den Riss aus der Nähe an. Laut unserer Campingbroschüre kostet das Ersatzteil über 20 US $ zzgl. Montagekosten. Uns war sofort klar, dass wir hier in Mexiko keine neue Dachluke bekommen würden.

Während wir mit der Mutter über Geld verhandelten, stieg der Vater auf unsere Leiter und zog noch einmal kräftig an der Dachluke, der Riss wurde immer größer und wir schrieen ihn entsetzt an. Was sollte der Scheiß denn? Die Mutter zeigte am Anfang noch Verständnis für unsere Situation und bot uns 200 Pesos (etwas unter 20 US$) an. Wir zeigten ihr die Campingbroschüre und verlangten mehr. Dann schalteten sich urplötzlich die Großeltern und eine Tante ein. Die Tante wollte das Problem beseitigen, in dem sie uns eine Plastiktüte gab! Der Großvater meinte, dass der Schaden nicht einmal 200 Pesos wert sei und das Gerangel fing an.

Wir wurden immer wütender, denn der Großvater meinte auf einmal, dass der Junge den Football ja gar nicht geworfen hatte, sondern jemand anderes auf dem Parkplatz. In der ganzen Hektik hatten wir natürlich obendrein unseren Reis vergessen und der kochte dann auch noch richtig über!

Die Großeltern und Eltern unterhielten sich auf Spanisch und machten sich auf einmal auf zu ihren Autos. Wir schnallten die Lage sofort und während Kirsten den Winnie schnell abschloss, lief Helen zu den Autos und notierte sich die Kennzeichen. Die Autos waren hagelneu und man sah, dass die Familie Geld hatte. Während die Großeltern mit dem Jungen und der Tante losfuhren, hielten wir die Eltern davon ab in ihr Auto zu steigen. Wir einigten uns nach einer ganzen Weile auf 50 US$ Schadensersatz und folgten den beiden zu dem Auto der Großeltern. Man brauchte angeblich mehr Geld. Der Großvater weigerte sich und stieg sogar wieder aus, um uns mit Gewalt von den Eltern zu entfernen. Dann schalteten sich auch noch andere Mexikaner, die das Theater auf dem Parkplatz beobachtet hatten, mit ein und behaupteten ebenfalls, dass der Junge den Ball ja gar nicht geworfen hatte. Uns war klar, dass wir gegen die ganze Horde nicht ankamen und forderten die Eltern auf, die Polizei zu rufen, da wir weder ein Handy hatten noch ein Telefon in der Nähe war. Die Eltern versuchten mit allen Tricks zu ihrem Auto zu kommen und wir sahen nach und nach den Kürzeren. Helen versuchte noch durch das offene Fenster die Schlüssel aus dem Auto der Großeltern rauszuziehen, aber der Alte gab doch tatsächlich Vollgas und Helen hing im wahrsten Sinne des Wortes an der Fahrertür und wurde einige Meter mitgeschleift. Sie verlor dabei ihre Hauslatschen und lief sich die Füße auf dem Schotterweg wund.

Was für eine Frechheit! Man waren wir sauer! Wir versuchten ganz schnell im Winnie alles zu verstauen und den Autos zu folgen, hatten aber natürlich keine Chance. Wir wussten ja nicht einmal, woher sie kamen. Uns war klar, dass wir die Nacht nicht auf diesem Parkplatz verbringen können. Wer weiß, ob uns da nicht auch noch die Reifen aufgeschlitzt werden.

Im Dunkeln sind wir dann die 15km nach Tuxtla Gutierrez gefahren - eine ziemlich große Stadt in Chiapas - und laut unserem Lonely Planet gab es dort ein Touristenbüro. Der Direktor des Büros war unglaublich nett zu uns, nachdem er feststellte, dass wir aus Deutschland kommen. Er war gerade zur ITB in Berlin gewesen und fühlte sich geradezu verpflichtet uns vernünftig zu beraten (und er sprach gutes Englisch!). Wir erklärten ihm das Geschehen und gaben ihn die beiden Kennzeichen. Er holte anschließend den Anwalt und dieser zeigte uns klipp und klar auf, welche "Optionen" wir hatten.

