11.-17.07.2005: Denali NP - Courtenay

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Am Montag haben wir in aller Ruhe mal wieder an unserer Website gearbeitet. Mannomann, wir sind so viele Wochen hinterher und kommen nicht weiter. Abends sind wir dann gemütlich Essen gegangen. Direkt gegenüber von der Jugendherberge gab es ein kleines Café mit tollem Essen zu günstigen Preisen. Unser Tisch wackelte aber sehr und Helen riss ein Stück aus ihrer zusammengefalteten Serviette raus und schob es unter das Tischbein. Dann kam unser Essen und Helen nahm sich ihre Serviette, um sie sich über die Hose zu legen. Im Zentrum klaffte ein Kopfgroßes Loch und wir machten uns vor Lachen fast in die Hose.

Am Dienstag morgen saßen wir dann wieder auf dem 8.30 Uhr Shuttle zum National Park. Der kleine Peter (4) und seine Eltern Julia und Frank, mit denen wir in den letzten drei Tagen viel Kontakt in der Jugendherberge hatten, waren ebenfalls an Bord mit Sack und Pack. Sie wollten heute den Zug nach Anchorage zurücknehmen und wir halfen ihnen beim tragen des Gepäcks. Die Familie stammt ursprünglich aus Taiwan, lebt heute aber in Texas. Julia war immer ganz fasziniert von unseren Reiseberichten und wir haben ihnen einige unserer besten Fotos auf dem Computer gezeigt. Der kleine Peter ist ein echt süßer Kerl, den jeder in der Herberge liebgewonnen hatte. Er sprach einfach mit jedem ohne Scheu zu haben und Julia und Frank fanden überall neue Freunde. Er zeigte uns ganz stolz seine neue Spieleisenbahn und war ganz aufgeregt vor der Zugfahrt.

Während die drei auf ihren Zug warteten, sind wir auf eine kleine Wanderung gegangen. Als wir wieder beim Visitor Center ankamen, sah Kirsten Peters Eisenbahn bei einem Promotionstand. Wir setzten uns nicht weit davon entfernt auf eine Bank und prompt sahen wir Julia hektisch über das Gelände laufen. Sie sah uns zum Glück und erklärte uns, dass Peter seine Eisenbahn verloren hat und am heulen war. Tja, wie gut, dass wir da helfen konnten. Sie lief gleich rüber zum Promotionstand und winkte uns anschließend glücklich und dankbar zu. Nach dem Motto "Jeden Tag eine gute Tat" freuten wir uns für sie und Peter mit.

Wir haben uns dann noch zwei Filme über die Grauwölfe im Park und die Aurora Borealis (Nordlichter) im Research Center angeschaut und sind anschließend bei recht schwülem Wetter noch den Mount Healy rauf gelaufen.

Am Mittwoch sind wir dann mit dem Park-Shuttle 11 Stunden lang im Denali National Park auf der 150km langen Parkstraße unterwegs gewesen. Es war überwiegend sonnig, Mt. McKinley versteckte sich aber leider erneut in den Wolken. Dafür haben wir aber insgesamt 11 Grizzlies, diverse Caribous, Elche, Rotfüchse und weiße Bergziegen gesehen. Die Grizzlies waren für uns das absolute Highlight des Tages. Es war das aller erste Mal im unserem Leben, dass wir sie live in der Natur beobachten konnten. Die Grizzlies im Denali National Park sind im Vergleich zu den Kodiak Bären (ein direkter Verwandter der Braunbärenart) nur halb so groß, wiegen aber im Schnitt immer noch über 200kg. Das Fell ist hellbraun und sehr flauschig. Leider konnten wir sie nur aus größerer Distanz beobachten (deshalb gibt es leider auch kein wirklich vernünftiges Foto) und man benötigte ein Fernglas. Wir hatten unser Fernglas gar nicht erst mit nach Alaska genommen, aber hinter uns im Bus saß ein sehr nettes Ehepaar und wir konnten uns den ganzen Tag über das Fernglas immer mal wieder ausleihen.

