02.-08.10.2006: Salt Lake City - Utah Olympic Park

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Das Wetter war in der Nacht umgeschlagen und Regen und Hagel weckte uns am nächsten morgen. Wir nutzten die Zeit, um unsere Haare zu waschen. Gegen Nachmittag hörte es dann auf zu regnen und wir machten uns auf den Weg in Richtung Park City. Das gelbe Herbstlaub leuchtete selbst an einem Sonnenarmen Tag.

Es war bereits dunkel, als wir in Park City ankamen und es regnete erneut in Strömen. Wir verbrachten die Nacht auf einem Albertson Parkplatz und besuchten dann am nächsten morgen ein paar Outdoor-Shops. Unsere Solardusche hatte einen Riss und wir brauchten eine neue, hatten aber kein Glück in Park City - der Sommer ist ja eigentlich auch vorbei.

Dafür schien die Sonne aber am Dienstag wieder und wir fuhren zum Utah Olympic Park. Hier fanden 2002 das Skispringen, Bobfahren, Rodeln, Skeleton und die Nordische Kombination während der Olympischen Spiele von Salt Lake City statt. Wir hatten gelesen, dass man hier mit über 100km/h die Bobbahn runter fahren kann und wollten uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Wir mussten dann aber leider erfahren, dass das nur am Wochenende stattfindet. Okay, wir kommen wieder. Zum Trost bekamen wir aber Gutscheine, die alles um 10% ermäßigen.

Salt Lake City lag nur eine Stunde von Park City entfernt. Helen wollte unbedingt zu den beiden Englischen Shops, um ihre geliebten Süßigkeiten aufzustocken. Im "London Market" deckte sie sich dann für 30US$ ein - wenig Ware für viel Geld, da alles doppelt so teuer wie in England ist!

Anschließend ging es runter ins Stadtzentrum zum Temple Square. Hier steht der riesige Mormonen Tempel und wir schlossen uns einer geführten Tour an, um mehr über die Mormonen und ihren Glauben zu erfahren.

Auf dem Temple Square arbeiten Ehrenamtliche Helfer den ganzen Tag, um Touristen, Schüler und Studenten von ihrem Glauben zu erzählen. Zu unserer Überraschung wurden wir von einer jungen Frau aus Blankenese durch die Anlage geführt. Zusammen mit ihrer ebenfalls jungen Kollegin aus Georgia wurde die Tour dann aber auf Englisch gemacht, da wir die einzigen "Deutschen" in der ca. 10-köpfigen Gruppe waren.

Mormonen geben freiwillig einen Teil ihrer Lebenszeit an die Kirche für missionarische Zwecke. Frauen sind 18 Monaten lang, Männer für zwei Jahre in der Welt unterwegs - überall dort, wo ihr Glaube vertreten ist. Der Hauptsitz liegt in Salt Lake City. Die junge Frau aus Blankenese hat sich für 18 Monate von ihrem Chefsekretariats-Job freistellen lassen und lebt hier in einer Art Klostergemeinde mit anderen freiwilligen Mitarbeitern - auf eigene Kosten! 6 Tage in der Woche muss sie von morgens 9.00 Uhr bis abends 19.00 Uhr Touren auf dem Temple Square durchführen, die i.d.R. zwischen einer halben Stunde bis zu einer Stunde dauern. Der Sonntag ist ihr einziger arbeitsfreier Tag, damit sie in die Kirche gehen kann - nur gläubige Mormonen dürfen in die Tempel.

Die beiden Mädels erzählten offen und engagiert über ihren Glauben und wir erfuhren, dass Joseph Smith 1829 diese Kirche auf seiner Farm in Palmyra, New York gründete.

Als 14-Jähriger fragte er sich, welche der vielen Glaubensrichtungen und Kirchen er sich anschließen sollte. Er studierte sie alle und kam zu keiner Entscheidung. Daraufhin betete er in einer Lichtung zu Gott und fragte ihn. Und dieser erschien dann prompt in Begleitung von Sohn Jesus und verbot ihm eine der existierenden Kirchen beizutreten, da sie alle falsch und nicht von Gott autorisiert wurden. Mit 17 erschien der Engel Moroni in seinem Schlafzimmer und erzählte ihm von geheimen Schriften, die in Goldplatten gepresst waren. Er bekam den direkten Auftrag von Gott die Schriften auszugraben und zu übersetzen. Diese waren auf einem Hügel in New York vergraben (wie praktisch!) und Joseph fand und übersetzte sie dann auch in die heute bekannte Mormonen-Bibel. Kaum waren sie übersetzt, verschwanden die Goldplatten auf mysteriöse Art und Weise (wie hätte es anders sein können!). Na ja, Joseph Smith - der einzig wahre und von Gott ernannte Prophet - ging in die weite Welt hinaus und missionierte. Kein Wunder, dass er von den anderen Kirchen verfolgt und am Ende ermordet wurde!

