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Es folgte ein entspannter Tag zuhause. Kirsten richtete für Annette Skype ein, damit sie in der Zukunft mit ihrer Freundin Gisela per Videokonferenz telefonieren konnte.
Morgens waren wir noch bei einer sehr schönen Bäckerei unweit von Annettes Haus. Hier konnte man Schoko-Croissants und andere Köstlichkeiten kaufen. Also so eine
Bäckerei hatten wir bis dato in Mexiko noch nicht gesehen!
Am Samstag kamen dann Senior Licienciado Gil Rodríguez Reyes (hört sich doch einfach toll an, oder?) und seine Frau zum längst versprochenen Eisbeinessen mit Sauerkraut (Spanisch: Chamorro). Zum Nachtisch gab es
hausgemachten Apfelstrudel mit Vanilleeis und Handgeschlagener Sahne. Wir hatten nämlich seit Stunden keinen Strom. Zum Glück hat Annette einen Gasherd und -ofen!
Eisbein mit Sauerkraut in Mexico City
Voll gefressen half anschließend nur ein Tequila als Absacker. Schlafen konnten wir nachts allerdings eh nicht - uns plagten ein paar lästige Mücken. Leider war die Zimmerdecke
so hoch, dass wir ohne Leiter da gar nicht rangekommen wären. Zzzzzzzzzzzzzz ... zzzzzzzzzzzz
Am Sonntagmorgen hieß es dann um 4.45 Uhr aufstehen. Es war noch stockdunkel draußen. Annette wollte uns heute die Vulkane Popocatépetl (5.452 Meter) und Iztaccíhuatl (5.285 Meter) zeigen. Da keine Autos auf der
Straße waren (so hatten wir Mexico City noch nicht erlebt!), schafften wir die Fahrt in gut 2 Stunden und waren rechtzeitig zum Sonnenaufgang da. Beide Vulkane zeigten sich in ihrer
vollen Pracht mit viel Schnee auf den Gipfeln.
Seit Beginn der vulkanischen Aktivität am 21. Dezember 1994 herrschte in der Region immer wieder Alarmstufe Gelb, und in den Orten der Umgebung wurden
Verhaltensmaßregeln für den Fall einer Evakuierung angeschlagen. Am 19. Dezember 2000 kam es dann zum größten Ausbruch des Popocatépetl seit 1802. Glühende
Gesteinsbrocken wurden aus dem Krater geschleudert, Staubwolken senkten sich auf die Hauptstadt nieder und einige Male musste der über 60 Kilometer entfernte
Flughafen von Mexiko-Stadt für einige Stunden geschlossen werden.
Lavaströme rückten nicht weit vor, und so hatten nur die Bauern unter der Situation zu leiden, deren Gehöfte für mehrere Wochen evakuiert werden mussten,
während das Vieh sich selbst überlassen blieb. Das Gebiet um den Popocatépetl bleibt zwar in einem Radius von zwei Kilometer für die Öffentlichkeit gesperrt,
doch der „Parque Nacional de Volcanes“, der die beiden Vulkane umgibt, hat wieder geöffnet. Die 14 Klöster an den Hängen des Popocatépetl, von den spanischen
Conquistadoren im 16. Jahrhundert errichtet, wurden 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.
Die Namen der beiden Vulkane gehen auf eine aztekische Version der Geschichte von Romeo und Julia zurück: Popocatépetl („rauchender Berg“) war ein Krieger,
Iztaccíhuatl („weiße Dame“) seine Geliebte, die Tochter des Kaisers. Als sie Popocatépetl im Kampf getötet glaubte, starb sie vor Kummer. Ihr Liebster kam
aber unversehrt zurück; er legte ihren Leichnam auf einen Berg und blieb dort, um mit einer brennenden Fackel bis in alle Ewigkeit Wache zu halten.
Nach einer Tasse Tee im dortigen Visitor Center fuhren wir mit Annettes Sportwagen auf einer sehr holprigen Sandstraße so weit es ging auf den Iztaccíhuatl rauf.
Vom Parkplatz aus ging es steil den Berg hoch. Da wir weit über 3000m waren und hier oben deutlich weniger Sauerstoff zur Verfügung stand, viel das Atmen schwer und
das Blut pochte in den Adern. Helen - unsere Raucherin - stiefelte fröhlich und schwungvoll los und lies Annette und Kirsten ohne Probleme weit hinter sich.