Uns war schnell klar, dass wir keine Chance haben würden hier in Mexiko etwas zu erreichen. Sicher, wir könnten eine offizielle Meldung bei der Polizei machen und die Eltern verklagen. Dafür müssen wir aber eine Adresse in Mexiko haben und nach ca. 4-6 Wochen zu einer Anhörung erneut hierher zurückkehren. Das alleine würde ein vielfaches an Mehrkosten für uns bedeuten. Obendrein müssten wir Zeugen finden, die den Hergang entsprechend unserer Schilderung bestätigen - Null Chance!!!

Es war inzwischen nach 20 Uhr und wir durften zum Glück direkt vor dem Touristenbüro auf der Straße für die Nacht parken. Der nette Direktor sagte sogar dem Wachmann Bescheid und bat ihn ein Auge auf uns zu werfen. Wir haben allerdings kaum geschlafen, wir waren einfach zu sauer! Am nächsten morgen haben wir dann unsere Autoversicherung in den USA anrufen, um zu sehen, ob die den Schaden übernimmt. Leider müssen wir in solchen Fällen aber die ersten 100 US$ selbst tragen! Da saßen wir nun - um eine Erfahrung reicher und schlauer, aber unsere Dachluke war immer noch kaputt und musste schnellstens repariert werden. Erneut trafen wir auf unglaublich freundliche Hilfe vom Touristenbüro. Ein junger Mann brachte uns zu einer kleinen Werkstatt um die Ecke, die unsere Dachluke für 150 Pesos mit einer Fieberglasmasse wieder in Ordnung brachte. Wir lange das hält, wissen wir nicht, aber besser als gar nichts.

Nach all dem Hickhack waren wir richtig erschöpft! Und die Bootsfahrt durch den tollen Sumidero Canyon haben wir leider auch nicht machen können. Wir beschlossen die nächsten drei Nächte auf dem kostenlosen Campingplatz von Hogar Infantil - einem Kinderheim in Ocozocoautla - zu verbringen.

Der Amerikaner Nich Anderson begann 1963 in Mexikos ärmster Provinz Straßenkinder mit Essen zu versorgen. Mit der Unterstützung von anderen Touristen entstand daraus sehr schnell ein Heim für Jungen - Hogar Infantil. Das große Farmgelände kann heute bis zu 120 Kinder aufnehmen - ein Viertel davon sind Vollweise, der Rest sind misshandelte Kinder oder Kinder, die von ihren Eltern nicht mehr ernährt werden können. Das Heim finanziert sich ausschließlich aus Spenden, die allerdings in den letzten Jahren zurückgegangen sind und deshalb befinden sich zur Zeit nur ca. 80 Kinder hier. Seit 1990 wurden auch Mädchen aufgenommen. Die Kinder lernen hier nicht nur praktische Fähigkeiten, sondern bekommen auch eine komplette Schulausbildung. Viele von ihnen sind heute Anwälte, Ärzte, Ingenieure und Lehrer und kommen in regelmäßigen Abständen hierher zurück, als Vorbilder für die jetzigen Heimkinder. Die Kinder müssen sich um die Schafe, Hühner, Schweine und den Gemüse- und Obstgarten kümmern und in der Küche bei der Essenszubereitung helfen. Weitere Infos findet man unter www.hogarinfantil.org

Wir finden diese Einrichtung ganz toll und hatten in den drei Tagen sehr viel Spaß mit den Kindern. Kaum waren wir auf den Hof gefahren, kamen auch schon Oscar (9) und Leonardo (11) vorbei und halfen uns beim Aufstellen des Tisches und der Stühle. Wir zeigten ihnen unsere Mexiko-Fotos und lernten dabei gleich noch ein paar neue spanische Wörter. Im Gegenzug brachten wir ihnen etwas Englisch bei. Die Kinder sind hier alle unglaublich offen und geradezu zutraulich. Man merkt, dass es ihnen hier sehr gut geht. Die älteren Kinder kümmern sich um die Kleinen und jeder hilft, wo eine Hand gebraucht wird. Den Kindern ist durchaus bewusst, dass sie hier eine echte Chance auf ein ganz tolles Leben bekommen und verhalten sich entsprechend. Es gibt sogar einen Internetanschluss und wir haben mit den etwas Älteren das Länderspiel Mexiko gegen Panama auf einem großen Fernseher angeschaut.