Die beiden Mädels erzählten uns das alles und man sah ihnen an, dass sie wirklich fest daran glauben. Wir waren mehr als skeptisch: Gott ernennt einen Amerikaner als Propheten? Das war uns mal wieder etwas zu Hollywoodisch! Ursprünglich waren die Mormonen polygam - in unseren Augen eine Verzweiflungstat, um den Glauben schneller zu verbreiten und der Verfolgung zu entgehen. Man vertrieb sie aus New York und am Ende gründete Brigham Young (der zweite selbsternannte Prophet nach Joseph Smith) um 1850 herum den Hauptsitz der Mormonen in Salt Lake City. Die Polygamie wurde dann vom vierten Propheten verboten (er hatte eine Vision!), ansonsten wäre Utah nicht in den Verbund der Vereinigten Staaten aufgenommen worden.

Wir stellten der Deutschen nach dem Vortrag kritische Fragen und sie erzählte uns, dass die Mormonen heute andere Glaubensrichtungen "tolerieren" und das das Alte- sowie Neue Testament neben der Mormonen-Bibel Bestandteil des Glaubens seien. Trotz unserer Skepsis müssen wir aber schon sagen, dass die Mormonen uns gegenüber sehr, sehr freundlich und aufgeschlossen waren. Und insbesondere der starke Familienbund hat uns beeindruckt. Jeden Montagabend treffen sich sämtliche Familienmitglieder zum Abendessen und es wird über alles geredet. Sie machen auf uns einen wohlhabenden und sehr glücklichen Eindruck und das ist doch etwas Positives.

In Hamburg gibt es übrigens zwei Mormonen-Kirchen - eine davon an der Wartenau. Und ein Deutscher ist einer der 12 Apostel, die die Mormonenkirche führen. Stirbt der Prophet oder einer der Apostel, setzt man sich zusammen und in einer "Vision" erscheint dann der Nachfolger.

Wir fanden die Tour durch den Temple Square jedenfalls interessant und machten uns anschließend zum Sonnenuntergang zum Olympic Cauldron Park auf. Hier wurden 2002 die Eröffnungs- und Abschlussfeiern sowie alle Siegerehrungen veranstaltet. Die Athleten bekamen ihre Medaillen vor über 20.000 Zuschauern unter dem berühmten Hoberman Arch, einem Metallbogen, der den Delicate Arch - das Wahrzeichen von Utah - symbolisieren soll.

Auf dem Weg zu einem Wal-mart haben wir noch schnell ein paar Nachtfotos vom Temple Square gemacht. Am nächsten Tag war dann wieder Regen angesagt und wir verbrachten den Tag entspannt bei Wal-mart.

Am Donnerstag sind wir dann zu einem RV-Händler gefahren. Wir mussten dringend unsere Toilette dumpen und kauften dort einen neuen Abwasserschlauch und eine Solardusche.