Es ging rauf bis zu einem Sattel von dem aus man einen fantastischen Blick auf den Popocatépetl hatte. Mehr musste es an diesem Tag nicht sein. Andere Wanderer
passierten uns auf dem Weg nach ganz oben. Gut ausgerüstet und vor allem akklimatisiert an die Höhe.
Mit dem Auto ging es wieder runter zum Visitor Center. Kurzer Toilettenstopp, aber anschließend sprang das Auto nicht mehr an. Im Handschuhfach lag das Autohandbuch und
Helen machte voller Hoffnung die Motorhaube auf. Mit Winnie hatten wir ja auch schon die eine oder andere Situation und wir glaubten fit für eine Diagnose und Behebung des
Problems zu sein. Oh, oh ... der komplette Motor war verkleidet. Von Kabeln, Zündkerzen und anderen Motorteilen war keine Spur zu sehen. Ach, so sieht heutzutage ein neuer
Motor aus. Hmmm ... da konnten wir nichts machen.
Zum Glück waren aber zwei sehr nette Herren der Bergwacht vor Ort und die gaben uns Starthilfe mit ihrem Truck. Definitiv war die Batterie platt und wir konnten auf dem
Rückweg nach Mexico City den Motor nicht ausmachen. So mussten wir bei laufender Maschine auch noch schnell den Tank füllen, damit wir überhaupt heil nach hause kamen.
Während Annette am nächsten Tag in der Werkstatt eine neue Batterie anbauen lies, nutzen wir einen entspannten Tag am Computer.
Am Dienstag sind wir dann noch einmal mit der Metro in die Innenstadt gefahren. Erster Stopp war das Museo Mural Diego Rivera. Hier hängt sein riesiges Wandgemälde "Traum eines Sonntagnachmittags
auf dem Alameda (Zentralplatz)". Er hat es 1947 gemalt. Das 15m breite und 4m hohe Gemälde zeigt u.a. bedeutende Persönlichkeiten wie den Spanischen Entdecker Cortés,
Kaiser Maximilian, die Präsidenten Benito Juárez und Porfirio Díaz, und natürlich durfte auch Frida Kahlo nicht fehlen.
Unten im Keller des Museums kann man auf die Frida Kahlo Toilette gehen. Männer natürlich auf das Diego Rivera Klo.
Anschließend schauten wir uns schnell die Eingangshalle des Palast der Schönen Künste an. Um die oberen Räume mit den Wandgemälden zu sehen, hätten wir je 35 Pesos zahlen müssen.
Darauf hatten wir dieses Mal keine Lust - schließlich haben wir Gemälde satt in den letzten Tagen gesehen.
Sehenswert ist der aus Kalkstein erbaute monumentale Palacio Postal (Hauptpostamt). Das neugotisch dekorierte Gebäude an der Calle Tacuba liegt gegenüber vom
„Palacio de Bellas Artes“ und wurde zwischen 1902 und 1907 nach Plänen des Architekten Adamo Boari errichtet. Das Treppenhaus ist im Jugendstil erbaut und mit
Glas- und Eisenschmuck ausgestattet. Im ersten Stock befindet sich ein kleines Postmuseum. In der Nähe befindet sich auf der Avenida Madero auch die „Casa de los
Azulejos“ (Haus der Kacheln). Im barocken Stil erbaut ist die Außenseite mit tausenden von Kacheln aus Puebla dekoriert. Das Haus beherbergt das bekannte Restaurant
und Geschäft „Sanborns“.
Weiter ging es zum Zócalo. Die Kathedrale und den Palast hatten wir uns 2005 schon angeschaut. Dieses Mal stand das Gran Hotel auf der Liste. Eine wunderschöne Eingangshalle
mit antiken Fahrstühlen und einer beeindruckenden Glasdecke rechtfertigen einen Besuch. Oben auf der Dachterrasse gönnten wir uns einen Hamburger und hatten einen super
Blick von oben auf die FiFa-Fanfest Leinwand. Ob die es noch schaffen bis zum WM Beginn die Plastikzelte und Stände der politischen Protestanten zu entfernen? Im Gran Hotel
befindet sich übrigens auch die beste Toilette Mexikos - alles vergoldet. Echt? Wahrscheinlich nicht, aber irgendwie pinkelt es sich besser in so einer Atmosphäre!