Es ist schon faszinierend, wie diese großen Raubtiere ihren schweren Körper mit einer Eleganz und Geschwindigkeit bewegen können. Sie wirken so gelassen und man möchte sie wie einen Teddybären streicheln. Aber sie sind für Menschen brandgefährlich - insbesondere, wenn sie Junge haben - und es kommt jedes Jahr hier im Park zu tödlichen Zusammenstößen. Wie schnell diese Bären rennen können, haben wir am Ende des Tages mitbekommen. Zwei Bärenbabys waren von ihrer Mutter getrennt worden. Wir sahen sie vor uns auf der Straße neben einem anderen Shuttle-Bus laufen. Die Mutter war über 700 Meter entfernt unten am Fluss und lief hektisch die Böschung rauf und runter und suchte ihre Jungen. Grizzlies können über 60km/h rennen und bei Gefahr attackieren sie ohne zu zögern. Die Busfahrer waren sich der kritischen Situation, die sich vor uns abspielte, bewusst und schalteten sofort den Motor aus. Wir verhielten uns alle sehr ruhig und beobachteten gespannt das Geschehen. Die Kleinen rannten weiter die Straße entlang und müssen nach der Mutter gebrüllt haben. Denn auf einmal rannte sie im Volltempo auf uns zu und alles atmete erleichtert auf, als sich Mutti und Babys wieder vereinten. Was für ein Drama!

Unser Busfahrer war ein super Typ. Bezeichnenderweise hieß er Elton Parks! Er sah wie ein echter Ranger mit seinem Vollbart aus und hatte eine tolle tiefe Stimme. Es machte richtig Spaß im zuzuhören und er hatte selbst Spaß an dieser langen Tour. Die Straße ist zum Fahren nicht ungefährlich - eine einspurige Schotterstraße, teilweise mit sehr steilen Abhängen und engen Kurven. Aber er blieb sofort stehen, wenn wir etwas entdeckten und war nicht sauer, wenn sich ein vermeintlicher Grizzly nur als hellbrauner Stein entpuppte. Er hatte viele lustige Geschichten zu erzählen und die 11 Stunden vergingen mit ihm wie im Fluge. Er fährt jeden Tag diese Strecke und hat vorne im Fahrerhaus immer eine Tüte mit Lollies dabei. Wann immer wie auf Wanderer an der Straße trafen, öffnete er sein Fenster und schmiss ihnen eine kleine Kalorienbombe zu. Herrlich, wie die Wanderer sich erst erschraken, dann feststellten, mit was sie beschmissen wurden und dann happy grinsten und grüßten.

Wir sind ganz bis zum Wonderlake rausgefahren und dort warteten bereits einige Wanderer, um wieder mit zum Visitor Center zurückzufahren. Leider hatten wir nicht mehr genügend Sitzplätze für alle an Bord und ein Ehepaar musste über eine Stunde auf den nächsten Shuttle-Bus warten. Elton schmiss ihnen zur Aufmunterung zwei Lollies zu, aber die beiden waren so sauer, dass sie die nicht haben wollten. Wir saßen ganz vorne und Helen stieg aus, um die beiden Lollies wieder von der Straße einzusammeln, denn Essensreste jeder Art dürfen nicht im Park bleiben, damit die Tiere wild bleiben und sich ihre natürliche Nahrung suchen. Einen der Lollies hatte Elton unabsichtlich überfahren und Helen konnte davon nur noch die Bruchstück einsammeln und in den Mülleimer schmeißen. Den anderen durfte sie aber für ihre Mühe behalten. Da Helen schon den ganzen Tag unbedingt einen Lollie haben wollte, war sie richtig happy darüber! Tja, die kleinen Dinge im Leben machen doch immer wieder glücklich, oder?

Auf dem Rückweg konnten wir dann noch eine Elchmutter mit ihrem Jungen im Wasser beobachten. Hier im Denali National Park ist der Sommer so kurz (im Schnitt ist der Park pro Jahr nur 2-3 Monate schneefrei), dass Elchbabies sich in dieser Zeit den Magen nur so voll stopfen müssen, um den harten und sehr langen Winter überleben zu können. Sie nehmen von der Geburt an pro Tag 2,5kg zu und gelten damit zu den schnellstwachsenden Tieren der Welt.


Tagesausflug im Denali National Park.