Anschließend fuhren wir zu "Summerhays" - einem riesigen Laden voller Musik Instrumente. Helen wollte sich eine Geige kaufen. Da sie ja leider ihr Klavier nicht im Winnie nutzen kann, suchte sie ein kleineres, tragbares Instrument. Tess, die Geigen- und Viola-Fachfrau, holte ein paar gebrauchte Geigen aus dem Lager. Summerhays verkauft nicht nur neue Instrumente sondern verleiht für wenig Geld (5US$ im Monat) auch Instrumente. Wir merkten sofort, dass Tess was von Geigen verstand und Helen fragte sie aus. Kann eine Geige den starken Temperaturunterschieden, denen wir in Winnie ausgesetzt sind, standhalten? Worauf muss man achten? Wir merkten und hörten sofort, dass jede Geige anders klingt. Helen hatte ursprünglich überlegt, eine Geige aus dem Internet zu kaufen, aber von der Idee kamen wir gleich wieder ab. Herkunftsland, Holz, Alter, handgemachter Steg, Seiten, Geigenbogen und natürlich der Preis bestimmen den Klang einer Geige und den muss man einfach hören, bevor man etwas kauft. Eine gute Geige für Anfänger fängt bei 800 US$ an. Profis legen 5 bis 7-stellige Summen auf den Tisch. Uns gefiel eine Geige für 600 US$ am besten, aber Helen wollte nicht gleich soviel ausgeben, ohne zu wissen, ob ihr das überhaupt gefällt. Kurz vor Ladenschluss kam der Besitzer vorbei und reduzierte den Preis gleich mal auf 350 US$. Wir waren interessiert und versprachen am nächsten Tag wieder zu kommen.

Wir verbrachten insgesamt dann 4 Stunden mit Tess. Sie gab Helen das kleine Alphabet des Geigenspielens (Kirsten hielt alles vorsichtshalber auf Video fest), denn Helen hat im Moment keine Zeit Geigenunterricht zu nehmen. Es dauerte ewig, bis das Schulterstück richtig saß (wir markierten die Stellen mit Klebestreifen) und Helen machte ihre ersten Übungen. Tess machte den Fehler uns eine 12.000 $ Geige zu zeigen, die einfach auf einem Tisch herum lag und wir machten die ganze Zeit Witze darüber, dass wir mit dieser Geige in unserem Geigenkasten den Laden am Ende des Tages verlassen werden. Nachdem Helen noch ein paar Musikbücher kaufte und gratis eine Übungs-CD mit Mikrofon zum Gesamtpaket dazu bekam, bezahlten wir die Rechnung und verließen glücklich den Laden - Tess überprüfte noch mal schnell, ob die 12.000 Geige noch auf dem Tisch lag. Wir hatten am vorherigen Abend noch kurz Christian kennen gelernt - ein Deutscher, der Geigenbau in Mexiko erlernt hat - und bei Summerhays in der Werkstatt tätig war. Wir kamen mit ihm ins Schnacken und luden ihn auf eine Tasse Tee ins Wohnmobil ein. Daraus wurden am Ende dann 3 Stunden Geklöne. Es regnete draußen in Strömen und Christian war mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen. Am Ende fuhr er dann aber trocken nach Hause und versprach uns am nächsten Tag noch ein paar Sachen an unserer Geige zu verbessern.

Am Samstag hatte Christian dann Geburtstag und wir überraschten ihn mit einer Kerze (die ständig ausging) und einer CD mit unseren schönsten Fotos von Mexiko und den USA. Außerdem sangen wir lauthals "Happy Birthday" in dem gut besuchten Musikladen. Er freute sich sichtlich und nahm uns anschließend mit in seine Werkstatt. Innerhalb einer Stunde feilte und polierte er dann an Helens Geige rum und am Ende sah unsere gebrauchte Geige nicht nur wie neu aus, sie klang auch gleich viel besser. Ein toller - und für uns kostenloser - Service. Wir verabredeten uns mit Christian für den Sonntagabend und fuhren dann noch einmal ins Stadtzentrum rein.

Wir sind in das Family Search Center gegangen. Salt Lake City verfügt über die größte Namensbibliothek der Welt und man kann hier seinen Familienstammbaum erforschen. Wir dachten, wir tippen mal eben unsere Nachnamen in den Computer und ... schwupps ... unser Familienstammbaum bis ins 16 Jahrhundert oder so erscheint. Aber leider funktionierte das so nicht. Um überhaupt ein paar Ergebnisse zu erzielen, muss man zunächst einen Bogen ausfüllen mit Namen, Geburtsdaten und Geburtsort der Großeltern und wenn möglich vorherigen Generationen. Da scheiterte Kirsten schon einmal gewaltig. Außerdem werden in den diversen Datenbanken und Namensbüchern aus aller Welt nur Personen festgehalten, die bereits verstorben und vor ca. 110 oder früher gelebt haben (das hat datentechnische Gründe).

