21.-27.08.2006: Estes Park (Rocky Mountains NP) - Denver

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Am Montag wurde das Wetter dann noch schlechter. Dieses Mal wurde das Gewitter von einem heftigen Hagelsturm begleitet und in Minutenschnelle war alles um uns herum in Weiß getaucht. Eine "Schneelandschaft" im August. Der Hammer!

Helen versuchte sich dann anschließend beim Kuchenbacken. Eine echte Katastrophe! Der erste brannte an und die beiden anderen brachen beim Stürzen in zwei Teile. Sah nicht gut aus, schmeckte aber dennoch lecker!

Am Dienstag konnten wir dann endlich wieder wandern gehen. Mit dem Shuttle ging es erneut zum Bear Lake hoch und wir versuchten ein zweites Mal die Wanderung zum Odessa Lake und dann weiter zum Fern Lake anzugehen. Und dieses Mal hielt das Wetter. Die erste Stunde lang ging es nur steil bergan, anschließend dafür aber stetig nach unten. Auf dem Anstieg wurde die Luft ganz schön knapp. Wir waren auf über 3500 Metern Höhe unterwegs und das machte sich bemerkbar. Die gesamte Wanderung war gut 16km lang und nichts für schwache Herzen, wie wir später noch feststellen sollten.

Nach gut fünf Stunden Wanderung trafen wir am Wegesrand einen älteren Herrn, der sich auf einem Stein ausruhte. Er rief uns ein recht fröhliches "Howdy, Howdy!" zu und wir grüßten freundlich zurück. 15 Minuten später trafen wir dann weiter unten zwei Frauen, die uns fragten, ob wir einen älteren Mann mit Problemen begegnet seien. Uns war beim Vorbeilaufen gar nicht bewusst gewesen, dass der Mann in Schwierigkeiten war und er hielt uns auch nicht an und bat um Hilfe. Die beiden Frauen waren weiter unten auf den Freund des alten Mannes getroffen, der verzweifelt nach Menschen mit einem funktionierenden Handy suchte, um Hilfe für seinen Freund zu holen.

Wir besprachen die Situation mit den beiden Frauen und versprachen uns so schnell wie möglich auf den Weg nach unten zu machen, um Hilfe zu holen, während die beiden sich auf dem Weg nach oben machten, um dem alten Mann Beistand zu leisten.

Wir liefen im schnellen Schritt weiter und trafen kurze Zeit später auf Bob - "Howdies" Freund. Dieser war in Begleitung der dritten Frau und machte auf uns einem wesentlich schlechteren Eindruck als "Howdy". Beide waren weit über 70 Jahre alt und waren 6 Stunden vor uns auf die gleiche Wanderung aufgebrochen - jeder nur mit einem Liter Wasser im Rucksack! In dieser Höhe und insbesondere bei so einer langen Gebirgswanderung echt fahrlässig und unverantwortlich.

Wir hielten bei Bob an und gaben ihm einen Liter von unseren Getränken. Er konnte kaum sprechen und sah fix und foxi aus. Er erzählte uns, dass Howdy einen Herzschrittmacher hat und so erschöpft ist, dass er nicht mehr weiterlaufen kann. Bobs Handy funktionierte in dieser Höhe nicht und er bat uns Hilfe zu holen, damit sein Freund per Pferd den Berg runter transportiert werden konnte. Wir waren in einem engen Tal und ein Rettungshubschrauber hätte hier nicht landen können. Howdy war außerdem gut 1,85 Meter groß und ein echtes Schwergewicht.

Auf dem Weg nach unten sprachen wir jeden Wanderer an, der uns entgegen kam und fragten, ob sie ein funktionierendes Handy dabei haben. Beim dritten Mal hatten wir Glück. Es war inzwischen 14.30 Uhr geworden als wir auf Paul und Barbara trafen. Ihr Handy funktionierte, aber die Batterie ging langsam dem Ende entgegen. Auf einer der Parkbroschüren fanden wir die Notrufnummer für die Parkranger und Helen sprach mit der Zentrale und erklärte die Situation. Wir wurden gebeten an Ort und Stelle stehen zu bleiben und auf einen Rückruf zu warten. Die Zentrale gab inzwischen unsere Informationen an die Rettungsranger weiter und setzte die Maschinerie in Bewegung. Nach gut 10 Minuten wurden wir zurückgerufen. In diesem Moment tauchte Bob bei uns auf. Er hatte nichts von unserem Getränk getrunken und den Liter an der Stelle stehen gelassen, wo wir ihn trafen. Der sollte uns dafür später noch fehlen! Wir gaben das Handy an Bob weiter, da er seinen Freund besser kannte und die medizinisch wichtigen Informationen weiter geben konnte. Wir sollten mit Bob dort warten, wo wir gerade waren.

