06.-08.02.2012: Straßenblockade nahe Chiriqui Grande

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Wir verlassen Panama City morgens um 8 Uhr und machen richtig Strecke. Laut letzten Informationen soll gestern der Panamerican Highway bei Las Lajas offen gewesen sein. Aber für wie lange, fragen wir uns? Dieses Mal sehen wir wenig Polizisten am Straßenrand. Scheinbar hat man alle Kräfte eingezogen, um das Blockadenproblem zu lösen.

Wir machten mittags eine kurze Einkaufspause und gingen tanken. Winnie hatte mal wieder sein Benzinproblem und wir versuchten mit Luft das Benzin aus der Luftröhre zu pumpen. Da war dieses Mal so viel Benzin drin, dass es uns gleich voll entgegen kam und Kirsten direkt ins Auge spritzt. Aua! Scheiße, das brannte wie Hölle! Zum Glück fuhr Helen und nicht die halbblinde Kirsten danach weiter.

Kurz vor Las Lajas sahen wir dann die ersten Überbleibsel der Straßenblockade. Abgesägte Äste, verbrannte Straßenränder, viel Glas und Steine mitten auf der Fahrbahn. Wir ahnten Böses. Doch an den entscheidenen Straßenkreuzungen stand noch immer das Militär - schwer bewaffnet mit Schutzschildern und gepanzerten Fahrzeugen. Wir kamen ohne Probleme durch. Puh! Glück gehabt!

Kurz vor Sonnenuntergang fanden wir dann eine Tankstelle in Chiriqui zum Übernachten.

Am nächsten Tag ging es dann über die Berge rüber an die Karibikküste. Von 50 Höhenmeter auf über 1200m hoch und auf der anderen Seite wieder runter. Nach gut 40km kamen wir an eine Zahlstation. Hier teilten uns die Beamten mit, dass kurz vor Chiriqui Grande die Straße von Einheimischen blockiert wird, und das schon seit 10 Tagen. Es könnte sein, dass möglicherweise morgen endlich die Straße wieder offen ist, denn zur Zeit verhandelt der Präsident Panamas auch mit diesen Blockierern.

Da wir nicht Hunderte von Kilometern Umweg innerhalb Costa Ricas fahren wollten, blieb uns eh nichts anderes übrig, als auf dieser Strecke weiter zu fahren. Wir hatten genügend Verpflegung, Benzin, Propan usw. an Bord und nach einem kurzen Stopp am Straßenrand auch Platz in den Abwassertanks.

Ganz oben in den Bergen kam auf einmal der Nebel auf. Die Hand konnten wir kaum vor unseren Augen sehen. Dazu kam heftiger Gegen- und Seitenwind auf den engen Serpentinen. Winnie nahm die Steigungen nur langsam und kämpfte sich durch die Windböen. Auf der anderen Seite der Berge fing es dann weiter unten an zu regnen, dafür ließ langsam der Nebel nach. Wir sahen vereinzelnd abgeknickte Äste mitten auf der Straße und vermuteten zunächst Windschäden. Kirsten stieg ein ums andere Mal aus, um die Äste beiseite zu räumen.

Kurz vor Chiriqui Grande stießen wir dann aber auf eine kurze Lasterschlange. Und tatsächlich ... die Straße war von hier an total gesperrt. Wir parkten die Wohnmobile wie alle anderen auf der Straße und erkundigten die Lage dann erst einmal zu Fuß. Sieben Mal hatten sie die Straße auf dem nächsten Kilometer mit Bäumen und Gestrüpp versperrt. Da war kein Durchkommen ... jedenfalls nicht mit einem Auto. Mit einem PS (Pferd) oder dem Drahtesel kam man durch. Auch die Leute, die per Bus unterwegs waren, hatten keine Probleme. Sie stiegen auf einer Seite der Blockaden aus und nahmen auf der anderen Seite den nächsten Bus.

Nach den Baumsperren hatten die Einheimischen mitten auf der Straße ein Zelt aus Plastikplanen aufgestellt. Hier saßen ca. 50 Männer und Frauen und lauschten angespannt den Nachrichten aus einem Radio. Wir kamen mit ihnen ins Gespräch und sie erklärten uns, dass in Panama insgesamt 4 Gruppierungen gegen die Verunreinigung der Flüsse durch ausländische Firmen - insbesondere durch Bergbau - protestierten. 300.000 Menschen in der Region Bocas del Toros und Chiriqui leiden unter dem verseuchten Trinkwasser. Babies und geschwächte ältere Menschen sterben jede Woche an Magenproblemen und die Bevölkerung ist zu arm hier, um das teure Trinkwasser (4-5 US$ pro 20 Liter!) aus Panama City zu kaufen. Seit Jahren protestieren sie gegen den Raubbau und die Zerstörung in ihrer Region, aber niemand will ihnen zuhören, geschweige denn helfen. Straßenblockaden sind ihr einziges Mittel, um auf diese schlimme Situation aufmerksam zu machen und etwas zu bewegen.