Nach gut einer Stunde gaben wir erschöpft auf. Helen fand immerhin einen Nachweis ihres Großvaters - obwohl sie sich nicht ganz sicher war, denn sie kannte seinen Mittelnamen nicht. Es ist erschreckend, dass man so wenig über seine eigene Familie weiß! Es kommen Menschen aus der ganzen Welt hierher und verbringen ihren 14-Tage-Jahresurlaub in diesen Katakomben, um ihren Familienstammbaum zu erforschen. Man kann das für teures Geld auch in Auftrag geben, aber der zweite Weltkrieg hat insbesondere in Deutschland viel Schaden hinterlassen und die Suche ist äußerst mühsam. Aber der Name Keetz ist erstaunlicherweise in den USA ziemlich weit vertreten. In Deutschland sind alle registrierten Keetz´s mit Kirsten irgendwie verwandt.

Am Sonntagmorgen sind wir dann zum Conference Center gegangen, um den berühmten Mormonen Tabernacle Chor zu sehen. Jeden Sonntag findet hier ab 9.30 Uhr die Liveübertragung fürs Fernsehen und Radio statt. Der Chor besteht aus 360 Männer und Frauen und das Orchester aus 110 Musikern. Schon die 20.000 Zuschauer fassende Halle war der Besuch wert. Der Chor steht vor einer gigantischen Orgel - die Frauen in langen, weißen Chiffonkleidern, die Männer im schwarzen Anzug.

Durch das Programm führt ein Moderator, dem Helen später sogar die Hand schüttelte. Wir sahen die 4.023 Liveübertragung - diese stellt damit jede Woche einen neuen Weltrekord für die längste, laufende Fernsehsendung im Guinness Buch der Rekorde auf. Sie läuft eine halbe Stunde lang und man darf während dieser Zeit keine Fotos und Videos machen (nicht einmal Klatschen war erlaubt).

Nach der Übertragung spielt der Tabernacle Chor aber noch ein weiteres Stück und Kirsten konnte ihre Bilder machen. Leider verschwanden die auf mysteriöse Weise. Kirsten kopiert den vollen Foto-Chip normalerweise auf ihren Image Tank und von dort direkt auf den PC, bevor sie den Chip löscht. Aus unerfindlichen Gründen, waren die Chorbilder aber ein paar Tage später weder auf dem Rechner noch auf dem Image Tank (Kirsten war sich 100% sicher, dass sie die Bilder auf dem PC sogar benannt und bearbeitet hatte) und den Chip hatte Kirsten inzwischen gelöscht. Ob die Mormonen da irgendwie ihre Finger im Spiel hatten? Na ja, Gott sei Dank hatten wir noch die Videoaufnahme und Kirsten hat davon ein Bild runter geladen.

Der Chor und das Orchester waren beeindruckend! Die Mitglieder kommen aus ganz Utah und fahren teilweise 150km (eine Strecke!), um zweimal in der Woche in Salt Lake City zu üben und sonntags aufzutreten. Da am Sonntag schon einmal alle da waren, wurde anschließend noch lange für die Weihnachtsaufführung geprobt. Neue Chormitglieder standen in Zivil-Klamotten zwischen den fein gekleideten Mitgliedern und der Dirigent ließ immer nur Teile von Stücken spielen. Wir konnten uns kaum davon trennen, wollten aber an diesem Tag noch nach Park City zum Bobfahren hoch.

Und wie bestellt schien die Sonne - nach vier Tagen Dauerregen! Kirsten hatte an diesem Tag aber Nackenprobleme und war sich nicht sicher, ob sie die Bobbahn mit 4-facher Fliehkraft runter fahren sollte. Deshalb kaufte sie erst einmal nur das Eintrittsticket für den Utah Olympic Park. Helen dagegen gönnte sich das goldene Komplettpaket mit allen Aktivitäten für 72 US$ (abzüglich der 10% Rabatt). Die Bobfahrt alleine liegt schon bei 56 US$ (im Winter bei 220 US$, da das Eis in der Bahn ständig erneuert werden muss).