90 Minuten nach unserem Anruf kam dann der erste Ranger. Er war die gut 8km vom Parkplatz bis zu unserer Stelle den Berg hinauf gerannt und schwitzte heftig. Er blieb nur eine Minute bei uns, sah das Bob einigermaßen OK war (der hatte sich sichtlich in den 90 Minuten Wartezeit erholt und lachte sogar über die Reisegeschichten, die wir mit Paul und Barbara austauschten) und sagte uns, dass "Cindy" in wenigen Minuten bei uns auftauchen würde, um Bob etwas näher zu untersuchen. Sein primäres Ziel war Howdy, um über Funk dessen Zustand weiterzuleiten.

Cindy sprach kurz mit Bob und gab uns das OK mit ihm langsam den Berg hinab zusteigen. Es war nach 16 Uhr und wir wollten nicht im Dunkeln auf dem Pfad unterwegs sein, denn keiner von uns hatte eine Taschenlampe dabei. Weiter unten trafen wir dann auf eine 6er-Gruppe von Rangern, die ein Sitzgestell aus Metall und ein riesiges Gummirad mit sich trugen. Eine Art Notsitz, mit dem man jemand den Berg runterrollen konnte. Die sechs Ranger wurden benötigt, um abwechselnd den Sitz auf dem recht steilen Pfad zu halten.

Dann trafen wir auf zwei Ranger, die Bob eine Stunde lang gründlich überprüften und alles schriftlich festhielten. Eine Vorsichtsmaßnahme, die in diesem Land, wo jeder jeden für seine eigene Dummheit verklagt, wohl notwendig ist. Anschließend begleiteten wir Bob dann bis zum Parkplatz runter. Wir stoppten alle 10 Minuten, damit er was trinken konnte. Einer der Ranger hatte uns alle zum Glück mit Gatorate versorgt, denn aufgrund der langen Wartezeiten hatten wir weder was zu essen noch was zu trinken übrig.

Es wurde langsam dunkel, als wir am Parkplatz ankamen. Paul und Barbara fuhren uns zum Glück mit ihrem Auto zum ca. 10km entfernt gelegenen Park & Ride Parkplatz, da der letzte Shuttle-Bus bereits abgefahren war. Bob nahm vorne im Pickup neben Paul Platz und wir Frauen machten es uns so gemütlich wie möglich hinten auf der Ladefläche. Wir hatten an diesem Tag den Winnie mit in den Park genommen, da wir dumpen wollten. Die Zeit rannte uns davon, denn wir waren von Judy zum Abendessen eingeladen worden. Sie kommt normalerweise gegen 17 Uhr nach Hause und wir wären ohne den Notfall sicherlich bis dahin zuhause gewesen. Inzwischen war es weit nach 19 Uhr und sie machte sich bestimmt Sorgen um uns. Da wir auf der Wanderung ihre Telefonnummer nicht mit uns hatten, konnten wir sie erst vom Campingplatz aus erreichen.

Sehr hungrig und noch ziemlich aufgedreht von den Ereignissen des Tages, saßen wir dann gegen 20 Uhr gemütlich in Judys Wohnzimmer und genossen das super leckere Abendessen (gegrillte Forelle, Hähnchen, Salat und Tortilla Chips mit selbst gemachten Dips). Wir erzählten ihr alles. Später kam ihre Freundin Sandy vorbei und die wusste sofort wovon wir sprachen, denn sie hatte den ganzen Tag über den Funkverkehr aus dem Park gehört. Wir waren die Stars des Abends! Was aus Howdy geworden ist, wissen wir leider nicht. War bestimmt ein hartes Stück Arbeit für die Ranger, ihn vom Berg runter zu holen!

Den Mittwoch haben wir dann entspannt mit Wäschewaschen und am Computer verbracht. Abends haben wir dann zwei große Pizzen gekauft und Judy und Sandy dazu eingeladen. Ein lustiger Abend mit interessanten politischen Diskussionen.