Gegen 20 Uhr waren wir dann wieder am Parkeingang angekommen, mussten aber 1,5 Stunden auf unseren Jugendherbergs-Shuttle warten. Für Kirsten eine echte Qual, da sie im Laufe des Nachmittags einen Migräneanfall bekam, der immer schlimmer wurde. Mit Ach und Krach schaffte sie es noch zur Jugendherberge. Kaum aus dem Auto ausgestiegen, kotzte sie in die Tüte. Rien ne va plus - nichts ging mehr! Ab ins Bett und Helen organisierte schnell ein paar Eiswürfel in einer Plastiktüte. Anschließend musste die arme Helen dann noch die Kotztüte entsorgen. Kein schönes Ende zu einem ansonsten tollen Tag!

Gott, sei Dank ging es Kirsten aber nächsten morgen wieder gut und wir machten uns ohne Probleme mit dem Bus wieder auf nach Anchorage. Typischerweise schien an diesem Tag die Sonne vom Himmel (irgendwie ist immer das beste Wetter, wenn man abreist) und wir hatten einen absolut traumhaften Blick auf Mt. McKinley. Dieses Mal konnten wir den gesamten Berg in seiner vollen Größe sehen. Einfach gigantisch! Man sieht ihn über Hunderte von Kilometern, sogar von Anchorage aus an einem klaren Tag wie diesen.

Gegen frühen Nachmittag waren wir dann wieder in der netten Jugendherberge in Anchorage. Kirsten orderte zwei Pizzas per Telefon. Die Lieferung dauerte aber eine ganze Weile, da das Mädchen am anderen Ende der Telefonleitung "Hospital" statt "Hostel" verstand. Nun hieß es mal wieder Taschenpacken, denn am nächsten Tag ging es zurück nach Vancouver Island.

Der Freitag war dann mal wieder ein sehr langer Reisetag. Anchorage war von einer Smogwolke bedeckt, da es südlich davon zu großen Waldbränden gekommen war. Wir hatten beim Abflug also keine schöne Sicht auf die ansonsten sehr schöne Berg- und Gletscherwelt von Alaska. Von Vancouver aus ging es mit einem kleineren Flieger nach Nanaimo, von dort dann mit dem Bus weiter nach Courtenay. An der Busstation in Nanaimo wurden wir noch Zeuge von einer Schlägerei zwischen einem Autofahrer und einem Jugendlichen, der dem Autofahrer vors Auto gelaufen war und anschließend noch obszöne Gestiken raushängen lies.

Gegen Mitternacht holte uns dann Heide (Kirstens (Kanada Kirsten) Mutter) ab und wir verbrachten die nächste Tage bei Heide und Dieter. Die beiden hatten wir zuletzt vor drei Jahren auf unserer 4-wöchigen Tour durch British Columbia getroffen. Heide und Dieter sind sehr alte Freunde von Kirstens Eltern und sind 1975 von Deutschland mit ihren drei Töchtern nach Kanada ausgewandert. Als wir Winnie vor Wochen bei Kirsten abstellten, waren sie gerade in Saskatchewan bei ihrer Tochter Ines. Es gab viel zu erzählen und wir sind am selben Abend nicht vor 2 Uhr morgens ins Bett gekommen.

Seit einem Jahr haben Dieter und Heide einen ganz süßen Langhaardackel mit dem Namen "Sir Freddy". Er war ganz aus dem Häuschen, als wir ankamen und rannte in einem Affentempo wie ein Verrückter durchs Wohnzimmer. Zum totlachen! Am nächsten morgen konnte er es gar nicht abwarten, dass wir endlich aufstehen. Mit den Pfoten kratzte er an unserer Zimmertür und man hörte das leise Jaulen. Kaum hatten wir die Tür geöffnet, wirbelte er wie ein Verrückter in unseren offenen Reisetaschen rum. Zum Knuddeln, der Kleine! Wir sind mit ihm abends noch eine Runde gelaufen - man könnte auch sagen, dass er uns um den Block gelaufen hat. Wir konnten gar nicht so schnell hinterher, wie er uns um die Ecken gezogen hat. Was für ein Energiebündel.

Wir fühlten uns bei Heide und Dieter gleich wie zuhause. Ihr schönes Haus liegt ganz ruhig und wir konnten uns herrlich entspannen. Am Sonntag kam dann Kirsten mit ihrem 2-jährigen Sohn Geoffrey vorbei und Helen übernahm das Babysitten für ein paar Stunden, damit Kirsten in aller Ruhe einkaufen gehen konnte.