Gegen 6 Uhr morgens wurden wir regelmäßig von einem sehr eitlen Vogel geweckt. Der Gute hatte unsere Außenspiegel entdeckt und flatterte laut zwitschern ständig dagegen. Ob es sich dabei um Selbstverliebtheit oder ein etwas ungewöhnliches Paarungsverhalten handelte, haben wir nicht rausgefunden. Nicht so begeistert waren wir allerdings von seinem Nachlass! Oh, shit!!!

Am Freitag ging es dann weiter westlich in Richtung Oaxaca. Nahe La Ventosa gerieten wir in einen heftigen Regensturm, der uns sogar dazu zwang am Straßenrand anzuhalten. Wir konnten einfach nichts mehr sehen. Unsere Dachluken und das Alkovenfenster hielten diesen Wassermassen nicht stand und es tropfte gewaltig. Die Nacht haben wir in El Cameron neben einem Restaurant verbracht, da wir in den Bergen keine PEMEX Tankstelle finden konnten. Wir haben dort dann auch zu Abend gegessen und einen Engländer kennen gelernt, der mit dem Motorrad durch Guatemala und Mexiko reist.

Am nächsten morgen hörten wir bei der Abfahrt laute Geräusche vom linken Hinterreifen und Winnie humpelte die Straße entlang. Wir dachten sofort, dass wir einen bösen Platten hatten, aber es stellte sich heraus, dass ein Faustgroßer Stein zwischen den beiden Hinterrädern eingeklemmt war. Mit Hilfe eines Stockes und heftiger Hammerschläge haben wir den Stein nach gut 15 Minuten dann wieder rausbekommen. Ein netter Mexikaner hat uns dabei geholfen - am Ende blieb uns fast noch der Stock zwischen den Reifen stecken! Gott sei Dank, blieb der Reifen aber ohne Schaden.

Auf der wunderschönen Bergstraße ging es dann weiter nach Mitla. Wir wollten uns in der Nähe die versteinerten Wasserfälle von Hierve El Agua anschauen. Anstatt aber nach der Wegbeschreibung aus dem Lonely Planet zu fahren, machten wir den großen Fehler handbemalten Schildern zu folgen. Wir kamen direkt von einem super neuen Autobahnabschnitt, der im Lonely Planet noch gar nicht erwähnt war und wir dachten zunächst, dass es eine neue, schnellere und direkte Straße zu den Wasserfällen geben würde. Statt dessen trafen wir keine 500 Meter nach der Autobahn auf eine Schotter-/Sandstraße, die uns zunächst durch ein kleines Dorf führte und dann in einer Einbahn-Serpentinen-Straße steil den Berg hinauf führte. Es gab nirgendwo eine Möglichkeit zu drehen und so mussten wir wohl oder übel im ersten Gang da hoch. Mannomann ... wir befürchteten jede Sekunde, dass wir Aussteigen und Winnie um die nächste enge Kurve schieben müssen. Aber der Gute kam in den engen und sehr steilen Kurven immer wieder in Schwung ... und das mit seinen 4 Zylindern! Kirsten bekam Krämpfe im rechten Bein vom anhaltenden Durchtreten des Gaspedals.

Nach gut 45 Minuten kamen wir dann oben auf dem Berg an (die Höhendifferenz zur Autobahn war mindestens 800 Meter). Eine Planierraupe versperrte uns den Weg und wir mussten 20 Minuten warten, bis der Schotterweg wieder platt gewalzt war. Wir dachten eigentlich, dass wir den schwersten Teil hinter uns haben und gleich bei den Wasserfällen sind, aber einer der Bauarbeiter sagte uns, dass wir auf der anderen Seite den Berg ganz wieder runterfahren müssen. Diese Seite war noch steiler und zudem sehr viel sandiger. Wir wussten sofort, dass wir auf dem Rückweg da nie wieder hoch kommen würden, da Winnies Reifen hier keinen Halt finden.