Am Donnerstag hieß es dann leider Abschied nehmen von Judy und Luna. Helens Blutzucker sagte kurz in den Keller und sie viel draußen für ein paar Sekunden in Ohnmacht. Das nächste Drama! Aber außer ein paar fiesen Abdrücken von den Tannenzapfen, auf denen sie gelegen hat, war nach ein paar Minuten alles wieder roger. Wir machten uns auf nach Denver und verbrachten die Nacht bei Wal-mart.

Am Freitagabend fand dann das Melissa Etheridge Konzert statt. Mit Bus und Straßenbahn ging es ins Stadtzentrum zum Colorado Convention Center. Wir holten unsere Tickets, die wir vor Monaten per Telefon gebucht hatten, ab. Mit uns warteten nur Frauen am Schalter. Eine kaufte für 100 US$ das "beste verfügbare Ticket" in Reihe 23. Wir sahen auf dem Hallenplan, dass unsere beiden Stühle in der allerletzten Reihe ganz auf der linken Seite lagen. Weiter weg von der Bühne ging es nicht mehr, aber wir hatten für knapp 46 US$ pro Ticket auch nicht mehr erwartet.

Am Eingang wurden unsere Tickets elektronisch erfasst, aber ansonsten gab es keine Taschen- oder Körperkontrollen. Das hatten wir im Sicherheitsfanatischen Amerika nicht erwartet und Kirsten biss sich buchstäblich in den Hintern, dass sie ihre Foto- und Videokameras nicht mitgebracht hatte. Sehr ärgerlich! Dafür wurden wir in der Wartehalle dann von anderen Ordnern angesprochen, ob wir Tickets für den oberen Rang haben. Da der obere Rang ausverkauft, aber im mittleren Teil der 5000 Zuschauen fassenden Halle viele Plätze noch frei waren, bekamen wir neue Tickets, um die Lücke aufzufüllen. Und siehe da ... wir saßen auf einmal in Reihe 22, etwas rechts von der Mitte. Und vor ein paar Minuten hatte eine Frau ja für die Reihe hinter uns noch 100 US$ hingeblättert!!!

Die Halle war gigantisch groß und leider kamen am diesem Abend nur 3100 Zuschauer. Davon 98% lesbische Frauen, die meisten davon fett und hässlich! Das hatten wir nicht erwartet. Bei Melissas Konzerten in Hamburg liegt der Anteil von Männern bei bestimmt 40-50% und der Großteil ihrer Fans ist eher hetero-sexuell. Die Fans kommen dort ihrer Musik wegen und nicht unbedingt aufgrund ihrer persönlichen Lebensweise. Hier in den USA ist das aber scheinbar ganz anders. Amerika, das angebliche Land der großen Freiheit, ist sehr intolerant den Homosexuellen gegenüber. In allen Staaten ist die Homosexuelle Ehe in Volksabstimmungen gesetzlich verboten worden und die extrem konservativen, radikal christlichen Menschen sind mit ihrer Meinung leider auf dem Vormarsch. Insofern war das Melissa Konzert hier eine Demonstration der Schwulen und Lesben.

Das tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil! Von der ersten Minute an wurde mitgesungen, laut geklatscht, kaum jemand saß auf den Stühlen, alle tanzten ausgelassen mit. Super! Das Konzert begann um 20.12 Uhr und endete 2 Stunden und 40 Minuten später.

Melissa war gut gelaunt und machte gleich von Anfang an klar, dass sie neben ihren Liedern auch viel zu erzählen hatte. Ihre letzte Tour 2004 musste sie mittendrin abbrechen, da sie an einem sehr aggressiven Brustkrebs erkrankt war, dem eine Monatelange Chemotherapie folgte. Sie erzählte uns, dass sie durch die Krankheit das erste Mal in ihrem Leben Zeit zum wirklichen Nachdenken hatte. Davon, dass sie 10 Jahre ihres Lebens die falsche Liebe gelebt hat (mit ihrer ersten Frau Julie, mit der sie auch zwei Kinder hat, die bei Melissa leben). Wie wichtig wahre Liebe ist und das man selbst nur lieben kann, wenn man sich selbst liebt. Und das sie in Tammy (ihrer zweiten Frau) diese Liebe gefunden hat und jeden Tag dankbar dafür ist. Wie wichtig Gesundheit ist und das man insbesondere durch eine bewusste Ernährung viel dafür tun kann. Vor kurzem wurden Studien in den USA veröffentlich, dass das hier stark genetisch erzeugte Obst und Gemüse insbesondere Brustkrebs fördernd ist. Melissa ist seit ihrer Krankheit auf organische Nahrungsmittel umgestiegen. Und vor kurzem hat sie das Lied "I Need to Wake Up" für den Al Gore Film "The inconvenient truth" geschrieben. In seinem Film wird das Thema Global Warming (Melissa nennt es "Climate Crisis", da sich Global Warming viel zu niedlich anhört) behandelt. Melissa erzählte uns, dass sie durch diesen Film aufgewacht ist und ihre beiden Tourtrucks deswegen mit Biodiesel fahren. Außerdem war sie begeistert, wie fortschrittlich Denver mit der Mülltrennung ist. Unser Kommentar dazu: Wird langsam mal Zeit, dass die Amis aufwachen und weniger verschwenderisch leben. Bei uns findet Mülltrennung, Kompost, Müllvermeidung, Dosenpfand, Autos mit geringem Benzinverbrauch usw. seit Jahrzehnten statt!