Wir machten noch einen Kurzabstecher zu den Portales de los Evangelistas. Hier findet man die Stadtschreiber und alte Druckerpressen. Viele Menschen in Mexico City sind Analphabeten und
nutzen den Service der Schreiber. Wer besonders schöne Geburtstagskarten oder Hochzeitseinladungen sucht, ist hier richtig am Platze. Alles Handgemacht und direkt vor der Nase gedruckt und
geprägt. Helen verbrachte eine ganze Weile mit den Hochzeitsmustern. Oh, oh ...
Dann drohte heftiger Regen und wir machten uns mit der Metro wieder nach Hause. Wir kauften Annette noch ein paar schöne Blumen und die gegrüßte uns zum Abendessen mit einer
Mexikanischen Spezialität. Barbacoa - Lammfleisch, in Maguey-Blättern gewickelt und im Erdloch langsam gekocht. Dazu gibt es Tortillas, rohe Zwiebeln, Tomaten, Avocado, Salsa usw.
Wie das Ganze gegessen wird, sieht man im folgenden Video:
Barbacoa
Da läuft einem doch das Wasser im Munde zusammen, oder?
Nachdem wir unsere Taschen gepackt hatten, lud uns Annette an unserem letzten Tag in Mexico City noch in den Deutschen Club ein. Jahresbeitrag liegt hier bei 20.000 Pesos (ca. 1.300€). Annette
bekommt für Besucher immer ein paar Freikarten im Jahr - zum Glück, denn das hätten wir uns sonst nicht leisten können. Der Club lässt keine Wünsche offen: Tennisplätze, Squashhallen, Fußballplatz, Laufbahn, riesiges
Freibad, Sauna, Clubräume, Massagebänke, super Duschen und Umkleidekabinen ... purer Luxus!
Wir zogen uns um und ein Angestellter brachte uns drei Liegen mit Kissenauflage in den Schatten. Herrlich! La vida es dura! Das Leben ist hart, kann man da nur sagen!
Zum reinen Entspannen waren wir aber nicht hier. Annette - unsere Schnorchel- und Tauchexpertin - wollte Helen das Schnorcheln beibringen. Helen, die ansonsten im Leben nichts einschüttern kann, hat eine
Angstphobie beim Schnorcheln. Sie vermutet, dass das noch aus den Kindertagen kommt, wo sie beim Zahnarzt mit Lachgas betäubt wurde.
Annette machte das richtig super mit ihrer ruhigen Art. Wie das folgende Video zeigt, hat sie Helen mit Kleinigkeiten abgelenkt, um ihr die Angst zu nehmen. Und siehe da: Helen röchelte zum ersten Mal nicht wie
Walross Antje durch den Schnorchel.
Helen lernt das Schnorcheln
Zur Eigenbelohnung sprang sie anschließend mit einem Köpper vom 7 Meter Brett. Das letzte Mal hat sie das vor 19 Jahren gemacht. Aber was man mal gelernt hat, funktioniert auch nach Jahrzehnten noch. Da sich Kirsten zu
dieser Zeit im Wasser fast in den Badenanzug machte, als sie Helen die Turmtreppen raufstiefeln sah, gibt es ausnahmsweise mal keinen Videobeweis von diesem klasse Sprung.
Zum Mittagessen gab es Deutsche Bratwurst (was daran Deutsch war, wissen wir nicht) und Pommes. Annette und Helen ließen sich anschließend massieren, während Kirsten sich dann doch
noch einen fiesen Sonnenbrand im Freibad holte. Eigentlich war es nicht sehr sonnig, aber die Höhe von 2300m verstärkt die UV-Strahlung enorm.
Gegen 17.30 Uhr fuhr uns Annette dann zum Flughafen. Die 11 Tage mit ihr waren wie im Flug vergangen. Rot, wie die Hummer, aber kerngesund nach all den Vitaminen. Den
Kopf voller neuer Erfahrungen und Eindrücke hieß es nun Abschiednehmen von Annette und Mexico City.
Muchas gracias, Annette! Wir kommen wieder, keine Frage!