12.-18.06.2006: Hamburg

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Kirstens Mutter hatte für Kirsten eine Stellenanzeige von Erdbeer Glantz aufbewahrt. Kirsten suchte für die zwei Monate in Hamburg einen kleinen Job, der ihr aber auch erlaubte die Fußball-Weltmeisterschaft in vollen Zügen genießen zu können. Da die Erdbeer-Saison gerade erst angefangen hatte, wurden noch Verkäuferinnen bei Glantz gesucht. Kirsten wurde prompt zu einem Vorstellungsgespräch am Dienstag nach Delingsdorf eingeladen. Nach dem Ausfüllen eines Personalbogens, bekam sie gleich die 100 Euro Wechselgeldkasse und eine Schürze in die Hand gedrückt und sollte gleich am nächsten Tag am Straßburger Platz zusammen mit ihrer Kollegin Marlies die Erdbeeren verkaufen.

Am Mittwochmorgen um 10 Uhr begann dann Kirstens erster Arbeitstag. Glantz bezahlte 6,20 € die Stunde aber die Arbeit war nicht sonderlich anspruchsvoll. Eigentlich machte es sogar sehr viel Spaß, denn die Glantz Erdbeeren sind von einer tollen Qualität und die meisten Kunden sind seit Jahren Stammkunden und zahlen auch mal einen Euro mehr für die tolle Ware. Hier und da gab es auch mal den einen oder anderen Cent "Trinkgeld". Neben frischen Erdbeeren wurde Erdbeerwein und -nektar sowie Erdbeer- und Himbeerkonfitüre und -gelee verkauft. Zum Glück war Marlies überhaupt kein Fußballfan und so konnte sich Kirsten die Arbeitszeiten wunderbar nach Bedarf aussuchen.

In der Regel stand man 6 Stunden am Stück in der Metall-Erdbeere und musste entweder morgens eine halbe Stunde vor Öffnung aufbauen oder abends eine halbe Stunde lang die Kasse abrechnen und zusammenbauen. An manchen Tagen gab es sogar richtig Action. So biss ein Hund direkt neben dem Stand einer Frau ins Bein und Kirsten musste als Zeugin herhalten. Dann bekam sie von einem Indischen Pizzabäcker fast einen Heiratsantrag, der dann letztendlich doch daran scheiterte, dass Kirsten ihr wahres Alter verriet - mit 40 Jahren ist man aus Männersicht nicht unbedingt mehr im besten Alter, um viele Kinder zu gebären. Als sich dann einige Tage später eine ältere Dame um Kirstens Gunst bemühte ("Ich mag Sie. Was haben Sie für ein Sternzeichen?"), fing Helen an sich Sorgen zu machen. Es war jedenfalls nie langweilig am Stand und im Schnitt wurden 240-280kg Erdbeeren pro Tag verkauft.

Kirsten arbeitete während der WM meistens morgens und musste entsprechend um 7 Uhr aufstehen. Eigentlich durfte sie mit der HVV CC-Karte nicht vor 9 Uhr fahren. Da sie aber schon um 8.30 Uhr am Erdbeerstand sein musste, fuhr sie in den meisten Fällen schwarz. Zweimal entkam sie nur knapp den Kontrolleuren. Das erste Mal hatten sie an der Bushaltestelle schon einen anderen Fahrgast ohne Fahrkarte am Wickel und Kirsten stieg schnell aus, als sie das sah. Beim zweiten Mal stiegen die Kontrolleure in den vorweg fahrenden Bus ein und Kirsten stieg rechtzeitig an der nächsten Station aus. Da man immer mit dem Schlimmsten rechnen musste, war die Fahrt zur Arbeit immer voller Anspannung und das Adrenalin lief auf Hochtouren. Dafür war man am Arbeitsplatz entsprechend wach!

Am Mittwochabend schauten wir dann das nächste Spiel der Deutschen National Mannschaft gegen Polen zuhause, da es erst um 21 Uhr begann. Ein echter Krimi, mit einem erlösenden Tor durch Neuville in der 91. Minute. Wir waren in jedem Fall schon einmal im Achtelfinale und die Stimmung in Deutschland war einfach super! Die letzte WM in Deutschland lag 32 Jahre zurück und 1974 wurden wir ja Weltmeister. Ein gutes Omen? Aber man konnte das dieses Mal nicht wirklich erwarten. Deutschland trat mit der jüngsten Mannschaft des Turniers an und die Vorbereitungsspiele auf die WM waren nicht gerade die besten. Man wollte Klinsmann schon vorab feuern, aber nach zwei Spielen wollte keiner mehr etwas davon wissen.

Am nächsten Tag fuhren wir dann zum Heiligen Geistfeld, um England gegen Trinidad und Tobago auf dem Hamburger Fan-Fest zu sehen. In jeder Deutschen Großstadt waren riesige Bildschirme aufgebaut - Public Viewing war angesagt. Da wir eh keine Tickets mehr für die Spiele im Stadion bekommen konnten, war das nicht nur für uns eine super Alternative, um in bester Stimmung die WM zu genießen.

England gewann in einem sehr mäßigen Spiel am Ende glücklich mit 2:0 und Helen "was not amused" über die defensive Spielweise von Englands Coach Sven Göran Ericsson.

Am Samstag hatte dann Kirstens Neffe Kilian sein letztes Punktspiel in der F-Jugend-Meisterschaft. Ein Sieg musste unbedingt her. Die Anspannung bei den 8-Jährigen, sowie dem Trainer und den Eltern war groß. Schon der allererste Angriff führte für Kilians Team zum 1:0. Am Ende kam dann ein verdientes 4:0 raus und der Staffelsieg wurde begeistert gefeiert. Es muss nicht immer die National Mannschaft sein! Schon in der Jugend geht es richtig zur Sache. Wir freuten uns am meisten darüber, dass in Kilians Mannschaft ein Mädchen mitspielte. Pauline gehörte nicht nur in diesem Spiel zu den besten. Im letzten Jahr soll sie den Jungs sogar bei weitem überlegen gewesen sein (wie Mädchen in diesem Alter halt so sind!) und hat das Spiel fast alleine bestimmt.