Die Bühne war ganz schlicht nur mit einer unterschiedlich beleuchteten Wand gestaltet, ansonsten wie immer kein großer Schnick-Schnack. Ist bei ihr auch nicht nötig! Sie wurde von Philip (E-Gitarre), Mark (Bass) und Fritz (Schlagzeug) begleitet und die Halle rockte. Ein super Sound und am Ende sang sie insgesamt 23 Lieder aus ihrer 20-jährigen Karriere - ganz zum Schluss Kirstens Lieblingssong "Keep it precious". Danach schüttelte sie den Frauen vor der Bühne die Hände und machte sich doch recht müde mit einem kurzen Winken von Dannen. Sie ist seit Juni auf Tour - alle zwei Tage ein Konzert. Jetzt stehen nur noch drei bis Ende August auf dem Plan. Aber sie versprach 2008 wieder auf Tour zu gehen. Ein tolles Konzert!

Mit Straßenbahn und Bus ging es zurück zum Wal-mart Parkplatz. Inzwischen war es Mitternacht geworden und wir hatten Hunger. Nur noch der Drive-Through von McDonalds war geöffnet, aber da wir ohne Auto waren, war das gar nicht so einfach, etwas zu bestellen. Wir folgten nach einer Weile einem Auto, das sein Essen am Schalter abholte und wir bestellten schnell ein paar Burger durch das geöffnete Fenster. Man sah uns komisch an, aber zum Glück kennt uns hier ja keiner. Die Walk-Through Burger waren jedenfalls lecker. Wenn man Hunger hat, ist mein einfach alles! So viel zum gesunden organischen Essen!!!

Am nächsten morgen mussten wir dann früh aufstehen. Wir waren mit Sandi, unserer Freundin aus Kanada verabredet, die wir vor 9 Jahren auf unserem Asien-Trip kennen gelernt hatten. Sie verweilte zurzeit bei ihrer Schwester in Denver. Eigentlich hätte die Fahrt nur eine halbe Stunde dauern sollen, aber es regnete in Strömen, überall waren Bauarbeiten und wir mussten diverse Umgehungsstraßen fahren, dann ging uns das Benzin aus und am Ende landeten wir in einer Wohngegend, die zwar die richtige Straße, aber nicht die richtige Hausnummer aufwies. Wir waren frustriert und verwirrt. Kirsten klingelte am Ende dann verzweifelt bei einem Familienhaus und durfte da das Telefon benutzen. Es stellte sich heraus, dass es in Denver gleich zwei Wohnsiedlungen mit den gleichen Straßennamen gibt. Wir waren in der, die auf unserer AAA-Karte eingezeichnet war. Sandis Schwester lebte aber in einer neuen Siedlung, die gar nicht auf unserer Karte war. Nach zwei Stunden Irrfahrt trafen wir uns dann endlich mit Sandi auf dem Parkplatz eines Shopping Centers. Wir sind anschließend lecker brunchen gegangen und haben uns die Seele vom Leib geklönt. Das letzte Mal haben wir uns mit Sandi 2002 in ihrem Haus in Calgary getroffen. Sie lebt aber inzwischen in Nairobi und eröffnet zusammen mit ihrem Freund Dave im November dort eine Bed & Breakfast Hostel. Die Zeit mit ihr war leider viel zu kurz - das nächste Mal treffen wir sie wohl in Nairobi!

Am Sonntag haben wir bei Flying Jay´s noch gedumpt, sind dort duschen gegangen und haben uns abends bei Flaming Dave´s den Magen mit Spare Ribs voll gestopft.