Sie entschuldigten sich bei uns, dass wir leider im Moment nicht weiter fahren können und waren auch sonst sehr freundlich zu uns. Ein Bewohner bot uns sogar sein Haus zum Duschen und Nutzen des WCs an. Wir können nur sagen, dass wir volles Verständnis für diese Leute hatten. Schließlich ist dies ein weltweites Problem. Geldgier und Macht veranlasst die großen Firmen zur Ausbeutung und sie nehmen dabei voll die Zerstörung der Natur in Kauf. Und das alles mit Billigung der jeweiligen Regierungen und Machthaber.

Wir erfuhren außerdem, dass Sprecher dieser Protestgruppe gerade mit Panamas Präsident am Verhandeln waren. Man hoffte, bis 18 Uhr noch zu einer Lösung zu kommen und deshalb wartete alle gespannt vor dem Radio. Nach 10 Tagen Blockade waren die Leute hier selbst am Ende und wollten zurück zu ihrem normalen Leben. Auch hier wurden die Vorräte in den Läden langsam knapp.

Wir wünschten ihnen alles Gute und liefen wieder zurück zu unseren Wohnmobilen. In solchen Situationen wird uns immer wieder bewusst, wie toll so ein Zuhause auf Rädern ist. Man hat eine Toilette und muss nicht in den Busch, im Kühlschrank warten kalte Getränke und frische Lebensmittel, Trinkwasser ist an Bord für die vielen Tassen Tee und ein sauberes und gemütliches Bett haben wir auch. So kann man eine Situation wie diese locker ein paar Tage aussitzen. Da hatten die armen Lasterfahrer das schon wesentlich schlechter. Sie waren schlecht gelaunt und warteten schon seit Tagen. Wir stärkten ihre Moral mit ein paar Paketen Zigaretten und bekamen im Gegenzug ein paar Bananen, die jemand auf der Ladefläche eines parkenden Pickups entdeckt hatte. Vom Besitzer dieses Fahrzeuges war weit und breit nichts zu sehen!


Ein Waschbär sorgt für Aufheiterung.

Wir entspannten uns bei Kaffee und Torte. Ja, die hatten wir am Vortag noch eingekauft. Man, war das Leben mal wieder hart für uns! Nun hieß es warten ...

Aber wir hatten Glück, denn kurz nach 18 Uhr starteten auf einmal die Motoren der Laster und einer nach dem anderen zog an uns vorbei. Wir natürlich gleich hinterher. Und tatsächlich, die ersten Blockaden waren offen. Man musste dennoch höllisch aufpassen, dass man sich nicht einen Platten aufgrund von scharfen Baumresten oder ähnliches holte und Agnes und Kirsten stiegen mehrfach aus, um die Straße zu säubern.

Es hieß zunächst, dass der Präsident ein Dokument unterzeichnet hätte. Das wurde dann aber später wieder von den Einheimischen angezweifelt und sie räumten die letzten drei Blockaden nicht beiseite. Einige Autofahrer und Lasterfahrer holten Stahlwinden und Eisenketten raus und machten sich selbst daran die Bäume von der Straße zu räumen. Das dauerte gut 2 Stunden und zwischendrin kam es immer wieder zu Diskussionen mit den Einheimischen. Obendrein fing es an zu regnen und die Situation spitzte sich zu. Bloß keine gewaltätigen Ausschreitungen, bitte!

Gegen 20.30 Uhr waren dann aber alle Blockaden so weit beiseite geschafft worden, dass die Laster durchkamen. Wir ließen alle an uns vorbei und fuhren dann im Stockdunkel mit großer Vorsicht weiter. Die Einheimischen winkten uns zum Abschied zu und bedankten sich bei uns für die Unterstützung. Na ja, viel haben wir nicht gemacht, aber dafür viel gelernt. Das gehört zum Reisen eben dazu. Man muss auch mal die negativen Seiten kennen lernen und davon gibt es in Mittelamerika für die Bevölkerung seit Jahrzehnten genügend.

Trotzdem waren wir froh, dass wir nach nur 7 Stunden Warten weiter fahren konnten. In Chiriqui Grande fanden wir eine Tankstelle zum Übernachten. Am nächsten morgen ging es weiter nach Almirante und wir sahen noch die Überreste der anderen Blockaden.


Kurz vor Chiriqui Grande bleiben wir in der Straßenblockade hängen.