Nach 90 Minuten haben wir dann endlich die nur 25km lange Strecke bewältigt und mussten uns erst einmal eine halbe Stunde auf dem Parkplatz in Hierve El Agua von dieser Strapaze erholen. Aber unser Winnie ist schon super! Was bracht man einen Geländewagen, wenn man einen Winnie hat! Er bringt uns einfach überall hin!

Die versteinerten Wasserfälle von Hierve El Agua sind schon sehenswert. Über Tausende von Jahren wurden hier Mineralien aus den heißen Quellen über die Steilwände geschwemmt und sind kristallisiert. Wir sind zwei Stunden auf und unter den Wasserfällen gelaufen bei traumhaftem Wetter. Die Kakteen und Agaven standen in voller Blüte und man hatte einen tollen Blick in die umliegenden Täler.


Hierve El Agua.

Neben dem Winnie war in der Zwischenzeit ein Laster geparkt, auf dessen Ladefläche ein paar Kinder auf die Weiterfahrt warteten. Wir spielten eine Weile Winke-Winke mit ihnen - und die Kleinen übten fleißig "Hello" und "Goodbye". Es ist immer wieder schön zu sehen, wie fröhlich die Mexikanischen Kinder sind!

Wir verbrachten die Nacht auf dem Parkplatz und Kirsten ist am Sonntag morgen schon um 6 Uhr aufgestanden, um Bilder vom Sonnenaufgang über den Wasserfällen zu machen. Sie war Mutterseelen alleine - nur das Zwitschern der Vögel und Kolibris war in der Morgenstille zu hören. Traumhaft!

Wir folgten für den Rückweg nach Mitla dieses Mal der Wegbeschreibung im Lonely Planet. Kamen aber nicht sehr weit, da im angrenzenden Dorf eine schwere Eisenkette über die Straße gespannt war. Wir mussten eine halbe Stunde auf den Mann mit dem Schlüssel warten und der knöpfte uns dann auch noch 10 Pesos für die Durchfahrt ab. Aber wenigstens war die Strecke geteert und wesentlich einfacher zu fahren, als der Hinweg über den steilen Berg.

In Mitla hat sich Kirsten noch schnell die Zapotec Ruinen angeschaut - Helen ist immer noch ganz "ruiniert" von den vielen anderen, die wir schon gesehen haben. Anschließend haben wir in Tlacolula noch einen kurzen Zwischenstopp eingelegt, um über den Sonntagsmarkt zu schlendern. Kurz vor Oaxaca findet man in El Tule den angeblich größten Baum der Welt. Er ist über 2000 Jahre alt und sein Umfang beträgt 58 Meter bei einer Höhe von 42 Meter. Die kleine Kirche nebenan sieht wie ein Zwerg dagegen aus.

Gegen 14 Uhr sind wir dann in der wunderschönen Kolonialstadt Oaxaca angekommen und haben uns die alten Kirchen und den Zócalo angeschaut. Dort haben wir auch in einem Restaurant zu Mittag gegessen. Kirsten musste unbedingt die berühmte Mole Negro probieren. Diese Sauce ist eine Spezialität aus Oaxaca und besteht aus Schokolade und verschiedenen Gewürzen. Sehr lecker!

Wir wollten uns in Oaxaca mit Maria treffen. Sie hatte uns in San Cristóbal während der Osterparade angesprochen, als sie sah, dass Kirsten Fotos machte und fragte, ob wir ihr welche schicken können, da sie ihre Kamera nicht mitgebracht hatte. Es stellte sich heraus, dass sie eigentlich in Kiel lebt, vor ein paar Monaten aber nach Mexiko zurückgekommen ist, um das Erbe ihres Vaters zu klären. Sie hatte uns ihre Adresse in Oaxaca gegeben und wir wollten ihr eine gebrannte CD vorbei bringen, aber sie war am Sonntag abend nicht zu hause.

Wir sind statt dessen zu einem kostenlosen Klavierkonzert gegangen, haben aber die erste halbe Stunde verpasst, da wir nicht mitbekommen hatten, dass die Uhr an diesem Tag auf Sommerzeit umgestellt wurde. Es war trotzdem sehr nett. Die Nacht haben wir dann auf einer ruhigen Straße parkend um die Ecke von Maria verbracht.