Bevor wir uns im 13 Uhr der geführten Tour anschlossen, hatten wir noch ein bisschen Zeit den Freestyle Skiartisten zuzuschauen. Es gibt nur zwei Orte in den USA, wo diese Athleten das ganze Jahr über trainieren können. Im Sommer rasen sie die unterschiedlich langen Schanzen runter und landen in einem Swimmingpool. Da das Wasser nicht geheizt wird, mussten die Athleten zu dieser Jahreszeit Neoprenanzüge anhaben. Bevor der Athlet die Schanze runter kommt, gehen im Wasser Düsen an, die die Oberfläche aufschäumen. Das ermöglicht eine weichere Landung und schützt die Athleten vor Knochenbrüchen. An diesem Tag trainierten ca. 20 Skiartisten auf der Anlage - vom jugendlichen Anfänger bis hin zum Vollprofi. Faszinierend, wie die sich in der Luft koordinieren können!

Helen ging anschließend auf eine rasante Fahrt die Ultra Zipline runter. Man wird in einen Sitz geschnallt, dann öffnet sich die Klappe und man rast an einem Metallseil runter. Je schwerer man ist, desto schneller ist die Fahrt. Am Ende schießt man in Gummidämpfer, die einen abrupt zum Stoppen bringen. Da die Kartenabreißer Helens Ticket nicht nahmen, konnte Kirsten die Fahrt ebenfalls - ohne zu bezahlen - erleben. Sie ließ dabei die Videokamera laufen. Helen machte fuhr dann noch schnell in einem Metallschlitten den Berg auf einer engen und sehr kurvigen Metallbahn runter.

Die geführte Tour dauerte ca. eine Stunde und wir wurden zum Start der Bob-, Rodel- und Skeletonbahn gefahren. Unser Tourleiter war ein junger Mann, der seit 3 Jahren hier arbeitet. Bis auf das Skispringen von den großen Schanzen, hat er alles im Sommer wie im Winter ausprobiert. Dazu muss man richtig trainieren - insbesondere die Nackenmuskulatur. Beim Skeleton (der Fahrer liegt mit dem Bauch und dem Kopf voran auf einem Metallschlitten) fährt der Athlet mit einem am Kinn verstärkten Helm mit über 130km/h die Bahn runter. Es ist unmöglich den Kopf bei den hohen Fliehkräften hoch zu halten und so liegt das Kinn auf dem Eis auf. Hört sich schlimm an, soll aber weniger gefährlich sein als Rodeln und Bobfahren. Die Rodler liegen auf dem Rücken, die Beine voran auf ihrem Schlitten und rasen mit 145km/h die Bahn runter - der Kopf hängt hinten über dem Schlitten. Die hohen Fliehkräfte erzeugen eine Gewicht von ca. 15-20kg auf der Nackenmuskulatur - das sind zwei volle Eimer mit Wasser. Und der Rodler muss während der Fahrt den Kopf hoch halten, um die Ein- und Ausfahrt in und aus den Kurven zu sehen. Es dauert im Schnitt 10 Jahre, bis ein Rodler vom obersten Start lospaddeln kann. In den USA gibt es mal gerade 20 Athleten, die das zurzeit können. Helen machte ein Probeliegen auf dem Rodelschlitten und schaffte es im Stehen gerade einmal 30 Sekunden lang den Kopf hoch zu halten!

Wir sahen außerdem einen Sommerbob die Bahn runter gehen - ein erster Probelauf. Und Kirsten bekam schon beim Zusehen die Muffen!

Die Tour führte uns anschließend zu den beiden großen Skisprung-Schanzen und wir konnten von oben runterschauen - nichts für Menschen mit Höhenangst! Angeblich soll Skispringen aber hinter Curling die sicherste Wintersportart sein, denn der Athlet fliegt nur 5m über dem gekrümmten Hang und Stürze sind relativ selten. In dieser Sportart geht alles nach dem Motto: Fett fliegt nicht! Je leichter der Athlet, desto weiter fliegt er. Der Schanzenrekord in Park City wird deshalb von einem 11-jährigen gehalten. Viele der Top-Athleten leiden an Bulimie und sind reine Knochengerüste (siehe Hannawald).

Nach der Tour sind wir dann in den Winnie gestiegen und durften mit einem speziellen Code ausgestattet durch die Schranken durch und hoch zum Start der Bobbahn. Auf dem Weg dahin ist Helen noch schnell die Extrem Zipline runter - das ist im Prinzip das gleiche wie die Ultra Zipline, nur wesentlich länger und steiler, da sie oben bei den Skischanzen anfängt.

Gegen 15 Uhr hielten wir dann bei der Bobbahn an. Kirstens Nackenschmerzen waren zwar immer noch da, aber sie wollte sich dieses einmalige Erlebnis nicht entgehen lassen. Wann hat man schon einmal die Chance auf einer Olympischen Bobbahn runter zu fahren? Und diese ist die schnellste Bahn der Welt! Wir schauten uns das Video mit den Sicherheitstipps an und wurden dann mit schweren Bobhelmen ausgestattet. Der Sommerbob hat unten und an den Seiten Gummirollen und fährt mit bis zu 120km/h die ca. 1500 Meter lange Beton-Bahn runter. Die Höhendifferenz liegt bei ca. 130 Metern. Im Winter erreichen die Bobs gut 150km/h, die Fahrt auf dem Eis soll aber wesentlich weniger ruppig sein.

Die Fliehkräfte sind ganz hinten im Bob am höchsten - ca. das 4-fache Körpergewicht lastet auf einem. Helen wollte natürlich das Maximum erleben und schnappte sich gleich die 4te Position. Kirsten wählte lieber die Position direkt hinter dem Fahrer und musste als letzte einsteigen. Zwischen uns saß ein junger Mann und der Fahrer (Donovan) war auch mal gerade 20 Jahre alt.

Man sitzt im Bob auf dem Boden (gepolstert) und wird angeschnallt. Helen musste die Knie anwinkeln und der junge Mann saß ihr praktisch im Schoß. Kirsten konnte dagegen ihre Beine seitlich am Fahrer vorbei ausstrecken. Rechts und links von einem waren Skischlaufen, die man während der Fahrt krampfhaft fest hielt und die Ellenbogen sollte man gegen die gepolsterten Seitenwände stemmen. Dann hieß es Rücken durchstrecken, Kopf zwischen den hochgezogenen Schulterblätter halten und los ging´s.

Helfer schoben den Bob kräftig an und wir nahmen langsam Fahrt auf. Insgesamt befanden sich 16 Kurven auf der Strecke und ab der dritten Kurve hatte der Bob bereits volle Fahrt aufgenommen. Es ratterte wie wild und Kirsten konzentrierte sich aufs Atmen. Die Fahrt sollte am Ende 1 Minute und 3 Sekunden dauern und so lange hätte sie die Luft nicht anhalten können. Durch Kurve 6 rasten wir dann 90 Grad auf der Seite liegend entlang und die Fliehkräfte waren so groß, dass Kirsten förmlich zusammenklappte und mit ihrem Helm fast den Fahrer berührte. Helen konnte dagegen hinten den Kopf nicht mehr gerade halten und knickte nach hinten weg. Aber das Ganze rauscht so schnell an einem vorbei, dass man sich am Ende an fast gar nichts mehr erinnern kann. Viel Geld für eine Minute Abenteuer!

Da der Bob keine Bremsen hat schießt man am Ende einen steilen Hang rauf und stoppt langsam. Wir waren mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 107km/h in der schnellsten Tageszeit von insgesamt 17 Bobs die Bahn runter gebrettert. Der Hammer! Man haben die Arme vom Festhalten wehgetan - die Muskeln surrten richtig. Kirsten hatte einen Tag später auch blaue Flecken an den Ellenbogen! Helen war deutlich mehr mitgenommen - die Fahrt ganz hinten muss wesentlich anstrengender gewesen sein. Aber sie wollte gleich noch einmal runter. Wir hätten für den halben Preis noch am selben Tag eine Fahrt machen können, aber ob das so gut für unseren Kopf und die Nackenmuskulatur gewesen wäre? Wir ließen es bleiben, schauten aber noch einigen anderen Fahrten zu und versuchten Fotos und Video davon zu machen. Bei den Geschwindigkeiten ist das keine einfache Sache!

Am Ende des Tages haben wir uns dann noch die Dekorationen der Eröffnungsfeier, Fotos, Medaillen und Videos von den Olympischen Spielen in Salt Lake City im Museum angeschaut.

Dann ging es zurück nach Salt Lake City. Wir waren ja mit Christian zum Abendessen verabredet. Eigentlich wollten wir ihn einladen, aber er hatte die Spaghettis in Thunfisch-/Schrimpsauce schon fertig und wir waren alle am verhungern. Ein sehr netter Abschluss eines tollen und sehr aufregenden Tages!